Leitsatz (amtlich)

Die Nebenbeschäftigung einer halbtagstätigen Verwaltungsangestellten ist gemäß § 11 Satz 1 BAT genehmigungsfrei, solange die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Nebenbeschäftigung zusammengerechnet den Umfang der vollen tariflichen Arbeitszeit gemäß § 15 BAT nicht überschreiten.

 

Normenkette

BAT § 11

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Urteil vom 11.02.1994; Aktenzeichen 1 Ca 2353/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.05.1996; Aktenzeichen 6 AZR 537/95)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 07.12.1994 wird aufgehoben.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 11.02.1994 – 1 Ca 2353/93 – abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, die der Klägerin erteilte Abmahnung vom 07.09.1993 aus der Personalakte zu entfernen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Säumnis der Klägerin am 07.12.1994 entstandenen Kosten. Diese Kosten hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Berechtigung einer Abmahnung.

Die Klägerin ist seit dem 14.08.1980 bei der Ruhr-Universität B. als Verwaltungsangestellte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT Anwendung. Die Klägerin war bis Ende 1993 in die Vergütungsgruppe VI b BAT eingruppiert. Seit 1994 erhält sie Vergütung nach der Vergütungsgruppe VII BAT.

Die Klägerin eröffnete im März 1989 eine sogenannte „Trinkhalle”, in der sie an zwei Tagen in der Woche von 15.00 Uhr bis 21.00 Uhr arbeitet. Ihre Arbeitszeit an der Universität endet um 12.30 Uhr.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks A. M. in B. Sie erwarb die auf dem Nachbargrundstück befindliche Trinkhalle aufgrund eines ihr eingeräumten Vorkaufsrechts zum Kaufpreis von 130.000,– DM, den sie in vollem Umfang finanzieren mußte.

Das beklagte Land erteilte ihr 1989 für die Tätigkeit in der Trinkhalle eine bis zum 30.03.1990 befristete Nebentätigkeitserlaubnis. Die Klägerin versäumte es, die Verlängerung der Nebentätigkeitsgenehmigung zu beantragen. Nach Anhörung der Klägerin am 19.08.1993 erteilte ihr der Rektor der Ruhr-Universität B unter dem 07.09.1993 folgende Abmahnung:

„Sehr geehrte Frau R.,

in der Anhörung vom 19.08.1993 hat sich herausgestellt, daß Sie eine Trinkhalle betreiben, ohne hierfür eine nach § 11 BAT erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung zu besitzen.

Da Sie damit gegen Ihre arbeitsrechtlichen Pflichten verstoßen haben, erteile ich Ihnen hiermit eine Abmahnung.

Ferner weise ich Sie darauf hin, daß Sie mit einer Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen müssen, wenn Sie die Trinkhalle weiterhin ohne Genehmigung betreiben.”

Auf Antrag der Klägerin vom 23.08.1993 genehmigte der Kanzler der Ruhr-Universität B. befristet bis zum 31.12.1994 und jederzeit widerruflich gemäß § 11 BAT in Verbindung mit der Nebentätigkeitsverordnung das Betreiben einer Trinkhalle im Umfang von maximal acht Stunden wöchentlich.

Die Trinkhalle ist von montags bis sonntags an sechs Tagen in der Zeit von 15.00 Uhr bis 21.00 Uhr geöffnet. Donnerstags hat die Trinkhalle geschlossen. Neben der Klägerin sind in der Trinkhalle ihr Ehemann und von ihr angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig.

Mit der vorliegenden am 23.09.1993 beim Arbeitsgericht Bochum eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Entfernung der Abmahnung vom 07.09.1993 aus ihrer Personalakte. Sie hält die Abmahnung für nicht gerechtfertigt, weil die Ausübung der Nebentätigkeit ihrer Meinung nach genehmigungsfrei sei. Sie macht geltend, ihre Tätigkeit in der Trinkhalle nehme nicht entfernt die Hälfte der normalen wöchentlichen tariflichen Arbeitszeit in Anspruch.

Demgegenüber vertritt das beklagte Land den Standpunkt, die Klägerin sei zu Recht abgemahnt worden, weil sie eine Nebentätigkeit ohne die dafür erforderliche Erlaubnis ausgeübt habe. Die dafür zuständigen Stellen hätten von der Nebentätigkeit der Klägerin erst im Juli bzw. August 1993 erfahren.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 11.02.1994 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Abmahnung vom 07.09.1993 sei nicht zu beanstanden, denn die Klägerin habe es versäumt, für ihre Tätigkeit in der Trinkhalle eine Nebentätigkeitsgenehmigung zu beantragen und dadurch ihre arbeitsvertraglichen Pflichten objektiv verletzt. Auf den Grad des Verschuldens komme es nicht an. Es sei ferner unerheblich, ob der Klägerin eine Nebentätigkeitsgenehmigung hätte erteilt werden müssen, wenn sie diese rechtzeitig beantragt hätte. Der Arbeitgeber entscheide, ob eine Nebentätigkeit gemäß § 11 BAT in Verbindung mit § 68 LBG NW genehmigungspflichtig oder nach § 69 LBG NW genehmigungsfrei sei. Dazu bedürfe es der Mitteilung über Art und Dauer der ausgeübten Nebentätigkeit.

Gegen dieses ihr am 11.03.1994 zugestellte und wegen der weiteren Einzelheiten in Bezug genommene Urteil des Arbeitsgerichts Bochum richtet sich die am 24.03.1994 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und gleichzeitig begründete Berufun...

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