Gesetzestext

 

(1) Für das Insolvenzverfahren ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, als Insolvenzgericht für den Bezirk dieses Landgerichts ausschließlich zuständig.

(2) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, zur sachdienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren durch Rechtsverordnung andere oder zusätzliche Amtsgerichte zu Insolvenzgerichten zu bestimmen und die Bezirke der Insolvenzgerichte abweichend festzulegen. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(3) 1Rechtsverordnungen nach Absatz 2 sollen je Bezirk eines Oberlandesgerichts ein Insolvenzgericht bestimmen, an dem ein Gruppen-Gerichtsstand nach § 3a begründet werden kann. 2Die Zuständigkeit des bestimmten Insolvenzgerichts kann innerhalb eines Landes auch über den Bezirk eines Oberlandesgerichts erstreckt werden.

1. Allgemeines

 

Rn 1

§ 2 regelt die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts für das Insolvenzverfahren. Unberührt von dieser Zuständigkeitsregelung bleiben die Zuständigkeiten der Sondergerichtsbarkeiten wie Sozial-, Arbeits-, Verwaltungs- oder Finanzgerichte.[1]

 

Rn 2

Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichtes ist ausschließlich (§ 22 GVG)[2] und unterliegt nicht der Disposition der Verfahrensbeteiligten. Abreden der Beteiligten über eine (abweichende) sachliche Zuständigkeit sind unwirksam.[3] Die sachliche Zuständigkeit umfasst alle dem Insolvenzgericht durch die InsO zugewiesenen Aufgabenbereiche[4], zu denen aufgrund der großen Sachnähe auch vollstreckungsgerichtliche Entscheidungsbefugnisse hinzukommen (vgl. § 36 Abs. 4, § 89 Abs. 3, § 148 Abs. 2 Satz 2). Unberührt bleibt die Zuständigkeit wegen materiell-rechtlichen Streitigkeiten, welche aus Anlass oder im Verlaufe eines Insolvenzverfahrens entstehen und außerhalb des Verfahrens selbst zu entscheiden sind (vgl. etwa §§ 47, 49 oder 180).[5]

 

Rn 3

Es ist grundsätzlich nur dasjenige Amtsgericht Insolvenzgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat. Der Gesetzgeber hatte mit der Schaffung der Norm die Zahl der Amtsgerichte, die auch als Insolvenzgericht fungieren, reduzieren wollen. Mit der Konzentration der Zuständigkeit bei den Amtsgerichten am Sitz des Landgerichts war perspektivisch die Nutzung der besonderen Erfahrungen, die Sachkunde aufgrund erhöhter Anforderungen und die sachliche Ausstattung beabsichtigt.[6] Eine empirische Untersuchung in den Jahren 2004 bis 2007 zu den Eröffnungsquoten hat indes ergeben, dass die Größe eines Gerichts die Eröffnungsquote nicht unbedingt beeinflusst.[7]

Diese Zielsetzung war also nicht flächendeckend zu erkennen, sodass der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) deshalb die weitere Zuständigkeitskonzentration eines Insolvenzgerichts über den jeweiligen Landgerichtsbezirk hinaus vorgesehen hatte.[8] Das tatsächlich vom Gesetzgeber verabschiedete ESUG hat diesen Vorschlag nicht umgesetzt.

 

Rn 4

Ein Insolvenzantrag wird etwa mit Eingang beim dem zuerst angerufenen Insolvenzgericht anhängig und das Zulassungsverfahren beginnt.[9] Stellt das zunächst angerufene Gericht seine fehlende örtliche Zuständigkeit fest, verweist es die Sache auf Antrag an das örtliche zuständige Gericht.[10]

 

Rn 5

Gemäß § 2 Abs. 2 werden die Landesregierungen ermächtigt, von der grundsätzlichen Zuständigkeitsregelung des § 2 Abs. 1 abzuweichen und andere oder zusätzliche Amtsgerichte zu Insolvenzgerichten zu bestimmen sowie die für die örtliche Zuständigkeit maßgeblichen Bezirke der Amtsgerichte abweichend zu fassen. Zur konkreten Zuständigkeit der Amtsgerichte als Insolvenzgericht vgl. § 3 Rdn. 19.

[1] HambKomm-Rüther, § 2 Rn. 4; Büttner, ZInsO 2017, 13.
[2] Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 08.12.2021, 5 O 14/21, NZI 2022, 544.
[3] A/G/R-Ahrens, § 2 Rn. 5.
[4] Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 08.12.2021, 5 O 14/21, NZI 2022, 544.
[5] Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 08.12.2021, 5 O 14/21, NZI 2022, 544.
[6] BT-Drs. 12/2443, 109 f.
[7] Haarmeyer/Beck/Friend, ZInsO 2008, 1178.
[8] BT-Drs. 17/5712, S. 28.

2. Aufgaben des Gerichts

 

Rn 6

Das Amtsgericht ist für das Insolvenzverfahren ein einheitliches Eingangsgericht und zwar unabhängig von der konkreten Insolvenzverfahrensart und den diesbezüglichen, spezifischen Voraussetzungen der InsO. Insolvenzgericht im Sinne der Norm ist die nach dem Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts für das Insolvenzverfahren zuständige Abteilung des entsprechenden Amtsgerichts.[11] Abhängig von der Art der konkreten Aufgabe und Verfahrensabschnitts, und vorbehaltlich etwaiger richterlicher Evokationen, ist dann entweder der Amtsrichter oder der Rechtspfleger zuständig. Der Terminus "Insolvenzverfahren" als zuständigkeitsbegründender Umstand ist weit auszulegen. Er umfasst alle dem Insolvenzgericht zugewiesenen Aufgaben, inklusive der vollstreckungsrechtlichen Entscheidungen[12] und der Abgabe der eidesst...

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