Rz. 537
Sachlich knüpft Abs. 5 an Bezüge an, die nach Abs. 1 nicht im Einkommen erfasst werden. Erfasst werden daher auch Bezüge aus einer Investmentgesellschaft, soweit diese Bezüge auf Ausschüttungen von Körperschaften i. S. d. Abs. 1 zurückzuführen sind.
Rz. 538
Abs. 5 gilt nur, wenn die Gewinnausschüttungen bei dem Anteilseigner der Steuerfreistellung nach Abs. 1 S. 1 unterliegen. Ist dies nicht der Fall, weil die Auskehrung bei der auskehrenden Gesellschaft das Einkommen gemindert haben oder weil die Ausschüttungen aus einer Streubesitzbeteiligung i. S. d. § 8b Abs. 4 KStG stammen, greift auch Abs. 5 nicht ein. Es ist ohne Bedeutung, nach welcher Vorschrift die Bezüge nicht von der Steuer erfasst werden; es kann sich um Abs. 1 oder eine Steuerfreistellung in einem DBA handeln. Erfasst werden alle Bezüge, die unter Abs. 1 fallen, also insbesondere Dividenden, verdeckte Gewinnausschüttungen, Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und aus der Abtretung von Dividendenansprüchen. Nicht erfasst werden dagegen insbesondere Auskehrungen, für die Beträge des steuerlichen Einlagekontos verwendet werden, da diese nicht unter Abs. 1 fallen.
Rz. 539
Maßgebend für den Begriff der Dividenden ist das deutsche Steuerrecht, das hierunter gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG Gewinnanteile aus Anteilen versteht; bei Ausschüttungen ausl. Körperschaften greift nicht der Dividendenbegriff der DBA, da Abs. 5 auch für Fälle gilt, in denen mit dem ausl. Staat kein DBA besteht. Der abkommensrechtliche Dividendenbegriff hat nur im Fall des DBA mit Frankreich mittelbar Auswirkungen auf die Anwendung des § 8b Abs. 5 KStG. Das DBA mit Frankreich stellt insoweit keine Brutto-, sondern Nettoeinkünfte frei. Daher wurden die Betriebsausgaben bereits abgezogen. Freizustellen sind daher die Dividenden nach Abzug von Betriebsausgaben. Die Anwendung des § 8b Abs. 5 KStG würde diese Freistellung anteilig rückgängig machen. Daher ist § 8b Abs. 5 KStG in diesem Fall nicht anzuwenden.
Rz. 540
Gewinnausschüttungen (Dividenden) sind alle aus der Kapitalbeteiligung stammenden Einkünfte (Einnahmen) einschließlich der verdeckten Gewinnausschüttung. Da Abs. 5 an steuerfrei gestellte Einnahmen aus Kapitalbeteiligungen anknüpft, erfasst die Regelung alle Einnahmen einschließlich der verdeckten Gewinnausschüttung.
Rz. 541
Zusätzlich erfasst Abs. 5 die sonstigen Einnahmen, die unter Abs. 1 fallen, etwa Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und aus der Abtretung von Dividendenansprüchen. Andere nach DBA steuerfreie Einkünfte als Gewinnausschüttungen ausl. Gesellschaften und ähnliche Bezüge werden nicht erfasst, z. B. steuerfreie Einkünfte aus ausl. Betriebsstätten, Auskehrungen typischer stiller Gesellschaften und von ausl. Personengesellschaften, die im Ausland wie Kapitalgesellschaften besteuert werden. Das Gesetz behandelt damit nicht der Besteuerung unterliegende Einkünfte unterschiedlich. Bei steuerfreien Einkünften aus ausl. Betriebsstätten und Personengesellschaften sind damit in Zusammenhang stehende Kosten der ausl. Aktivität zuzuordnen, sind also im Ausland in vollem Umfang abzugsfähig. Bei nicht der deutschen Besteuerung unterliegenden Kapitaleinkünften ist der Abzug der damit zusammenhängenden Kosten nicht möglich, im Inland ist der Abzug eingeschränkt. Im Ergebnis werden also Kapitaleinkünfte benachteiligt.
Rz. 542
Es kann die Frage aufgeworfen werden, inwieweit Abs. 5 anzuwenden ist, wenn die Steuerfreistellung der Dividende nach dem internationalen Schachtelprivileg eines DBA geltend gemacht wird. Zur Beantwortung dieser Frage werden verschiedene Konzepte diskutiert. So kann vertreten werden, dass § 8b Abs. 1 KStG aufgrund seines weiten Anwendungsbereichs, etwa wegen Fehlens einer Mindestbeteiligung (bis zur Einführung der Steuerpflicht für Streubesitzdividenden in Abs. 4), das Schachtelprivileg nach DBA verdrängt. Umgekehrt wird vertreten, dass das Schachtelprivileg vorrangig ist; das hätte dann allerdings zur Folge, dass nach § 3c Abs. 1 EStG alle Betriebsausgaben in unmittelbarem Zusammenhang mit der Schachteldividende nicht abziehbar wären, nicht nur i. H. v. 5 % der Ausschüttung. Schließlich wird ein Wahlrecht des Stpfl. angenommen, von § 8b Abs. 1, 5 KStG oder von dem internationalen Schachtelprivileg unter Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG Gebrauch zu machen.
Rz. 543
M. E. liegt eine Normenkonkurrenz in dem Sinn vor, dass die Steuerfreistellung der Dividenden eingreift, wenn die Voraussetzungen auch nur einer der beiden Normen erfüllt sind. § 8b Abs. 1 KStG und das Schachtelprivileg nach dem jeweiligen DBA stehen also selbstständig nebeneinander; keine Vorschrift verdrängt die andere. Davon unabhängig ist aber die Frage, ob § 8b Abs. 5 KStG auch bei einer Freistellung durch das Schachtelprivileg eingreift.
Rz. 544
Die Diskussion in der Literatur leidet unter einer unpräzisen Fragestellung. So wird gefragt, ob das internationale Schachtelprivileg § 8b KStG verdrängt....