Hinsichtlich der Ausgestaltung der Arbeitsvergütung sind die Arbeits- und Tarifvertragsparteien grundsätzlich frei. Dies folgt aus dem zivilrechtlichen Grundsatz der Vertragsfreiheit bzw. Koalitionsfreiheit.[1] Sie sind jedoch bei der Ausgestaltung der Vergütung an übergeordnetes Recht gebunden.

Besondere gesetzliche Vorschriften

Für alle Arbeitgeber folgt die Pflicht zur Gleichbehandlung bzw. das Verbot von sachlich nicht gerechtfertigter Ungleichbehandlung bzw. Diskriminierung aus besonderen gesetzlichen Vorschriften, etwa aus § 4 Abs. 1 TzBfG (Gleichbehandlung Teilzeitbeschäftigter), aus § 4 Abs. 2 TzBfG (Gleichbehandlung befristet beschäftigter Arbeitnehmer), aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz[2], in Bezug auf schwerbehinderte Menschen aus § 164 Abs. 2 SGB IX und in Bezug auf Leiharbeitnehmer aus § 8 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Zu beachten ist ferner der Grundsatz der Entgeltgleichbehandlung für Frauen und Männer bei gleicher und gleichwertiger Arbeit.[3] Diese Regelungen sind durchweg zwingender Natur und daher vertraglich nicht abdingbar. Für Arbeitnehmer in Arbeitnehmerüberlassung können allerdings Abweichungen durch Tarifvertrag geregelt werden.[4]

Allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz

Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet den Arbeitgeber zur prinzipiellen Gleichbehandlung der beschäftigten Arbeitnehmer. Er verbietet eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sowie eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung ohne sachlichen Grund. Unzulässig ist sowohl die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch schon eine sachfremde Gruppenbildung. Den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat der Arbeitgeber grundsätzlich bei allen Arten von Maßnahmen und Entscheidungen zu beachten. In Bezug auf die Arbeitsvergütung bzw. bestimmte Leistungen kann er eine Anspruchsgrundlage für den Arbeitnehmer bilden, der ohne sachlichen Grund eine geringere Vergütung erfährt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer die höhere Vergütung unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz einfordern.

 
Wichtig

Individuelle Vergütungsvereinbarungen gehen vor

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit hat im Bereich der Vergütung (nur) dann Vorrang vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt. Außerhalb tariflicher oder betrieblicher Vergütungssysteme können neu einzustellende Arbeitnehmer daher nicht mit der Begründung eine höhere Vergütung verlangen, anderen vergleichbaren Arbeitnehmern im Betrieb gewähre der Arbeitgeber ein höheres Entgelt. Einen allgemeingültigen Rechtssatz"Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" kennt die deutsche Rechtsordnung nicht.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist jedoch trotz des grundsätzlichen Vorrangs der Vertragsfreiheit im Bereich der Vergütung auch außerhalb kollektivrechtlicher Vergütungssysteme dann anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem erkennbaren generalisierenden Prinzip gewährt, wie dies insbesondere bei Gratifikationen häufig der Fall ist.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist auch dann zu beachten, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt.[5]

Unzulässig ist es auch, bei der Vergütung anhand der durch das AGG besonders geschützten Merkmale (Geschlecht, Alter, Behinderung usw.) zu differenzieren.

 
Praxis-Beispiel

Sachwidrige Differenzierung bei der Gewährung von Zusatzvergütungen

Der Arbeitgeber gewährt den Arbeitnehmern des Betriebs eine jährliche Sondervergütung ("Weihnachtsgeld"). Ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte (520-Euro-Kräfte). Die Herausnahme der "Minjobber" aus der Zahlung der Gratifikation hat keinen sachlichen Grund, da auch geringfügig Beschäftigte insoweit "normale" Arbeitnehmer sind, die lediglich hinsichtlich der abgabenrechtlichen Rahmenbedingungen besonderen Regelungen unterliegen. Geringfügig Beschäftigte hätten also in einem solchen Fall Anspruch auf anteilige Zahlung des Weihnachtsgeldes entsprechend ihrem Beschäftigungsgrad ("pro rata temporis").

Soweit die Bemessung des Arbeitsentgelts regelhaft geschieht, etwa in Tarifverträgen, betrieblichen Entgeltordnungen oder Übungen, ist eine unterschiedliche Behandlung wiederum am allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz oder entsprechenden spezielleren Gleichbehandlungsgeboten (z. B. AGG, TzBfG) zu messen.

Bei tarifgebundenen Arbeitnehmern oder bei Vorliegen eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags ist es dem Arbeitgeber verwehrt, durch einzelvertragliche Abreden die tariflichen Lohn- und Gehaltsregelungen zu unterschreiten.

Mit nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber dagegen eine untertarifliche Vergütung vereinbaren, sofern die Arbeitsmarktlage dies zulässt und die Bestimmungen über gesetzli...

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