0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I. 3234) mit Wirkung zum 1.1.2018 in das SGB IX eingefügt worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift regelt Leistungen durch Hilfsmittel. Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen dem § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung. Der Wortlaut von § 84 stellt nach der Gesetzesbegründung jedoch ausdrücklich klar, dass von der Vorschrift ausschließlich Hilfsmittel erfasst sind, die zur Teilhabe an der Gemeinschaft erforderlich sind. Hilfsmittel zur medizinischen Rehabilitation bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben sind damit ausgeschlossen (BR-Drs. 428/16 S. 266).

2 Rechtspraxis

2.1 Hilfsmittel (Abs. 1)

 

Rz. 3

Hilfen nach Abs. 1 können Menschen mit Behinderungen beanspruchen. Menschen mit Behinderungen sind solche Personen nach § 2. Danach sind Menschen mit Behinderungen solche, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate hindern können, § 2 Abs. 1 Satz 1. Von Behinderung bedrohte Menschen nach § 2 Abs. 1 Satz 3 werden von § 84 nicht erfasst (zum alten Recht vgl. Luthe, in: jurisPK-SGB IX, § 55 Rz. 21).

 

Rz. 4

Die Leistungen nach Abs. 1 Satz 1 umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Unter Abs. 1 fallen nur Hilfsmittel zum Ausgleich der Beeinträchtigung bei der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Diese Hilfsmittel haben die Aufgabe, dem behinderten Menschen den Kontakt zu seiner Umwelt, nicht nur der Familie und der Nachbarschaft sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen (BSG, Urteil v. 19.5.2009, B 8 SO 32/07; Joussen, in: HK-SGB IX, § 55 Rz. 10). Hilfsmittel der medizinischen Rehabilitation bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben sind nicht erfasst (BR-Drs. 428/16 S. 266).

 

Rz. 5

In § 9 Abs. 2 Nr. 1 bis 12 Eingliederungshilfeverordnung sind die möglichen Hilfsmittel nicht abschließend aufgezählt. Dazu gehören: Schreibmaschine für Blinde, Ohnehänder und solche behinderte Menschen, die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung auf eine Schreibmaschine angewiesen sind; Verständigungsgeräte für Taubblinde; Blindenschrift-Bogenmaschinen; Blindenuhr mit Zubehör, Blindenweckuhren; Tonbandgeräte mit Zubehör für blinde Menschen; Blindenführhunde mit Zubehör; besondere optische Hilfsmittel, vor allem Fernrohrlupenbrillen; Hörgeräte (einschließlich der Kosten für die Batterien, BSG, Urteil v. 19.5.2009, B 8 SO 32/07), Hörtrainer; Weckuhren für hörbehinderte Menschen; Sprachübungsgeräte für sprachbehinderte Menschen; besondere Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für Kraftfahrzeuge, wenn der behinderte Mensch wegen der Art und Schwere seiner Behinderung auf ein Kraftfahrzeug angewiesen ist; Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens und zur nichtberuflichen Verwendung bestimmte Hilfsgeräte für behinderte Menschen, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf diese Gegenstände angewiesen ist. Hierzu gehören u. a. Waschmaschinen, Küchenmaschinen, besondere Schalteinrichtungen für elektrische Geräte, besondere Haltevorrichtungen (Kittel, SGB IX, § 55 Rz. 7).

 

Rz. 6

Der Begriff des "Hilfsmittels" ist von der Rechtsprechung bislang weit ausgelegt worden. Ein Hilfsmittel kann auch dann vorliegen, wenn es nicht in erster Linie zum Ausgleich des behinderungsbedingten Nachteils eingesetzt wird. Ausreichend ist, dass durch die Gerätschaft im Einzelfall eine drohende Behinderung verhindert oder die behinderungsbedingte Benachteiligung beseitigt oder gemildert werden kann (Kittel, SGB IX, § 55 Rz. 8).

 

Rz. 7

Zu den Hilfsmitteln gehört nach Abs. 1 Satz 2 insbesondere auch barrierefreie Computer. Zum Erreichen der Barrierefreiheit eines Computers ist je nach Art der Einsatz unterstützender Technologien erforderlich. Hierzu gehören u. a. die Augensteuerung oder die Mundmaus bei körperlichen Behinderungen oder der Screenreader und Braillezeile bei Blinden. Einzelheiten zu barrierenfreien Computern sind der Online-Datenbank "barrierefrei kommunizieren" der "Stiftung barrierefrei kommunizieren" unter www.barrierefrei-kommunizieren.de/datenbank zu entnehmen.

2.2 Unterweisung in Gebrauch und Instandhaltung (Abs. 2)

 

Rz. 8

Die Leistungen umfassen nach Abs. 2 auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung. Unter "Unterweisung" ist die Unterrichtung im Gebrauch des Hilfsmittels zu verstehen. Diese Unterweisung kann als Einzelunterweisung oder als Gruppenunterweisung stattfinden. Der Gesetzgeber hat keine besondere Art der Unterweisung vorgesehen. Die Unterweisung kann daher mündlich, fernmündlich, via Internet oder durch andere Formen erfolgen, sofern sichergestellt ist, dass nach der Unterweisung ein siche...

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