Rz. 4

Eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Eltern für Unfallschäden ihrer Kinder spielt insbesondere in zwei Fallgruppen eine praktisch erhebliche Rolle: zum einen bei Schadensereignissen, die auf einer Verletzung der Aufsichtspflicht der Eltern beruhen, zum anderen bei Schäden, die die Kinder (insbesondere als Beifahrer in Kraftfahrzeugen ihrer Eltern) durch deren Verkehrsunfälle erleiden.

 

Rz. 5

Gemäß § 1626 Abs. 1 BGB steht den Eltern – als Teil der elterlichen Sorge – die Personensorge, also das Recht und die Pflicht zu, für die Person des Kindes zu sorgen. Ein wesentlicher Teil dieser Verpflichtung geht dahin, durch eine ordnungsgemäße Beaufsichtigung, Erziehung und Anleitung darauf hinzuwirken, dass dem Kind nicht durch eigenes unvernünftiges Verhalten ein Schaden zustößt. Verletzen die Eltern ihre Pflicht, das Kind in der erforderlichen Weise zu beaufsichtigen, und fügt das Kind deshalb einem Dritten einen Schaden zu, so ergibt sich dessen Anspruch gegen die Eltern aus § 832 Abs. 1 BGB (vgl. dazu im Einzelnen § 2 Rdn 713 ff.). Diese Norm gibt jedoch nur eine Anspruchsgrundlage für einen geschädigten Dritten, nicht für das Kind selbst, wenn ihm durch eine Aufsichtspflichtverletzung der Eltern Schaden entsteht. Dem Kind gegenüber haften die Eltern vielmehr zum einen aus den allgemeinen deliktsrechtlichen Haftungsnormen, insbesondere § 823 Abs. 1 BGB; zum anderen stellt auch § 1664 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Verletzung der elterlichen Sorge eine eigene Anspruchsgrundlage des Kindes dar,[6] die nach § 1664 Abs. 2 BGB zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der Eltern führen kann. Die Verjährung solcher Ansprüche zwischen Eltern und Kindern ist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes gehemmt (§ 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

 

Rz. 6

Da den Eltern im Regelfall das Sorgerecht gemeinsam zusteht (zum nichtehelichen Kind unter den Voraussetzungen des § 1626a BGB in der Fassung vom 16.4.2013 m.W.v. 19.5.2013,[7] vgl. unten Rdn 16), treffen sie auch beide die hieraus resultierenden Pflichten. Für die Schadensersatzhaftung aus der Verletzung der Aufsichtspflicht gegenüber dem Kind kommt es jedoch auch auf die konkrete Aufgabenverteilung zwischen den Eltern an: Übernimmt während der Abwesenheit des einen Elternteils der andere die Aufsicht in vollem Umfang, so treffen die deliktsrechtlichen Folgen nur ihn. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der andere Elternteil hätte erkennen müssen, dass der Elternteil, dem die Aufsicht tatsächlich überlassen war, hierzu aus konkreten Gründen nicht zuverlässig in der Lage war, oder wenn er – etwa aus bereits gemachten Erfahrungen – bei seinem Partner mit einer Vernachlässigung der Pflichten rechnen musste. Bei derartigen Fallkonstellationen kann auch den am Schadensereignis selbst nicht beteiligten Elternteil der haftungsrechtliche Vorwurf der Verletzung der sorgerechtlichen Aufsichtspflicht treffen; hingegen kommt keine Zurechnung des Verhaltens des anderen Ehegatten nach § 278 BGB oder § 831 BGB in Betracht, da Eheleute untereinander hinsichtlich der Ausübung der Personensorge weder Erfüllungsgehilfe noch Verrichtungsgehilfe sind.

 

Rz. 7

Ziehen die Eltern im Rahmen der Ausübung des Sorgerechts, insbesondere zur Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht, dritte Personen (Kindermädchen etc.) heran, so haften sie für Versäumnisse dieser Personen im Rahmen einer deliktischen Haftung gemäß § 831 BGB, haben sich also hinsichtlich eines Auswahl- und Überwachungsverschuldens zu exkulpieren.

[6] Vgl. MüKo-BGB/Huber, 7. Aufl. 2017, § 1664 Rn 1 m.w.N.
[7] BGBl I, S. 795.

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