Rz. 520

 

Rz. 521

BGH[492]

Führt das Nichteinhalten des gebotenen Sicherheitsabstands zu einem Unfall, ist der Verstoß gegen § 4 Abs. 1 StVO im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile grundsätzlich gegenüber jedem Mitverursacher zu beachten. Ein Mitverschulden des Auffahrenden kommt auch dann in Betracht, wenn der Vorausfahrende ohne eigenes Verschulden durch einen unter Missachtung der Vorfahrt einbiegenden oder einen Fahrstreifen wechselnden Unfallverursacher zum Abbremsen veranlasst wurde. Er war entweder unaufmerksam gewesen oder zu dicht aufgefahren.

 

Rz. 522

OLG Rostock[493]

Allein die Beschaffenheit einer Straße macht sie nicht zu einem Feld- und Waldweg mit den entsprechenden Wartepflichten für den Nutzer. Ist die Straße optisch so unbedeutend, dass sie für einen Feldweg gehalten werden kann, hat sich der von rechts einfahrende an sich Vorfahrtsberechtigte so vorsichtig wie ein Wartepflichtiger zu verhalten. Kommt es zu einer Kollision, haftet der vorfahrtsberechtigte Motorradfahrer zu 40 %. Er hat den Verkehrsunfall mit verursacht, indem er seinerseits unter Verstoß gegen § 1 StVO auf die Kreisstraße aufgefahren ist.

 

Rz. 523

KG[494]

Der Vorgang des Ausfahrens aus einem Grundstück in eine öffentliche Straße ist erst dann beendet, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat oder verkehrsgerecht am Fahrbahnrand oder an anderer Stelle abgestellt worden ist. Das Ausfahren wird nicht schon dadurch beendet, dass das ausfahrende Fahrzeug etwa zwei bis drei Minuten in der Position gestanden hat, in der sich die Kollision ereignet hat.

 

Rz. 524

KG[495]

Fährt ein im fließenden Verkehr befindliches Kraftfahrzeug (hier: Einsatzfahrzeug der Polizei) gegen einen ordnungsgemäß am Fahrbahnrand geparkten Pkw, kann dessen Eigentümer den Halter des Polizeifahrzeuges auf Schadensersatz aus der Betriebsgefahr gem. § 7 StVG in Anspruch nehmen. Dieser Anspruch besteht auch dann in voller Höhe, wenn ein Dritter, aus einer Grundstücksausfahrt einfahrender Pkw durch eine Erstkollision mit dem Polizeifahrzeug erst dessen Anstoß gegen den geparkten Pkw ausgelöst hat. Der Halter des geparkten Pkw kann nach § 421 BGB nicht auf Ansprüche gegen den Ausfahrer verwiesen werden, der vom Halter des Polizeifahrzeugs in Regress genommen werden mag. Die Haftungsbeschränkung der anderweitigen Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB gilt nicht im Bereich der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG.

 

Rz. 525

OLG Celle[496]

Schneidet ein bevorrechtigter Fahrzeugführer verbotswidrig eine Kurve (Verstoß gegen § 2 Abs. 1 StVO), kommt es bei einem Unfall mit einem aus einem Grundstück ausfahrenden Kfz zu einer Haftung 50:50.

 

Rz. 526

OLG Celle[497]

Gegen den Fahrer (1) eines Kfz, das aus einer Grundstücksausfahrt kommt, spricht der Beweis der schuldhaften Verursachung des Unfalls. Lässt sich ein Mitverschulden des auf der durchgehenden Straße befindlichen Fahrzeugführers (2) nicht feststellen, kann die Betriebsgefahr dieses Fahrzeugs (2) insgesamt zurücktreten. Der Fahrer (1) haftet zu 100 %. Es ist nicht erforderlich, zu entscheiden, ob der Unfall für den Fahrer des Kfz (2) ein unabwendbares Ereignis darstellte.

 

Rz. 527

OLG Hamm[498]

Es besteht kein faktisches Überholverbot, wenn die Überholung nur mit einem Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durchgeführt werden kann. Nach der Konzeption der §§ 5 und 3 StVO trifft vielmehr denjenigen, der nur unter Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit überholt, "lediglich" der Vorwurf, gegen § 3 StVO zu verstoßen.

 

Rz. 528

OLG Hamm[499]

Überholt ein Kfz-Führer (1) einen auf dem linken Fahrstreifen der Autobahn fahrenden Verkehrsteilnehmer (2) rechts, so haftet er zu 60 %, wenn er sein Kfz nach dem Überholmanöver wieder auf die linke Fahrspur bewegt und dadurch einen fahrlässigen Fahrfehler des Überholten verursacht, der zu einem Unfall führt. Ausschlaggebend für diese Aufteilung der Haftungsquote ist, dass dem Fahrer (1), der vorsätzlich gegen das Verbot des Rechtsüberholens verstoßen hat, ein nicht unerhebliches Verschulden zur Last fällt. Dieses verliert nicht dadurch an Gewicht, dass eine derartige Unart auf Autobahnen häufig zu beobachten ist. Bei dem fahrlässigen Fahrfehler des Fahrers (2) handelte es sich lediglich um eine Reaktion auf den vorsätzlichen Verkehrsverstoß des Überholenden. Das bedeutet, dass in die Abwägung gem. § 17 StVG kein hohes Verschulden des Fahrers (2) eingestellt werden kann.

 

Rz. 529

OLG Hamm[500]

Zieht ein Fahrzeug (1) auf der Autobahn auf die linke Spur, ohne den sich dort befindlichen Verkehr ausreichend zu beachten, und kommt es zu einem Unfall, trifft dessen Fahrer die Hauptschuld. Dies gilt selbst dann, wenn ein nachfolgendes Fahrzeug (2) die Richtgeschwindigkeit nicht eingehalten hat. Die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um 70 km/h führt zu einer Haftung von 30 %. Es ist anerkannt, dass eine derart hohe Überschreitung der Richtgeschwindigkeit wie hier regelmäßig zur Anspruchskürzung gem. § 17 StVG führt, wenn nicht ...

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