Rz. 10

Abs. 1 Satz 2 verpflichtet die dort genannten Stellen zur Entgegennahme von Anträgen unabhängig von der Form der Antragstellung. Im Zweifel kann der Antrag also auch mündlich oder konkludent gestellt werden, jedenfalls elektronisch, wenn der Antragsteller den Leistungsträger auf diesem Wege erreicht.

 

Rz. 11

Abs. 1 Satz 2 verbietet anderen Trägern nicht, Anträge entgegenzunehmen und an die zuständige Stelle weiterzuleiten. Die Rückwirkung des Abs. 2 Satz 2 ist allerdings in diesen Fällen ausgeschlossen. Dasselbe gilt bei Sozialleistungsträgern für Anträge auf Leistungen, die keine Sozialleistungen sind. Andere Behörden müssen den Antragsteller auch nicht an die zuständige Stelle verweisen. Wirksame Anträge können auch nicht bei sonst oft an Sozialrechtsverfahren beteiligten Stellen gestellt werden, z. B. bei Gewerkschaften, Rechtsanwälten oder Einrichtungen zur Beratung von hilfebedürftigen Menschen.

 

Rz. 12

Amtliche Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland sind Botschaften, Konsulate, Gesandtschaften, Handelsvertretungen und andere mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete deutsche Behörden im Ausland.

 

Rz. 13

§ 16 lässt europäisches Recht, nach dem Sozialleistungen im Ausland beantragt werden können, unberührt. Auch die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind zur Entgegennahme von Anträgen verpflichtet (vgl. EG-VO 1408/71). Zwischenstaatliche Vereinbarungen können die Antragsentgegennahme ebenfalls regeln.

 

Rz. 13a

Der gegenüber einem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II gestellte Antrag eines Empfängers von Bürgergeld auf Erstattung der angemessenen Kosten für eine Pflegeperson ist auch als Antrag gegenüber dem Sozialhilfeträger zu verstehen. Leistungsansprüche gegen den Sozialhilfeträger können dann schon ab Eingang des entsprechenden Antrags beim Träger der Grundsicherung bestehen (BSG, Urteil v. 26.8.2008, B 8/9b SO 18/07 R). Dass der Einzelne mit seinem Begehren nach Sozialleistungen gerade nicht an Zuständigkeitsabgrenzungen innerhalb der gegliederten Sozialverwaltung scheitern soll, gilt in besonderer Weise für das Verhältnis von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII. Im Zweifel ist insofern davon auszugehen, dass ein Antrag auf Leistungen nach dem einen Gesetz wegen der gleichen Ausgangslage (Bedürftigkeit und Bedarf) auch als Antrag nach dem anderen Gesetz zu werten ist.

 

Rz. 13b

Im Verhältnis des SGB II und des SGB XII ist die für das Einsetzen der Sozialhilfe erforderliche Kenntnis von dem Hilfefall bereits zu dem Zeitpunkt gegeben, in dem der Antrag bei der unzuständigen Stelle eingeht. § 16 gilt auch nach der Rechtsprechung des BSG ebenso für die Sozialhilfe, obwohl diese nicht im eigentlichen Sinne antragsabhängig ist, und vermittelt durch die Antragstellung beim unzuständigen Leistungsträger die nach § 18 SGB XII erforderliche Kenntnis (BSG, Urteil v. 2.12.2014, B 14 AS 66/13 R unter Hinweis auf BSG, Beschluss v. 13.2.2014, B 8 SO 58/13 B). Im Zweifel ist dem BSG zufolge danach davon auszugehen, dass ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II wegen der gleichen Ausgangslage mit Bedürftigkeit und Bedarf auch als Antrag nach dem SGB XII zu werten ist.

 

Rz. 13c

Bleibt der zuerst angegangene Leistungsträger i. S. v. § 43 Abs. 1 zumindest nach pflichtgemäßem Ermessen zur Leistung verpflichtet und hat der andere Träger seine Zuständigkeit nicht bejaht, hat der Erstträger existenzsichernde Grundleistungen (mit Einleitung eines Erstattungsverfahrens nach § 102 SGB X) zu erbringen oder aufgrund seiner Beratungspflicht zumindest den betroffenen Antragsteller darauf hinzuweisen, dass auf seinen Antrag er an Stelle des anderen Trägers leisten wird, weil ein Antrag des Betroffenen einen Leistungsanspruch ohne Ermessensspielraum für Erstträger auslöst (Hess. LSG, Beschluss v. 9.9.2011, L 7 SO 190/11 B ER). Der entschiedene Fall betraf eine Mietkaution.

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