Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhung des Vergnügungsteuersatzes im Land Berlin zum 1.1.2011 von 11 % auf 20 % ist nicht verfassungswidrig. Überwälzbarkeit auf die Spieler. Gesetzgebungskompetenz des Abgeordnetenhauses von Berlin. keine Gleichartigkeit mit einer Umsatzsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Erhöhung des Vergnügungsteuersatzes im Land Berlin ab dem 1.1.2011 von 11 % auf 20 % verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen die Verfassung von Berlin. Insbesondere liegt weder ein ungerechtfertigter Eingriff in die Berufsfreiheit vor noch verletzt die Steuererhöhung den Gleichheitssatz.

2. Das Gericht ist davon überzeugt, dass auch die erhöhte Vergnügungsteuer vom steuerpflichtigen Spielhallenbetreiber auf die jeweiligen Spieler überwälzt werden kann, mithin die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Spieler und nicht der Spielhallenbetreiber belastet wird.

3. Die Vergnügungsteuer ist nicht gleichheitswidrig, soweit diese nur das Automatenspiel in Spielhallen, nicht jedoch das Automatenspiel in den Spielbanken betrifft.

4. Die Berliner Vergnügungsteuer ist eine Aufwandsteuer, für die dem Abgeordnetenhaus von Berlin die Gesetzgebungskompetenz zusteht.

5. Die Vergnügungsteuer auf Spielautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit verstößt – insbesondere mit Blick auf die einzig hier in Betracht kommende Umsatzsteuer – nicht gegen das Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG.

 

Normenkette

VgStG Bln § 5 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a S. 1; Verf Bln Art. 17; SpielbankG Bln §§ 3-4; GewO §§ 33c, 33h

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.04.2018; Aktenzeichen II R 42/15)

BFH (Urteil vom 25.04.2018; Aktenzeichen II R 42/15)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Strittig ist die Erhöhung des Vergnügungsteuersatzes im Land Berlin ab dem 01. Januar 2011 von 11 % auf 20 %.

Die Klägerin wurde im Jahr 2007 gegründet. Satzungsmäßiger Gegenstand der Klägerin ist der Betrieb von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen im Sinne von § 33i GewerbeordnungGewO – und das Aufstellen von Spielautomaten im Sinne von § 33c GewO.

Die Klägerin betrieb im Streitzeitraum (Januar 2011) in Berlin zehn Spielhallen, in denen sie vergnügungsteuerpflichtige Spielautomaten betrieb.

Im Objekt M.-Straße betrieb die Klägerin keine Spielhalle, da sie für den Betrieb keine Genehmigung erhalten hatte.

Die Spielautomaten bezog die Klägerin ausschließlich von der Q. Gruppe sowie von der R. Gruppe.

Die Klägerin erzielte in den Jahren 2010 bis 2012 folgende Umsätze in Berlin:

Aufstellort

Jahr 2010

Jahr 2011

Jahr 2012

Summe

5.5xx.xxx,xx EUR

4.8xx.xxx,xx EUR

4.5xx.xxx,xx EUR.

Die Klägerin erzielte – ausweislich ihrer veröffentlichten handelsrechtlichen Jahresabschlüsse – folgende Ergebnisse:

2010

3xx.xxx,xx EUR

2011

./. 49x.xx,xx EUR

2012

./. 1xx.xxx,xx EUR

2013

5xx.xxx,xx EUR

2014

4xx.xxx,xx EUR.

Die Klägerin senkte ihre Lohnkosten von 1.xxx.xxx EUR (2011) auf 8xx.xxx EUR (2012), 8xx.xxx EUR (2013) und 8xx.xxx EUR (2014).

Die Vergnügungsteuer erfasste sie ab 2011 in der gesetzlichen Höhe (20 %) als Aufwand. Die Klägerin meldete die Vergnügungsteuer im Streitzeitraum nur nach dem bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Steuersatz in Höhe von 11 % an und ermittelte eine Vergnügungsteuer in Höhe von xx.xxx EUR (Bemessungsgrundlage xxx.xxx EUR für Spielautomaten des Tarifs G1). Durch geänderte Anmeldung erklärte die Klägerin eine Bemessungsgrundlage in Höhe von xxx.xxx EUR. Das vormals zuständige Finanzamt S. in Berlin setzte abweichend zur Anmeldung die Vergnügungsteuer für den Monat Januar 2011 mit Bescheid vom 22. Februar 2011 in Höhe von xx.xxx EUR fest (xxx.xxx EUR × 20 %). Durch geänderte Anmeldung erklärte die Klägerin eine Bemessungsgrundlage in Höhe von xxx.xxx EUR. Das Finanzamt S. setzte abweichend zur Anmeldung die Vergnügungsteuer für Januar 2011 mit Bescheid vom 08. April 2011 auf xx.xxx EUR fest (xxx.xxx EUR × 20 %).

Die Klägerin legte gegen den ursprünglichen Bescheid fristgerecht Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung der Vergnügungsteuer, soweit die Festsetzung den Betrag von xx.xxx EUR überstieg. Die Änderung des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über eine Vergnügungsteuer in Berlin – VgStG – in der Fassung von Art. 1 Nr. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des VgStG vom 15. Dezember 2010 (Gesetz- und Verordnungsblatt von Berlin – GVBl – 2010, S. 559) sei verfassungswidrig. Die Steuer sei deshalb nach dem ursprünglichen Steuersatz zu erheben. Das Finanzamt S. lehnte die beantragte Aussetzung der Vollziehung ab. Das Gericht hat den gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Az. 6 V 6191/11) mit Beschluss vom 05. Dezember 2011 als unbegründet zurückgewiesen, da keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Erhöhung des Vergnügungsteuersatzes bestünden.

Das Finanzamt S. wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2012 als...

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