Zusammenfassung

Auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist nach § 85 Abs. 2 ArbGG für die Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes die einstweilige Verfügung vorgesehen.

§ 85 Abs. 2 ArbGG verweist auf die entsprechenden Vorschriften der ZPO über die einstweilige Verfügung mit der Besonderheit, dass für die Entscheidung nicht der Vorsitzende allein, sondern die voll besetzte Kammer zuständig ist, die Zustellungen von Amts wegen erfolgen und – als Besonderheit im Arbeitsrecht – ein Schadensersatzanspruch in Angelegenheiten des BetrVG aufgrund einer erlassenen, aber von Anfang an ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung (§ 945 ZPO), nicht besteht. Zuständig ist entgegen § 942 Abs. 1 ZPO nicht das Amtsgericht, sondern stets das Arbeitsgericht.

Gerade weil das Beschlussverfahren einen Schadensersatzanspruch bei einer ungerechtfertigt erlassenen einstweiligen Verfügung nicht kennt, darf eine Befriedigungsverfügung nur mit größter Vorsicht und Zurückhaltung gewährt werden. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist ein Verfügungsanspruch sowie ein Verfügungsgrund.

1 Verfügungsanspruch

Materiell-rechtliche Ansprüche können sich aus dem BetrVG, anderen Gesetzen oder auch Betriebsvereinbarungen ergeben. Äußerst umstritten ist die Frage, ob sich für den Betriebsrat aus seinen unterschiedlich ausgestalteten Mitbestimmungsrechten, reichend von Unterrichtungs- über Beratungs- bis zu echten Mitbestimmungsrechten, Unterlassungsansprüche ergeben.

Nach der Rechtsprechung des BAG kommt es immer auf die konkrete gesetzliche Ausgestaltung der Mitbestimmungstatbestände an. Es muss in jedem Einzelfall besonders geprüft werden, ob der Mitbestimmungstatbestand für den Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch ergibt. Für den Bereich der zwingenden Mitbestimmung des § 87 BetrVG hat das BAG inzwischen einen eigenständigen Unterlassungsanspruch bejaht, um gegen (zu erwartende) Verletzungen der Mitbestimmungsrechte vorzugehen.[1]

Als einzeln zu sichernde Verfügungsansprüche kommen weiterhin der Anspruch auf Durchführung eines Einigungsstellenspruchs[2], der Anspruch eines Gewerkschaftsbeauftragten oder eines Betriebsratsmitglieds auf Zutritt zum Betrieb[3], des Arbeitgebers auf Verlegung einer Betriebsversammlung[4] oder ein Anspruch des Arbeitgebers auf Unterlassung der Amtsausführung durch ein Betriebsratsmitglied, gegen das ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wurde[5] in Betracht.

Umgekehrt hat der Arbeitgeber im Übrigen keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen den Betriebsrat auf Unterlassung von betriebsverfassungswidrigem Verhalten.[6]

Bei Verstößen des Arbeitgebers gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 99 BetrVG besteht allerdings kein allgemeiner Unterlassungsanspruch.[7]

Ob eine einstweilige Verfügung auch im Rahmen geplanter Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG zulässig ist, ist umstritten. Nach § 111 BetrVG hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen zu unterrichten und die geplante Änderung mit ihm zu beraten. Insoweit kommt ein Unterrichtungs- und Beratungsanspruch des Betriebsrats gegen den Unternehmer in Betracht. Im Wege einer einstweiligen Verfügung könnte dem Unternehmer untersagt werden, eine Betriebsänderung durchzuführen (z. B. bei Betriebsstilllegungen und betriebsbedingten Kündigungen bis zum Abschluss des Interessenausgleichsverfahrens).[8]

Ist die Betriebsänderung allerdings bereits durchgeführt, kann regelmäßig nur noch die Verpflichtung zur Aufstellung eines Sozialplans festgestellt werden.[9]

Der im Rahmen des § 87 BetrVG anerkannte vorbeugende Unterlassungsanspruch, dass der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen kann, eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme bis zur ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats zu unterlassen, kann durch einstweilige Verfügung gesichert werden.[10]

2 Verfügungsgrund

Weitere Voraussetzu...

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