Leitsatz

Im Falle des Verkaufs einer Genossenschaftswohnung gehen die in dem Nutzungsvertrag vereinbarten Kündigungsbeschränkungen auf den Erwerber über. Diese gelten auch dann fort, wenn über das Vermögen der Genossenschaft in der Folgezeit das Insolvenzverfahren eröffnet wird.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Normenkette

BGB § 566

 

Kommentar

Eine gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft vermietete im Jahr 1962 eine Wohnung aufgrund eines sog. Dauernutzungsvertrags. Dieser Vertrag enthält u.a. die für gemeinnützige Wohnungsgenossenschaften typischen Kündigungsbeschränkungen, wonach das Mietverhältnis für die Dauer der Mitgliedschaft des Mieters grundsätzlich nur bei Pflichtverletzungen gekündigt werden kann. Im Jahr 1995 veräußerte die Genossenschaft das Anwesen an ein (nicht gemeinnütziges) Wohnungsunternehmen. Dieses verpflichtete sich zur Übernahme sämtlicher Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis. Im Jahr 2003 wurde über das Vermögen der Genossenschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. In der Folgezeit wechselte das Anwesen mehrmals den Eigentümer. Der gegenwärtige Eigentümer und Vermieter hat das Eigentum in der Zwangsversteigerung durch Zuschlagsbeschluss vom 24.11.2005 erworben. Im Jahr 2010 hat der Vermieter wegen Eigenbedarfs gekündigt. Das Berufungsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Erwerber an die im Mietvertrag vereinbarten genossenschaftlichen Kündigungsbeschränkungen – wozu auch der Ausschluss der Eigenbedarfskündigung gehört – gebunden sei. Jedoch hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen, weil ungeklärt sei, ob die "in einem Nutzungsvertrag mit einer Genossenschaft vereinbarten und an die Mitgliedschaft gebundenen Kündigungsbeschränkungen nach einem Verkauf der Wohnung an einen Dritten entfallen, wenn die Mitgliedschaft danach aufgrund der Insolvenz der Genossenschaft endet".

Der BGH führt aus, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht gegeben sind, weil die Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Rechtsstreit durch das Berufungsgericht zutreffend entschieden wurde.

Das OLG Karlsruhe hat bereits mit Rechtsentscheid vom 21.1.1985 (3 REMiet 8/84, WuM 1985 S. 77) ausgeführt, dass die genossenschaftlichen Kündigungsbeschränkungen auf den Erwerber einer Wohnung übergehen. Infolgedessen kann der Erwerber nicht wegen Eigenbedarfs kündigen. Die fraglichen Kündigungsbeschränkungen sind allerdings an die Mitgliedschaft des Mieters zur Genossenschaft gebunden. Deshalb hat das Berufungsgericht in Erwägung gezogen, dass die Kündigungsbeschränkungen erlöschen, wenn die Genossenschaft als Rechtsperson erlischt.

Der BGH stellt indessen zutreffend klar, dass die Frage der Mitgliedschaft nach der Veräußerung der Mietsache und dem Übergang der Vermieterrechte und -pflichten auf den Erwerber keine Rolle mehr spielen kann.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss v. 21.2.2012, VIII ZR 250/11, GuT 2012 S. 45

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge