Vorrangig vor den Kindern als Verwandten haftet gemäß § 1608 Satz 1 BGB der Ehegatte des unterhaltsbedürftigen Elternteils. Selbiges gilt für Lebenspartner nach § 1608 Satz 4 BGB. Für geschiedene Ehegatten gilt die inhaltsgleiche Vorschrift des § 1584 Satz 1 BGB. Es ist Sache des Unterhaltsbegehrenden und mithin Sache des Sozialhilfeträgers, wenn er aus übergegangenem Recht vorgeht, im Einzelnen darzutun und zu beweisen, dass ein vorrangig Verpflichtete aus rechtlich beachtenswerten Gründen außerstande ist, seiner Unterhaltsverpflichtung nachzukommen.[1]

Nach dem Gesetz steht jedoch die vorrangige Unterhaltspflicht des Ehegatten unter dem Vorbehalt, dass dieser den Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhaltes zahlen kann (§ 1608 Abs. 1 Satz BGB). Dies führt in der Praxis oftmals dazu, dass eine vorrangige Haftung des Ehegatten ausscheidet, insbesondere wenn dieser selbst pflegebedürftig ist und einen entsprechend hohen Eigenbedarf hat.

[1] OLG Oldenburg, Urteil v. 12.2.1991, 12 UF 136/90.

7.5.1 Der Anspruch auf Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB

Soweit ein vorrangiger Anspruch auf Familienunterhalt gem. §§ 1360, 1360a BGB besteht, schulden die Kindern keinen Elternunterhalt. Nach §§ 1360, 1360a BGB sind Eheleute einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Seinem Umfang nach umfasst der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist. Wird ein Ehegatte stationär pflegebedürftig, so entsteht ihm ein besonderer persönlicher Bedarf, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten bestimmt wird. In diesem Fall richtet sich der Familienunterhaltsanspruch ausnahmsweise auf Zahlung einer Geldrente.[1]

Im Fall der stationären Pflegebedürftigkeit des unterhaltsbedürftigen Ehegatten muss dem unterhaltspflichtigen Ehegatten nach der Rechtsprechung des BGH im Unterschied zum Fall des häuslichen Zusammenlebens auch beim Familienunterhalt der angemessene eigene Unterhalt als Selbstbehalt belassen werden. Liegt das unterhaltsrelevante Einkommen des dem Grunde nach pflichtigen Ehegatten unterhalb des Selbstbehaltes von derzeit 1.280 EUR, kommt nur eine Haftung aus dem Vermögen in Betracht. Der Einsatz des Vermögens für den Familienunterhalt kommt nur dann nicht in Betracht, wenn die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

 
Praxis-Beispiel

Die Eheleute M und V leben in einem Pflegeheim. V ist Eigentümer eines Grundstücks im Wert von 200.000 EUR. M erhält Sozialhilfe, weil sie vermögenslos ist und die Heimkosten ihre Einkünfte übersteigen. V erhält ebenfalls Sozialhilfe zur Deckung der sein Einkommen übersteigenden Heimkosten. Aufgrund des in Form des Grundstückes vorhandenen Vermögens wurde ihm die Sozialhilfe aber lediglich darlehensweise gewährt. Das Sozialamt verlangt von dem Kind K Elternunterhalt für M. In diesem Fall kann K jedoch einwenden, dass M vorrangig den V auf Familienunterhalt in Anspruch nehmen muss. Denn V verfügt über Vermögen in Form des Grundstückes, welches grundsätzlich für den Familienunterhalt einzusetzen ist.

7.5.2 Der Unterhaltsanspruch gegen den getrennt lebenden Ehegatten

Leben die Ehegatten in Trennung, ist die Trennungsunterhaltsverpflichtung im Sinne des § 1361 BGB nach den üblichen Kriterien zu bemessen. Der unterhaltspflichtige Ehegatte muss dann höchstens die Hälfte des bereinigten Gesamteinkommens als Trennungsunterhalt zahlen (Halbteilungsgrundsatz). Der Selbstbehalt beläuft sich auf 1.280 EUR bzw. 1.080 EUR falls nicht erwerbstätig. Zudem trifft den getrennt lebenden Ehegatten keine strenge Verpflichtung, seinen Vermögensstamm für den Unterhalt einzusetzen. Damit ist der getrennt lebende Ehegatte besser geschützt, als der nicht von dem Heimbewohner getrennt lebende Ehegatte. Eine Trennung im Sinne des § 1567 BGB erfolgt nicht bereits dadurch, dass ein Ehegatte dauerhaft stationär in einem Pflegeheim untergebracht wird.[1] Sofern sich ein Ehegatte von dem anderen – im Pflegeheim lebenden – Ehegatten trennen möchte, bedarf es hierzu einer entsprechenden Äußerung oder eines sonstigen für den anderen Ehegatten erkennbaren Verhaltens, das unmissverständlich den Willen zum Ausdruck bringt, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht weiterführen zu wollen.

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