Kurzbeschreibung

Postversendungen in der Steuerberatungskanzlei müssen sorgfältig erfolgen, um sich nicht dem Vorwurf eines Organisationsverschuldens auszusetzen.

Vorbemerkung

Steuerberater, die gleichzeitig Rechtsanwalt sind, müssen seit 1.1.2022 das besondere elektronischen Anwaltspostfach (beA) aktiv zur Versendung von Post an Gerichte nutzen. Die Verfahrensordnungen (fast) aller Gerichtsbarkeiten sehen ab diesem Stichtag für Rechtsanwälte eine Pflicht zur ausschließlich elektronischen Einreichung der das Verfahren betreffenden Dokumente vor.

Für Steuerberater gilt ab 1.1.2023 die aktive und passive Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt). Die Bundessteuerberaterkammer hat FAQ zur Steuerberaterplattform und dem beSt veröffentlicht.[1]

Ein Rechtsanwalt ist seit dem 1.1.2022 auch dann gem. § 52d Satz 1 FGO verpflichtet, einen Antrag auf finanzgerichtliche Aussetzung der Vollziehung als elektronisches Dokument (über das beA) an das Finanzgericht zu übermitteln, wenn er zusätzlich als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen ist.[2] Reicht ein Berufsträger, der (zumindest auch) als Rechtsanwalt zugelassen ist, ab dem 1.1.2022 einen bestimmenden Schriftsatz bei einem Finanzgericht ein, ist dieser formunwirksam, wenn er nicht über das beA eingereicht wird und Hinderungsgründe nicht glaubhaft gemacht sind.[3]

Wird ein Rechtsanwalt in einer eigenen Angelegenheit gerichtlich tätig, besteht für ihn die Pflicht zur elektronischen Einreichung von Schriftsätzen nach § 55d VwGO jedenfalls dann, wenn er explizit als Rechtsanwalt auftritt.[4]

Ab dem 1.1.2023 startet das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) der Bundessteuerberaterkammer. Dann müssen Schriftsätze, Anträge und Erklärungen von allen Steuerberatern sowie von steuerberatende Berufsausübungsgesellschaften über das beSt an die Finanzgerichte verschickt werden. Die Finanzgerichte ihrerseits kommunizieren auch über das beSt mit den Steuerberatern. Mit dem beSt kann mit jedem eingetragenen Steuerberater sowie Steuerberatungs- und Berufsausübungsgesellschaften, mit Steuerberaterkammern, Gerichten, Behörden, der Finanzverwaltung und mit anderen Berufsträgern (z. B. Notare, Rechtsanwälte) kommuniziert werden.[5]

Verfahrensbevollmächtigte müssen elektronischen Dokumente eigenhändig von ihrem Postfach versenden.[6]

Alle bisherigen Gerichtsentscheidungen, die bezüglich des beA zulasten der Rechtsanwälte getroffen wurden, sind ab 1.1.2023 für jeden Steuerberater relevant!

Post an Finanzamt

Eine Versendung von Fristenpost (z. B. Einspruch) per Fax wird wohl an das Finanzamt künftig nur noch dann ausnahmsweise relevant sein, wenn die elektronische Übermittlung z. B. des Einspruchs gem. § 357 Abs. 1 Satz 1 AO über vorhandene Steuer-Software (vorübergehend) oder per E-Mail nicht möglich ist. Mit der elektronischen Einlegung eines Einspruchs ist die Übermittlung des Einspruchs per E-Mail gemeint. Die elektronische Einlegung eines Einspruchs setzt nach § 87a Abs. 1 Satz 1 AO voraus, dass das Finanzamt einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente hat (z. B. durch Nennung einer E-Mail-Adresse oder einer Internetadresse im Briefkopf des Verwaltungsakts). Eine qualifizierte elektronische Signatur ist bei der elektronischen Einlegung des Einspruchs nicht erforderlich.[7] Ist ein dem Finanzamt übermitteltes elektronisches Dokument für das Finanzamt zur Bearbeitung nicht geeignet, muss es dies dem Absender unter Angabe der für sie geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mitteilen (§ 87a Abs. 2 Satz 1 AO).

Finanzämter haben gem. § 173 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 6 ERVV ein besonderes elektronisches Behördenpostfach (beBPo) als Bestandteil des sicheren Übermittlungswegs (§ 130a Abs. 4 Nr. 3 ZPO, § 52a Abs. 4 Nr. 3 FGO) eingerichtet. Ab 1.1.2022 ist die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts verpflichtend. Das beBPo ist gem. § 6 Abs. 2 Nr. 2 ERVV für andere Inhaber besonderer elektronischer Postfächer adressierbar (also ab 1.1.2023 für Steuerberater per beSt).[8]

Der BFH muss prüfen, ob ein unzuständiges Finanzamt in dem Zeitpunkt, in dem erkannt wird, dass ein fristgebundener Schriftsatz irrtümlich dort eingereicht wurde, die Pflicht, unter Einsatz zeitgemäßer Kommunikationsmittel dafür Sorge tragen muss, dass eine möglicherweise noch laufende Frist eingehalten werden kann. Lt. FG des Landes Sachsen-Anhalt muss der Rechtsbehelfsführer bzw. dessen Vertreter umgehend, d. h. in dem Zeitpunkt, in dem das Versehen bekannt wird, telefonisch, per Fax oder per E-Mail darauf hingewiesen werden, dass er einen fristgebundenen Schriftsatz bei der falschen Behörde eingereicht hat, um diesem Gelegenheit zu geben, den Fehler – soweit möglich – selbst zu korrigieren. Das FG vertritt auch die Meinung, dass das unzuständige Finanzamt das Einspruchsschreiben umgehend per Fax, eingescannt als E-Mail oder über das beBPo an das richtige Finanzamt weiterleiten muss.[9]

Beim Finanzamt vor Ort kann der Einspruch...

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