Dr. iur. Holger Bremenkamp, Dr. Fernanda Bremenkamp
Rz. 31
Die Verkehrssicherungspflicht des Herstellers endet nicht schon mit dem Inverkehrbringen seiner Produkte. Auch danach muss er sein Produkt fortwährend auf Mängel und Gefahren hin beobachten (sog. Produktbeobachtungspflicht). Erkennt er solche, hat er geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwendung zu treffen, die von einer Warnung bis hin zum Rückruf der gesamten Produktionsserie reichen können.
Rz. 32
Die Produktbeobachtungspflicht als eigenständige Verkehrssicherungspflicht des Herstellers hatte der BGH Anfang der 80er-Jahre in den Apfelschorf-Entscheidungen näher ausgestaltet. Nach dem Inverkehrbringen muss der Hersteller sein Produkt am Markt auf unbekannt gebliebene schädliche Eigenschaften hin beobachten und sich über sonstige, eine Gefahrenlage schaffende Verwendungsfolgen informieren. Er darf sich dabei – im Gegensatz zum Händler (allenfalls passive Produktbeobachtungspflicht) – nicht auf eine Reaktion auf ihm etwa aufgrund von Verbraucherhinweisen und -beschwerden bekanntwerdende Fehler beschränken, sondern hat zur Informationsgewinnung und -auswertung eigeninitiativ Vorkehrungen zu treffen (aktive Produktbeobachtungspflicht).
Rz. 33
Die Produktbeobachtungspflicht beginnt daher nicht erst, wenn sich Nachrichten über Unfälle häufen, sondern bereits mit dem Inverkehrbringen des Produkts: Ab diesem Zeitpunkt ist eine systematische Beobachtung der Produktbewährung geboten. Der Hersteller hat sich selbst einen Überblick darüber zu verschaffen, wie sich sein Produkt bei der Verwendung bewährt, indem er Informationen aus Zeitungsmeldungen, Testberichten, Fachliteratur, Unfallanalysen und Veröffentlichungen von Verbraucherverbänden auswertet und die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse aus Wissenschaft und Technik auf dem einschlägigen Gebiet verfolgt.