Leitsatz

  1. Beschlussgenehmigung für Kaminofen-Anschluss muss Regelung enthalten, wie anderen Eigentümern zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls Nutzung des gemeinschaftlichen Kaminzugs ermöglicht wird
  2. Können sich nachfolgend andere Eigentümer aus technischen Gründen an vorhandenen Kaminzügen nicht anschließen, stellt die besondere Nutzung einen Vorteil gegenüber anderen Eigentümern dar
  3. Insoweit muss für andere Eigentümer mit nicht möglicher Nutzung ein Ausgleich mitbeschlossen werden (andernfalls ist ein Gestattungsbeschluss auf Anfechtung hin unwirksam)
 

Normenkette

§§ 13 Abs. 2, 14 Nr. 1 und 15 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Durch Beschluss wurde dem Beklagten Anschluss eines Kaminofens an einen Kaminzug und damit die teilweise ausschließliche Nutzung gemeinschaftlichen Eigentums gestattet. Insoweit ist von baulicher Veränderung des Gemeinschaftseigentums bzw. einseitiger Nutzung einer gemeinschaftlichen Einrichtung auszugehen. Vorliegend wurde der Beschluss auf Anfechtung hin für ungültig erklärt, da er den Anforderungen über den damit verbundenen Nutzungsvorteil gegenüber anderen Eigentümern nicht gerecht wurde. Der hier gefasste Genehmigungsbeschluss entsprach nicht den Anforderungen an den im Wohnungseigentumsrecht geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz und auch nicht dem Anspruch eines jeden Eigentümers auf Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums. Bestehen nur für wenige Eigentümer Anschlussmöglichkeiten an dem Kamin, dürfen andere Eigentümer nicht dauerhaft von gleicher Nutzungsmöglichkeit ausgeschlossen werden. Der Gleichbehandlungsgrundsatz erfordert auch eine Regelung, mit der abstrakt die – möglicherweise – widerstreitenden Interessen ausgeglichen werden. § 13 Abs. 2 WEG gewährt kein Recht zum Eigengebrauch gemeinschaftlichen Eigentums, regelt vielmehr nur das Maß der Mitbenutzung bei geregelter Benutzungsart; dauerhafte, unentgeltliche Überlassung zur ausschließlichen Nutzung gemeinschaftlicher Einrichtungen würde aber das Recht der anderen Eigentümer zum Mitgebrauch unzulässig einschränken. Etwas anderes gilt nur für den Fall einer Vermietung, da hier der Mitgebrauch durch den Anteil an den Mieteinnahmen gewahrt bleibt.
  2. Eine Nutzungsmöglichkeit muss also grundsätzlich so geregelt werden, dass ein Ausgleich für diejenigen Eigentümer geschaffen wird, denen die Nutzungsmöglichkeit nicht eingeräumt werden kann. Selbst wenn zum Zeitpunkt der genehmigenden Beschlussfassung andere Eigentümer ihren Willen oder Wunsch ebenfalls nach Anschluss an den Gemeinschaftskamin nicht bekundet haben sollten, muss ein Genehmigungsbeschluss den Nutzungsvorteil berücksichtigen. Dies hat bereits in einem Gestattungsbeschluss durch abstrakte Regelung zu erfolgen, wie die Verteilung des knappen Gemeinschaftsguts für den Fall zu regeln ist, dass mehr Nutzungswillige als Nutzungsmöglichkeiten vorhanden sind. Eine abstrakte Regelung der Verteilung des Gebrauchsvorteils auf die verschiedenen Eigentümer wurde im vorliegenden Beschluss nicht getroffen, Voraussetzungen für einen Widerruf der Gestattung auch nicht ausreichend bezeichnet.
 

Link zur Entscheidung

AG München, Urteil vom 15.10.2012, 485 C 14426/12 WEG

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