Rz. 1

Der Anspruch auf Urlaub als Zeit der bezahlten Freistellung von der Arbeitsverpflichtung zum Zweck der Erholung gehört zu den grundlegenden Ansprüchen eines jeden Arbeitsverhältnisses. Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gibt einen Mindeststandard vor, der jedoch oft und mit vielfältigen Varianten durch kollektive und/oder arbeitsvertragliche Regelungen ergänzt wird.

 

Rz. 2

Das BUrlG regelt bundeseinheitlich einen Mindestanspruch für Arbeitnehmer auf bezahlten Erholungsurlaub. Zuvor bestand bis 1945 kein allgemeiner gesetzlicher Urlaubsanspruch. Anerkannt war jedoch, dass auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Erholungsurlaub zustand.[1] Er wurde aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§§ 242, 618 BGB) abgeleitet bzw. bedurfte der einzel- oder tarifvertraglichen Regelung. Nach 1945 entstanden auf Landesebene erste gesetzliche Regelungen des Urlaubsanspruchs, die mit dem Bundesurlaubsgesetz vom 8.1.1963[2] abgelöst wurden (§ 15 Abs. 2 BUrlG). In Kraft blieben nur die landesrechtlichen Bestimmungen über den Urlaub für Opfer des Nationalsozialismus und für solche Arbeitnehmer, die geistig oder körperlich in ihrer Erwerbsfähigkeit behindert sind (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BUrlG).

[1] Neumann/Fenski/Kühn/Neumann, BUrlG, 12. Aufl. 2022, § 1 BUrlG, Rz. 1.
[2] BGBl. I S. 2.

1.1 Bundesurlaubsgesetz

 

Rz. 3

Das BUrlG bildete seit Inkrafttreten die alleinige Rechtsgrundlage zur Begründung eines gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs eines Arbeitnehmers von nunmehr 24 Werktagen.[1] Durch den Einigungsvertrag vom 31.8.1990[2] sind die im Gebiet der ehemaligen DDR geltenden Urlaubsregelungen im Arbeitsgesetzbuch der DDR (§§ 189 ff. AGB-DDR) mit Wirkung zum 3.10.1990 außer Kraft getreten. Das BUrlG gilt seither auch dort, wobei § 3 BUrlG bis 31.12.1994 im Wortlaut dahingehend lautete, dass der Urlaub jährlich 20 Arbeitstage beträgt, wobei von 5 Arbeitstagen je Woche auszugehen war. Unverändert haben dagegen in den neuen Bundesländern die Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen jährlichen Erholungsurlaub von 27 Arbeitstagen, die gem. Art. I Abs. 2 des Einigungsvertrags in Verbindung mit Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 2[3] unter § 8 der Verordnung über den Erholungsurlaub betreffend den Erholungsurlaub für Kämpfer gegen den Faschismus und Verfolgte des Faschismus vom 28.8.1978[4] fallen. Der Einigungsvertrag bestimmt zudem in Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 5b, dass ein über 20 Arbeitstage hinausgehender Urlaubsanspruch aufgrund von Rechtsvorschriften der DDR[5] nur bis 30.6.1991 als vertraglich vereinbarter Urlaubsanspruch gilt. Danach mussten sie von den Arbeitsvertragsparteien ausdrücklich vertraglich in Bezug genommen sein, um weiterzugelten.

Neben dem Urlaubsanspruch auf bezahlten Erholungsurlaub aus dem BUrlG bestehen zur Begründung eines gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs deshalb keine weiteren nationalen gesetzlichen Anspruchsgrundlagen (mehr). Weder die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers noch Gewohnheitsrecht, betriebliche Übung oder das Sozialstaatsprinzip der Art. 20, 28 GG können ergänzend herangezogen werden.[6]

 
Wichtig

Das BUrlG muss sich zunehmend am unionsrechtlichen Urlaubsrecht messen lassen. Das nationale Urlaubsrecht ist dabei vorrangig unionsrechtskonform auszulegen. Ist dies nicht möglich, muss das BUrlG als nationale Regelung unangewendet gelassen werden.[7] Auf diese Überlagerung wird im Einzelnen im Rahmen der Kommentierung eingegangen.

[1] Zum Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des BUrlG s. Tillmanns, § 2, Rz. 3 ff.; auch Fremdgeschäftsführer können Arbeitnehmer i. S. d. BUrlG sein (BAG, Urteil v. 25.7.2023, 9 AZR 43/22, NZA 2023, 1531 ff.; Tillmanns, § 2, Rz. 19).
[2] BGBl. II S. 885, 889.
[3] BGBl. II S. 889, 1207.
[4] GBl. I S. 365, 366.
[5] Vgl. die Aufzählung in Schütz, Gesetzliches und tarifliches Urlaubsrecht, 1999, Rz. 266.
[6] Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl. 2001, § 1 BUrlG, Rz. 2.

1.2 Gesetzliche Sonderregelungen

 

Rz. 4

Vom BUrlG unberührt bleiben Ansprüche aus Sonderregelungen. Hierzu zählt der gesetzliche Urlaubsanspruch für Jugendliche nach § 19 Abs. 2 Satz 1 JArbSchG (mindestens 30 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt ist, 27 Werktage für Jugendliche, die zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 17 Jahre alt sind und 25 Werktage, wenn sie zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 18 Jahre alt sind; Jugendliche, die im Bergbau unter Tage beschäftigt werden, erhalten in jeder Altersgruppe weitere 3 Werktage, § 19 Abs. 2 Satz 2 JArbSchG).[1] Schwerbehinderte Menschen erhalten nach § 208 Abs. 1 SGB IX einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von 5 Arbeitstagen im Urlaubsjahr, wobei sich die Verteilung der Arbeitszeit auf mehr oder weniger als 5 Arbeitstage in der Kalenderwoche erhöhend oder mindernd auf diesen Zusatzurlaub auswirkt.[2]

Weitere Regelungen finden sich in §§ 5664 Seearbeitsgesetz (SeeArbG), § 17 BEEG, ...

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