§§ 1 - 6 A. Allgemeines

§ 1 Zweck und Versorgungsziele

 

(1) Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gemäß § 92 Absatz 6b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) beschlossene Richtlinie regelt die Anforderungen an die Ausgestaltung einer berufsgruppenübergreifenden, koordinierten und strukturierten Versorgung (im Folgenden: Versorgung nach dieser Richtlinie) insbesondere für schwer psychisch erkrankte Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Sie umfasst auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs zwischen der stationären und der ambulanten Versorgung.

 

(2) Ziel der Versorgung nach dieser Richtlinie ist eine Verbesserung der Versorgung insbesondere von schwer psychisch erkrankten Patientinnen und Patienten mit komplexem psychiatrischen, psychosomatischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Unter Einnahme der Betroffenenperspektive sollen neben dem grundsätzlichen Ziel nach Satz 1 folgende Unterziele erreicht werden:

 

1.

Die Versorgung nach dieser Richtlinie erreicht insbesondere die schwer psychisch erkrankten Patientinnen und Patienten besser als bestehende Versorgungsformen und strebt an, die Bildung einer leicht erreichbaren und flexiblen Versorgungsstruktur zu fördern.

 

2.

Die Versorgung nach dieser Richtlinie stellt im Vergleich zu den bestehenden Versorgungsformen zeitnähere Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten insbesondere für schwer psychisch erkrankte Patientinnen und Patienten zur Verfügung.

 

3.

Die Versorgung nach dieser Richtlinie unterstützt für die schwer psychisch erkrankten Patientinnen und Patienten im Vergleich zu den bestehenden Versorgungsformen auch eine Verkürzung oder Vermeidung von stationären Aufenthalten sowie die Möglichkeit der Versorgung in der häuslichen Umgebung.

 

4.

Die Versorgung nach dieser Richtlinie soll bei schwer psychisch erkrankten Patientinnen und Patienten mit langfristigem Behandlungsbedarf die patientenindividuell notwendige Koordinierung der Versorgungsangebote gewährleisten. Sie soll hierbei eine bedarfsgerechte Behandlung sicherstellen und eine gezielte Überleitung in die Versorgung außerhalb dieser Richtlinie ermöglichen.

 

(3) Das Ziel dieser Richtlinie soll unter Einbeziehung des Patientenwillens durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

 

1.

Verbesserung des Zugangs zu einer bedarfsgerechten, berufsgruppenübergreifenden Krankenbehandlung,

 

2.

Zeitnahe Diagnostik und Feststellung des Versorgungsbedarfs,

 

3.

Qualitätsgesicherte und leitliniengerechte Behandlung,

 

4.

Behandlungsleitung durch eine Bezugsärztin oder einen Bezugsarzt oder eine Bezugspsychotherapeutin oder einen Bezugspsychotherapeuten,

 

5.

Koordination der Versorgung der Patientinnen und Patienten im Netzverbund,

 

6.

Abgestimmter, verbindlicher Gesamtbehandlungsplan,

 

7.

Erleichterung des Übergangs zwischen stationärer und ambulanter Behandlung,

 

8.

Einbezug des sozialen Umfelds,

 

9.

Strukturierter Austausch und Erleichterung der Kooperation mit Einrichtungen außerhalb des SGB V.

§ 2 Definition der Patientengruppe

 

(1) Diese Richtlinie regelt die berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung von Patientinnen und Patienten ab dem vollendeten 18. Lebensjahr mit einer psychischen Erkrankung nach Absatz 2, bei denen deutliche Einschränkungen in verschiedenen Funktions- und Lebensbereichen nach Absatz 3 vorliegen und bei denen ein komplexer psychiatrischer oder psychosomatischer oder psychotherapeutischer Behandlungsbedarf nach Absatz 4 besteht.

 

(2) Es liegt eine psychische Erkrankung aus dem V. Kapitel (F10 bis F99) des ICD-10-GM vor.

 

(3) Zur Bestimmung des Ausmaßes der Beeinträchtigungen in den verschiedenen Funktions- und Lebensbereichen der Patientin oder des Patienten ist die GAF-Skala[1] heranzuziehen. Orientierungswert für deutliche Einschränkungen des psychosozialen Funktionsniveaus und Indikationskriterium für eine Behandlung nach dieser Richtlinie ist ein GAF-Wert von höchstens ≤ 50.

 

(4) Ein komplexer Behandlungsbedarf liegt vor, wenn zur Erreichung des Behandlungsziels (Heilung, Linderung oder Verhütung von Verschlimmerung) pro Quartal der Einsatz von mindestens zwei Maßnahmen der Krankenbehandlung durch Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer unterschiedlicher Disziplinen gemäß § 3 Absatz 2 bis 3 notwendig ist.

[1] Global Assessment of Functioning Scale in DSM-IV-TR (Text Revision) von 2000, in deutscher Fassung von 2003, S. 24f. .

§ 3 Teilnahmeberechtigte Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer

 

(1) Zur Teilnahme an der Versorgung nach dieser Richtlinie berechtigt sind Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer, wenn sie entweder

 

1.

Mitglied in einem Netzverbund nach Absatz 2 sind,

 

2.

in Absatz 3 Satz 1 genannte Leistungserbringerinnen oder Leistungserbringer sind und einen Kooperationsvertrag mit einem Netzverbund nach Absatz 3 abgeschlossen haben oder

 

3.

gemäß Absatz 4 bei Bedarf oder gemäß Absatz 12 in die Versorgung nach dieser Richtlinie einbezogen werden

sowie dem Netzverbund eine Genehmigung nach Absatz 9 vorliegt.

 

(2) Der Netzverbund ist ein vertraglicher Zusammenschluss von zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugel...

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