Entscheidungsstichwort (Thema)
KWK-Bonus
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Klassifizierung des in einem Biogas-Blockheizkraftwerk erzeugten Stroms als KWK-Strom i.S.v. Anlage 3, Abschnitt I Nr. 1 EEG 2009 ist maßgeblich, dass zugleich mit der Stromerzeugung eine Wärmemenge in einem gekoppelten Vorgang erzeugt wird und diese Wärmemenge ganz oder teilweise außerhalb der Stromerzeugungsanlage für privilegierte Nutzungsarten (Raumheizung, Warmwasseraufbereitung, Kälteerzeugung bzw. Prozesswärme) verwendet wird. Eine Messung der Nutzwärmemengen ist für die Erfüllung des o.a. Tatbestandsmerkmals nicht erforderlich.
2. Das vom Anlagenbetreiber an den Netzbetreiber vorgelegte Umweltgutachten genügt nicht zum Nachweis der Voraussetzungen i.S.v. Anlage 3, Abschnitt I Nr. 3 EEG 2009 sowie im Rückforderungsprozess des Netzbetreibers wegen ungerechtfertigter Gutschrift eines KWK-Bonus nicht zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast des Anlagenbetreibers, wenn dem Umweltgutachter mangels Messung der im Abrechnungszeitraum tatsächlich aus der Anlage abgeführten Nutzwärmemengen eine unmittelbare Ermittlung des mit dem Umfang der fossilen Wärmenutzung zu vergleichenden Energieäquivalents objektiv nicht möglich war und seine Schätzungen auf einer methodisch fehlerhaften Vorgehensweise beruhte (hier bejaht).
3. Werden in der KWK-Altanlage ehemals genutzte fossile Energieträger durch Biogas ersetzt, so sind als Mehrkosten i.S.v. Anlage 3, Abschnitt I Nr. 3 EEG 2009 nur diejenigen Investitionen berücksichtigungsfähig, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Veränderung der Wärmebereitstellung, d.h. mit der Erzeugung von Wärme stehen, nicht aber Aufwendungen für die Wärmenutzung außerhalb der Anlage.
4. Die Mitteilung der Abrechnungsdaten des Anlagenbetreibers an den Netzbetreiber nach § 46 Nr. 3 EEG 2009 kann in Form einer Eigenerklärung erfolgen. Bei einer Biogas-Anlage mit Vorrichtungen zur Wärmeabfuhr muss sich die Eigenerklärung inhaltlich auf die tatsächlich erzeugte und nach außen abgeführte Nutzwärmemenge beziehen. Hierfür wird zwar die Messung der Nutzwärmemenge als Regelfall angesehen, eine Ermittlung auf andere Weise ist jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 21.03.2013; Aktenzeichen 5 O 1804/10) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.3.2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Halle teilweise abgeändert und hinsichtlich Ziff. 2 und 3 des Urteilsausspruchs wie folgt neu gefasst:
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 20.434,72 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2011 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Gründe
A. Die Klägerin hat sich - zunächst im Urkundsprozess und sodann im Nachverfahren - erfolgreich gegen eine Verrechnung der ihr zuerkannten Einspeisevergütung für Strom, den sie aus Biomasse erzeugt, mit einem bestrittenen Rückforderungsanspruch der Beklagten gewandt; die Beklagte begehrt nunmehr im Wege der Widerklage die (Rück-) Zahlung von 20.434,72 EUR, die sie an die Klägerin als den auf den sog. KWK-Bonus entfallenden Anteil der Einspeisevergütung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2009 gezahlt hat.
Die Klägerin, eine 100%ige Tochtergesellschaft eines landwirtschaftlichen Unternehmens mit Milchviehhaltung, betreibt seit dem Jahr 1998 am Standort G./OT V. eine Biogasanlage. In der Anlage erzeugt sie aus Gülle und Dung Biogas, das sie in einem Blockheizkraftwerk (künftig: BHKW) zur Erzeugung von Wärme und Strom einsetzt. Die Biogasanlage ersetzte die vorherige Wärmeerzeugung mittels eines Heizölkessels.
Inzwischen ist zwischen den Prozessparteien unstreitig, dass die installierte elektrische Leistung des BHKW der Klägerin 240 kW, die installierte thermische Leistung 312 kW und die Stromkennzahl 0,795 beträgt, was sich aus einer Auskunft des Lieferanten des BHKW vom 13.9.2010 ergibt (vgl. Anlage K 10, GA Bd. I Bl. 176). Der in der Anlage erzeugte elektrische Strom wird in das Netz der Beklagten als örtliche Netzbetreiberin eingespeist; die Einspeisemenge wird von der Beklagten gemessen. Die anfallende Wärme wird nach den Angaben der Klägerin zur Warmwasseraufbereitung genutzt sowie zur Beheizung von insgesamt vier Gebäuden des Agrarunternehmens (die Gebäude mit einem Sozialraum, mit einer Werkstatt sowie das Gebäude, in dem sich das BHKW und eine Warmwasseraufbereitungsanlage befinden, und ein Kompaktstall). An das BHKW ist ein Notkühler angeschlossen, über den im Fall einer über den Bedarf hinausgehenden Wärmeerzeugung die Wärme an die Umgebung abgegeben werden k...