Rz. 148

Die Ausstattung ist eine besondere Art einer unentgeltlichen Zuwendung an ein Kind – bis zum 30.6.1958 im Gesetz "Aussteuer" genannt.[136] Sie stellt ein besonders hervorgehobenes Rechtsverhältnis zwischen einem Elternteil und einem Kind her ("causa sui generis"), das Auswirkungen bis hinein in das Erb- und Pflichtteilsrecht hat.[137] Weil sie eigenständigen Regeln im Unterschied zu einer Schenkung folgt, müssen die Voraussetzungen für diese besondere Art einer unentgeltlichen Zuwendung präzise analysiert werden. Dies gilt vor allem im Hinblick auf ihre Rechtswirkungen im Erb- und Pflichtteilsrecht.

 

Rz. 149

Definiert ist die Ausstattung in § 1624 BGB als familienrechtliches Rechtsinstitut. Wichtig ist zunächst die Feststellung, dass eine Ausstattung nicht dasselbe ist wie eine Schenkung.[138] Ob eine Schenkung oder aber eine ausgleichungspflichtige Zuwendung mit bestimmtem Ausstattungszweck i.S.d. § 2050 Abs. 1 BGB vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln.[139]

Die Ausstattung steht in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem gesetzlichen Unterhaltsrecht von Kindern. Eltern sind gegenüber ihren Kindern verpflichtet, zu deren Existenzgründung dadurch beizutragen, dass sie ihnen Unterhalt zur Erlangung einer Berufsausbildung gewähren (§ 1610 Abs. 2 BGB). Dieser Verpflichtung können sie sich nicht entziehen. Sie ist Inhalt des gesetzlichen Unterhaltsschuldverhältnisses.[140] Die Angemessenheit i.S.v. § 1610 Abs. 2 BGB wird durch drei Faktoren bestimmt:

(1) Fähigkeit des Kindes für das betreffende Ausbildungsfach,[141]
(2) Leistungswilligkeit des Kindes,[142]
(3) Einkommens- und Vermögensverhältnisse der (des) bar-unterhaltspflichtigen Eltern(teils).

Über diese gesetzlich geschuldete Leistungspflicht hinaus können die Eltern den Kindern zur Erlangung ihrer wirtschaftlichen Selbstständigkeit weitere Zuwendungen gewähren, die nicht als Schenkung zu definieren sind. Auf freiwilliger Basis können Eltern ihren Kindern also auch Vermögensgegenstände als zusätzliche Starthilfe übertragen.

 

Rz. 150

Das Gesetz differenziert in § 1624 Abs. 1 BGB zwischen einer Ausstattung und einer Schenkung als einer unentgeltlichen Zuwendung und definiert die Ausstattung gleichzeitig. Dabei werden drei konstitutive Kategorien einer Ausstattung unterschieden:

(1) der Personenkreis der Zuwendungsempfänger,
(2) die Anlassgründe und Zwecke der Zuwendung,
(3) der Umfang und das damit verbundene Maß der Zuwendung.

Diese Kategorien dienen der Unterscheidung zwischen Ausstattung und Schenkung.

Die Elemente einer Schenkung i.S.v. § 516 BGB liegen auch bei der Ausstattung vor: objektive Unentgeltlichkeit und die Einigkeit darüber (subjektive Unentgeltlichkeit).

 

Rz. 151

Wenn Eltern oder ein Elternteil einem Kind eine größere Zuwendung gewähren

anlässlich der Heirat des Kindes oder
anlässlich der Begründung einer registrierten Partnerschaft oder
anlässlich seiner wirtschaftlichen Selbstständigmachung oder
zur Aufrechterhaltung seiner wirtschaftlichen Selbstständigkeit,

so sieht das Gesetz darin eine Ausstattung, wenn die Zuwendung dazu dient, dem Kind wirtschaftlich "unter die Arme zu greifen".

Zuwendungszweck und damit Vertragsinhalt – als Geschäftsgrundlage – ist gem. § 1624 BGB die Begründung oder Erhaltung der Wirtschafts- und Lebensstellung. Rechtsgrund der Ausstattung ist gerade keine Schenkung, sondern der eigenständige Zuwendungszweck der Existenzhilfe.

Wenn die genannten Zwecke verfolgt werden, geht das Gesetz davon aus, eine solche Zuwendung sei später bei der Aufteilung des Nachlasses des zuwendenden Erblassers auszugleichen (§ 2050 Abs. 1 BGB).

 

Rz. 152

Eindeutig kann nur einem Kind eine Ausstattung gewährt werden, nicht aber einem Enkelkind. Dies ist schon aus der Überschrift von § 1624 BGB ersichtlich, dort ist von "Elternvermögen" die Rede. Danach wird im folgenden Satz des § 1624 BGB sofort das "Kind" als Zuwendungsempfänger genannt. Die Vorschrift erfasst somit eindeutig keine Zuwendungen von Großeltern an ihre Enkel. Der BGH:[143]

Zitat

"… Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1624 Abs. 1 BGB können nur Vater oder Mutter ihrem Kind eine Ausstattung zuwenden. Dagegen erfasst diese Vorschrift keine Zuwendungen von Großeltern an ihre Enkel …"

Klargestellt wird damit: Eine Ausstattung von Großeltern an Enkel kennt das Zivilrecht nicht, sondern nur eine Ausstattung von Eltern an Kinder.

 

Rz. 153

Unterschied zur Schenkung: Die besonderen Regeln für die Ausstattung gelten nur insoweit, als die Zuwendung die Vermögensverhältnisse des Zuwendenden nicht übersteigt. Für das Übermaß gilt Schenkungsrecht (§ 1624 Abs. 1 BGB). Die Abgrenzung zwischen Ausstattungs- und Schenkungsteil ist in der Praxis häufig sehr schwierig. Deshalb empfiehlt sich eine entsprechende Vereinbarung im Vertrag.

Eine willkürlich als "Ausstattung" umqualifizierte Schenkung wird auch durch eine entsprechende Bezeichnung im Vertrag nicht zur pflichtteilsrechtlich privilegierten Ausstattung; in diesem Fall liegt vielmehr eine unbeachtliche Falschbezeichnung (falsa demonstr...

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