Nach § 611 Abs. 1 BGB ist der Arbeitnehmer zur Erbringung seiner Arbeitsleistung verpflichtet. Diese Verpflichtung ist eine Hauptleistungspflicht. Der Inhalt der zu erbringenden Leistung ergibt sich dabei unter Berücksichtigung der allgemeinen technischen und wirtschaftlichen Entwicklung.[1] Es ist daher Teil der Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung dem aktuellen Stand anzupassen und sich ggf. fortzubilden.

[1] Zu Änderungen des Anforderungsprofils einer Arbeitsstelle etwa BAG, Urteil v. 10.7.2008, 2 AZR 1111/06.

5.1 Abmahnung und Kündigung

Sind keine ausdrücklichen (tarif-)vertraglichen Regelungen zu Inhalt und Umfang der Fortbildungspflicht getroffen, kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts nach § 106 GewO grundsätzlich auch einseitig die Teilnahme des Arbeitnehmers an einer Fortbildung anordnen, soweit die Maßnahme der Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit förderlich ist.[1] Hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Teilnahme des Arbeitnehmers an der Fortbildung, kann er unter Umständen eine Abmahnung und ggf. nachfolgende Kündigung aussprechen, wenn der Arbeitnehmer diese grundlos verweigert.

 
Praxis-Beispiel

Fortbildung bei Rettungsassistenten

Ist der Arbeitnehmer aufgrund vertraglicher Vereinbarung zwischen den Parteien oder aufgrund berufsspezifischer Anforderungen (§ 3 RettAssG) zur Fortbildung verpflichtet[2], kann der Arbeitgeber eine Abmahnung mit Kündigungsandrohung aussprechen, wenn der Arbeitnehmer die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung bzw. zugehörigen Leistungskontrolle verweigert.[3]

Das Recht zur ordentlichen Kündigung ist für die Dauer der Fortbildung aber regelmäßig ausgeschlossen.[4] Die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung[5] bleibt hiervon unberührt.

5.2 Berechtigte Verweigerung durch Arbeitnehmer?

Bei der Ausübung des Direktionsrechts muss der Arbeitgeber berechtigte Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Das Direktionsrecht gestattet regelmäßig auch nur eine Konkretisierung der Arbeitspflicht, keine vollständige Neufassung. Die Anweisung des Arbeitgebers zur Teilnahme an einer betrieblichen Fortbildung außerhalb der Arbeitszeiten oder an einem anderen als dem Betriebsstandort ist nur insoweit wirksam, wie eine Konkretisierung der geschuldeten Arbeitspflicht stattfindet.[1]

Die Weigerung des Arbeitgebers zur Teilnahme an einer Fortbildung außerhalb der Arbeitszeit stellt dann eine Pflichtverletzung dar, wenn sie vereinbart wurde. Eine vertragliche Vereinbarung kann durch Auslegung des Arbeitsvertrags auch in der Verpflichtung zur Leistung von Überstunden außerhalb der regulären Arbeitszeit gesehen werden.

Eine Fortbildungsveranstaltung außerhalb des regelmäßigen Arbeitsortes kann der Arbeitgeber nur dann anordnen, wenn der Tätigkeitsort vertraglich variabel gestaltet wird, z. B. in Form von Klauseln zur Anordnung von Dienstreisen.[2]

Bei der Beurteilung, ob das Direktionsrecht angemessen ausgeübt worden ist (eine Abmahnung oder Kündigung also wirksam ist), ist eine umfangreiche Interessenabwägung für jeden Einzelfall vorzunehmen.

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