Entscheidungsstichwort (Thema)

Direktionsrecht. Schulung

 

Leitsatz (redaktionell)

Gehört die Teilnahme an bestimmten Schulungen zu den Arbeitspflichten des Arbeitnehmers, so ist der Arbeitgeber gem. § 106 GewO berechtigt, den Arbeitnehmer kraft Direktionsrechts zur Teilnahme anzuweisen.

 

Normenkette

GewO § 106; BGB 315

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.03.2006; Aktenzeichen 9 Ca 9801/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 29. März 2006 – 9 Ca 9801/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, an bestimmten Schulungen teilzunehmen und über Vergütung während seiner Freistellung.

Die Beklagte betreibt an verschiedenen Flughäfen in Deutschland Flugzeug- und Bodenabfertigung.

Der Kläger ist seit 1969 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in der Abteilung „Operations/Loadcontrol” beschäftigt. Seit dem 01. August 2001 ist der Kläger Leiter dieser Abteilung. Die Anforderungen und Aufgaben dieser Funktion sind in einer Stellenbeschreibung vom 15.05.2003 enthalten, wegen deren näheren Inhalts auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.01.2006 (Bl. 23 d.A.) verwiesen wird.

Der Kläger gehört zum Trainerpool der Beklagten und ist Mitglied des Betriebsrats.

Gemäß den Anforderungen des Luftfahrtbundesamtes und der IATA benötigt jeder in der Abteilung „Operations/Loadcontrol” beschäftigte Mitarbeiter ein Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme an einem Lehrgang über die Gefahrgutvorschriften (DGR-Lehrgang). Dieses Zertifikat ist in einem Abstand von 24 Monaten durch Teilnahme an einem „Refresher-Lehrgang” zu erneuern.

Weiter benötigt jeder in der Abteilung „Operations” mit „Loadcontrol” befasste Mitarbeiter ein Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme an einem Lehrgang zur Erstellung von „Loadsheets”. Dieses Zertifikat ist in einem Abstand von 36 Monaten durch Teilnahme an einem „Refresher-Lehrgang” zu erneuern. Diese Trainingsprogramme sind von der IATA und den Luftverkehrsgesellschaften den Abfertigungsgesellschaften vorgeschrieben und werden von den Luftverkehrsgesellschaften überprüft.

Im September 2005 wurde bei der Beklagten von einem Technischen Überwachungsverein bei einem „Überwachungsaudit” festgestellt, dass das Zertifikat des Klägers zur Loadcontrol (LCRA 3) bereits seit dem Jahr 2004 abgelaufen war und das Zertifikat über die Gefahrgutvorschriften (DGR-Zertifikat) zum 25. September 2005 ablief.

Die Beklagte stellte den Kläger ab Oktober 2005 widerruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 18. November 2005 bestätigte sie diese Freistellung und erklärte, dass davon nicht die Schulungen zur Wiedererlangung der Zertifikate betroffen seien und forderte ihn auf, im Dezember 2005 an zwei Schulungen in Düsseldorf und Frankfurt am Main teilzunehmen. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 4 d.A.) verwiesen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er nicht verpflichtet sei, an den Fortbildungsveranstaltungen und Schulungen teilzunehmen. Die erforderliche Mitbestimmung des Betriebsrats sei verletzt. Arbeitsvertraglich sei er nicht verpflichtet, die fraglichen Zertifikate zu erwerben oder Arbeiten, die mit den Zertifikaten ausgeführt werden können zu übernehmen. Da er wegen seiner Freistellung nicht arbeite, sei die Heranziehung zu den Schulungen schikanös.

Weiter hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, Zeiten der Freistellung mit angesammelten Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto zu verrechnen.

Schließlich hat er die Auffassung vertreten, er habe während der Zeit der Freistellung Anspruch auf die Vergütung, die er erzielt hätte unter Einschluss der durchschnittlichen Arbeit an Sonntags- und Feiertagsdiensten und in der Nacht.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, an Fortbildungsveranstaltungen und Schulungen zur Thematik LCRA 3 und Basis LDGB 9 teilzunehmen;
  2. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, während der Zeit der Freistellung Mehrarbeit bzw. Überstunden in Höhe eines Plus-Saldos von 161,41 gemäß Aufstellung Oktober 2005 zu verrechnen;
  3. die Beklagte zu verurteilen, sein Arbeitsverhältnis von Oktober 2005 bis Februar 2006 während der Freistellung in Höhe der durchschnittlichen Erbringung von Sonntags- und Feiertagsdiensten und Nachstunden abzurechnen und zu vergüten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger müsse die fraglichen Zertifikate besitzen. Er könne ansonsten nicht mehr in Operations eingesetzt werden. Der Kläger müsse selbst in der Lage sein, die Tätigkeiten dort zu übernehmen. Die Abteilung sei zu klein um ihren Leiter ganz mit administrativer Tätigkeit auszulasten, sodass diese selbst in der Lage sein müsse, operrationell Tätigkeiten zu übernehmen. Diese habe...

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