Überblick

Kauft jemand eine zahlungsgestörte Forderung, wird er mit dem Einzug der Forderung nach der Rechtsprechung des EuGH nicht wirtschaftlich tätig. Ein Vorsteuerabzug steht ihm deshalb für Eingangsleistungen, die mit dem Erwerb und dem Einzug der Forderungen im Zusammenhang stehen, nicht zu. Die Finanzverwaltung übernimmt jetzt die Grundsätze aus der Rechtsprechung des EuGH und ändert ihre bisherige Auffassung.

 

Kommentar

Die rechtliche Problematik

Der Kauf und das Einziehen einer Forderung (Factoring) wurden früher als eine nicht steuerbare Tätigkeit angesehen, da der Käufer der Forderung weder mit dem Erwerb der Forderung noch mit dem Einziehen eine Leistung gegen Entgelt erbrachte (sog. echtes Factoring). Nach der Rechtsprechung des EuGH[1] und des BFH[2] stellen aber das gewerbsmäßige Kaufen von Forderungen und die Einziehung dieser Forderungen eine Dienstleistung gegen Entgelt gegenüber dem Verkäufer der Forderung dar. Damit wird auch der Käufer der Forderung – soweit er gewerbsmäßig handelt – als Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens tätig. Der EuGH[3] schränkte dies später aber für die Übertragung sog. zahlungsgestörter Forderungen ein. Grundsätzlich ist bei der Übertragung von Forderungen zu unterscheiden, ob der Abtretungsempfänger den Forderungseinzug mit übernimmt oder nicht.

Beim Forderungskauf mit Übernahme des tatsächlichen Einzugs und auch des Ausfallrisikos durch den Forderungskäufer erbringt der Forderungsverkäufer (sog. Anschlusskunde) mit der Abtretung seiner Forderung keine Leistung an den Factor. Vielmehr erbringt der Käufer der Forderung eine sonstige Leistung an den Anschlusskunden.

Wichtig

Die Abtretung seiner Forderung vollzieht sich nur im Rahmen einer nicht steuerbaren Leistungsbeistellung.[4]

Die Leistung des Factors besteht im Wesentlichen im Einzug der Forderung. Der Ort dieser Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 UStG, soweit die Leistung an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, ansonsten nach § 3a Abs. 4 oder Abs. 1 UStG. Die Leistung ist auch nicht steuerbefreit. Bemessungsgrundlage für die Factoringleistung ist grundsätzlich die Differenz zwischen dem Nennwert der dem Factor abgetretenen Forderung und dem Betrag, den der Factor seinem Anschlusskunden als Preis für diese Forderung zahlt, abzüglich der in dem Differenzbetrag enthaltenen Umsatzsteuer. Wird für diese Leistung zusätzlich oder ausschließlich eine Gebühr gesondert vereinbart, gehört diese zur Bemessungsgrundlage.

Praxis-Beispiel

Unternehmer A verkauft eine Forderung mit einem Nennwert i. H. v. 10.000 EUR an das Factoringunternehmen F. F zahlt für die Forderung, deren Einzug er übernimmt, insgesamt 8.000 EUR.

Das Entgelt für die Dienstleistung des F gegenüber A beträgt (brutto) 2.000 EUR (Differenz zwischen Nennwert der Forderung und Auszahlungsbetrag). Aus den 2.000 EUR ist die Umsatzsteuer mit dem Regelsteuersatz herauszurechnen, sodass die Bemessungsgrundlage 1.680,67 EUR und die geschuldete Umsatzsteuer 319,33 EUR beträgt.

Ist damit zu rechnen, dass der Schuldner die Forderung nicht in vollem Umfang bezahlen wird, liegt eine sog. zahlungsgestörte Forderung vor. Bei zahlungsgestörten Forderungen ging die Finanzverwaltung[5] früher von folgenden Überlegungen aus: Berücksichtigt die vertragliche Vereinbarung einen für die Wirtschaftsbeteiligten erkennbaren und offen ausgewiesenen kalkulatorischen Teilbetrag für tatsächlich eintretende oder von den Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erwartete Forderungsausfälle, kann dieser bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage entsprechend in Abzug gebracht werden, da der Wesensgehalt dieser Leistung insoweit nicht im Factoring besteht. Bemessungsgrundlage für die Leistung des Factors beim Kauf solcher zahlungsgestörten Forderungen ist die Differenz zwischen dem im Abtretungszeitpunkt nach Ansicht der Parteien voraussichtlich realisierbaren Teil der dem Factor abzutretenden Forderungen und dem Betrag, den der Factor seinem Anschlusskunden als Preis für diese Forderungen zahlt, abzüglich der in dem Differenzbetrag enthaltenen Umsatzsteuer. Der wirtschaftliche Nennwert entspricht regelmäßig dem Wert, den die Beteiligten der Forderung tatsächlich beimessen, einschließlich der Vergütung für den Einzug der Forderung und der Delkrederegebühr oder vergleichbarer Zahlungen, die der Factor für das Risiko des Forderungsausfalls erhält und die als Gegenleistung für eine Leistung des Factors anzusehen sind. Eine Forderung (bestehend aus Rückzahlungs- und Zinsanspruch) ist insgesamt zahlungsgestört, wenn sie insoweit, als sie fällig ist, ganz oder zu einem nicht nur geringfügigen Teil seit mehr als 6 Monaten nicht ausgeglichen wurde; bei einem Kreditvertrag liegt dies vor, wenn die Voraussetzungen für die Kündigung des Kreditvertrags durch den Gläubiger vorliegen.

Der EuGH[6] war dagegen zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der auf eigenes Risiko zahlungsgestörte Forderungen zu einem unter ihren Nennwert liegenden Preis kauft, keine ent...

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