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BGH Urteil vom 25.06.2019 - VI ZR 358/18

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Leitsatz (amtlich)

a) Der Geschädigte, der von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben will, leistet bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Allgemeinen Genüge, wenn er die Veräußerung zu einem Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Festhaltung BGH vom 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953).

b) Etwas anderes gilt nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn es sich beim Geschädigten um ein Unternehmen handelt, welches sich jedenfalls auch mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen befasst. In diesem Fall ist dem Geschädigten bei subjektbezogener Schadensbetrachtung die Inanspruchnahme des Restwertmarktes im Internet und die Berücksichtigung dort abgegebener Kaufangebote zuzumuten.

 

Normenkette

BGB § 249 Abs. 2 S. 1 (Hd)

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 23.08.2018; Aktenzeichen 15 U 156/17)

LG Aachen (Urteil vom 12.10.2017; Aktenzeichen 12 O 259/16)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des OLG Köln vom 23.8.2018 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des LG Aachen vom 12.10.2017 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Klägerin, Betreiberin eines Autohauses in der Region Aachen, nimmt die Beklagte nach einem Verkehrsunfall auf Ersatz restlichen Sachschadens in Anspruch.

Rz. 2

Der Pkw der Klägerin wurde am 29.2.2016 bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Die Beklagte ist als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners dem Grunde nach voll einstandspflichtig. Die Klägerin holte ein außergerichtliches Schadensgutachten ein und ließ den Sachverständigen den Restwert des Fahrzeugs unter Berücksichtigung von Angeboten regionaler Anbieter schätzen. Der Privatsachverständige ermittelte auf dieser Grundlage unter dem 10.3.2016 einen Restwert von 9.500 EUR brutto. Die Klägerin gab dies der Beklagten zur Kenntnis. Am 24.3.2016 legte die Beklagte der Klägerin ein Restwertangebot eines Unternehmens in der Lausitz über 17.030 EUR brutto vor und rechnete auf dieser Basis ab. Die Klägerin lehnte das Angebot unter Hinweis auf eine bereits am 23.3.2016 zu dem in dem Schadensgutachten ermittelten Preis erfolgte Veräußerung des Unfallwagens an einen Gebrauchtwagenhändler in Aachen ab. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin den Differenzbetrag zwischen dem von der Beklagten angesetzten Restwert und dem tatsächlich erzielten Verkaufserlös.

Rz. 3

Das LG hat der Klage Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Privatsachverständigen aus dem Gutachtenvertrag stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Rz. 4

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin könne der Schadensabrechnung den im Schadensgutachten ihres Sachverständigen ausgewiesenen Restwert von 9.500 EUR zugrunde legen.

Rz. 5

Nach der Rechtsprechung des BGH leiste der Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen genüge, wenn er die Veräußerung des Fahrzeugs zu dem Preis vornehme, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem regionalen Markt ermittelt habe. Dies gelte auch dann, wenn es sich beim Geschädigten um ein Unternehmen handele, welches sich mit dem An- und Verkauf von (auch gebrauchten) Kraftfahrzeugen befasse und damit im Hinblick auf die Bewertung der konkreten Preissituation eine höhere Kompetenz als eine geschädigte Privatperson innehaben dürfte. Denn diese vermeintlich höhere Fachkompetenz sei kein zulässiger Anknüpfungspunkt dafür, dem Geschädigten im Rahmen von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eine weitergehende Pflicht zur Recherche und Preisermittlung bei der Verwertung des Fahrzeugs aufzuerlegen. Da die Preisermittlung auch im Falle des geschädigten "Otto Normalverbrauchers" nicht durch den Geschädigten selbst, sondern durch den fachkundigen Sachverständigen erfolge, sei nicht erkennbar, warum erhöhte Sachkunde des Geschädigten zu einem anderen Prüfungsmaßstab führen sollte. Darüber hinaus sei auch zweifelhaft, ob die Klägerin als im Autohandel gewerblich tätiges Unternehmen tatsächlich über eine solche, dem "Otto Normalverbraucher" fehlende, Fachkunde verfüge. Denn die Recherche im Internet sei einer Vielzahl von Privatpersonen in gleicher Weise möglich; sie könne in jedem Fall - bei entsprechendem Auftrag durch den privaten Geschädigten - ohne Weiteres durch den beauftragten Sachverständigen durchgeführt und der Restwertermittlung zugrunde gelegt werden. Gerade eine dahingehende Pflicht werde in der Rechtsprechung des BGH jedoch abgelehnt, so dass es widersprüchlich sei, sie von einem im Kfz-Handel tätigen oder erfahrenen Geschädigten zu fordern.

Rz. 6

Zwar habe der erkennende Senat seine Auffassung zuletzt (Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953) vorrangig mit der Erwägung begründet, es müsse einem Geschädigten möglich sein, das Fahrzeug einer ihm vertrauten Vertragswerkstatt oder einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb eines Ersatzwagens in Zahlung zu geben. Auch sei im Streitfall eine solche Inzahlunggabe von Seiten der Klägerin nicht erfolgt. Doch ergebe sich aus der genannten Entscheidung, dass es auf die Abwicklung des Schadens im konkreten Fall nicht ankomme.

Rz. 7

Die Klägerin sei auch nicht gehalten gewesen, mit der Verwertung des Unfallfahrzeugs zuzuwarten, bis ihr von Seiten der Beklagten ein höheres Angebot vorgelegt worden wäre. Jedenfalls vor dem Hintergrund der erfolgten Kenntnisgabe des ermittelten Restwerts sei es Aufgabe der Beklagten gewesen, rechtzeitig an die Klägerin heranzutreten und ihr vermeintlich bessere Verwertungsmöglichkeiten nachzuweisen oder, sofern ihr dies zeitlich nicht möglich gewesen sein sollte, um ein Zuwarten von einigen Tagen zu bitten.

II.

Rz. 8

Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Prüfung im Ergebnis nicht stand. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Ersatz weitergehenden Sachschadens nicht zu (§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 287 ZPO).

Rz. 9

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Geschädigte eines Verkehrsunfalls in der Regel nicht verpflichtet ist, bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs die Angebote räumlich entfernter Interessenten einzuholen, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen oder dem Schädiger Gelegenheit zum Nachweis höherer Restwertangebote zu geben.

Rz. 10

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats leistet der Geschädigte eines Verkehrsunfalls dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Allgemeinen Genüge, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeugs zu dem Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 9; v. 1.6.2010 - VI ZR 316/09, NJW 2010, 2722 Rz. 7). Der Geschädigte ist weder verpflichtet, über die Einholung des Sachverständigengutachtens hinaus eigene Marktforschung zu betreiben und dabei die Angebote auch räumlich entfernter Interessenten einzuholen (BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 9; v. 7.12.2004 - VI ZR 119/04, NJW 2005, 357, 358, juris Rz. 16; v. 6.4.1993 - VI ZR 181/92, NJW 1993, 1849, 1851, juris Rz. 15) oder einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen (BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 9, 13; v. 1.6.2010 - VI ZR 316/09, NJW 2010, 2722 Rz. 7), noch ist er gehalten abzuwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und ggf. bessere Restwertangebote zu übermitteln (BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 9, 12; vgl. BGH, Urt. v. 6.4.1993 - VI ZR 181/92, NJW 1993, 1849, 1851, juris Rz. 16).

Rz. 11

b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der an seiner jüngsten Entscheidung (BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953) geäußerten Kritik (Figgener, NJW 2017, 955; Scholten, SVR 2017, 451; Wenker, juris PR-VerkR 2/2017 Anm. 1; zuvor schon Lemcke, r+s 2016, 267) grundsätzlich fest.

Rz. 12

Vorrangiger Grund für die Entscheidung, bei der Ermittlung des Restwerts grundsätzlich maßgeblich auf den regionalen Markt abzustellen, ist dabei weiterhin die Überlegung, dass es einem Geschädigten möglich sein muss, das Fahrzeug einer ihm vertrauten Vertragswerkstatt oder einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb des Ersatzwagens in Zahlung zu geben (BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 13, vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2009 - VI ZR 205/08, NJW 2009, 1265 Rz. 9; v. 21.1.1992 - VI ZR 142/91, NJW 1992, 903, juris Rz. 13). Das für den Kauf eines Ersatzfahrzeugs unter Inzahlunggabe des Unfallwagens notwendige persönliche Vertrauen wird der Geschädigte ohne Nachforschungen, zu denen er nicht verpflichtet ist, aber typischerweise nur ortsansässigen Vertragswerkstätten und Gebrauchtwagenhändlern, die er kennt oder über die er ggf. unschwer Erkundigungen einholen kann, entgegenbringen, nicht aber erst über das Internet gefundenen, jedenfalls ohne weitere Nachforschungen häufig nicht ausschließbar unseriösen Händlern und Aufkäufern (BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 13).

Rz. 13

Die Möglichkeit, über die Inanspruchnahme von Internet-Restwertbörsen einen höheren Restwert zu realisieren, was je nach Haftungsquote und in Rede stehenden (Rest-)Werten auch für den Geschädigten selbst vorteilhaft sein kann (vgl. Lemcke, r+s 2016, 267, 268; Figgener, NJW 2017, 955 f.), bleibt dabei unberührt (zur Anrechenbarkeit des höheren Restwerts in diesem Fall s. BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 9; v. 7.12.2004 - VI ZR 119/04, NJW 2005, 357, 358, juris Rz. 17 f.).

Rz. 14

Entgegen der Auffassung der Revision besteht auch weiterhin kein Anlass, dem Geschädigten zumindest aufzuerlegen, dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor dem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs die Möglichkeit einzuräumen, ihm höhere Restwertangebote zu übermitteln. Der Gesetzgeber hat dem Geschädigten in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Möglichkeit eingeräumt, die Behebung des Schadens gerade unabhängig vom Schädiger in die eigenen Hände zu nehmen und in eigener Regie durchzuführen (BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 12; vgl. BGH, Urt. v. 18.3.2014 - VI ZR 10/13, NJW 2014, 2874 Rz. 29; v. 20.10.2009 - VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rz. 13; v. 6.4.1993 - VI ZR 181/92, NJW 1993, 1849, 1850, juris Rz. 13). Diese gesetzgeberische Grundentscheidung würde unterlaufen, sähe man den Geschädigten schadensrechtlich grundsätzlich für verpflichtet an, vor der von ihm beabsichtigten Schadensbehebung Alternativvorschläge des Schädigers einzuholen und diesen dann ggf. zu folgen. Der Schädigerseite bleibt es im Übrigen, worauf der Senat bereits hingewiesen hat (BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 12), unbenommen, im Rahmen einer möglichst frühzeitigen Kontaktaufnahme etwa durch wirtschaftliche Anreize darauf hinzuwirken, dass der Geschädigte die Verwertung des beschädigten Fahrzeugs freiwillig in die Hände des Haftpflichtversicherers legt, oder zu versuchen, dem Geschädigten auch ohne dessen Mitwirkung rechtzeitig eine günstigere Verwertungsmöglichkeit zu unterbreiten, die dieser ohne Weiteres wahrnehmen kann und die ihm zumutbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 1.6.2010 - VI ZR 316/09, NJW 2010, 2722 Rz. 9 f.; weiterführend hierzu Huber, NZV 2017, 153, 157).

Rz. 15

2. Etwas anderes gilt aber dann, wenn es sich beim Geschädigten - wie hier bei der Klägerin - um ein Unternehmen handelt, welches sich jedenfalls auch mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen befasst (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2018, 2964 Rz. 49 ff., juris Rz. 52 ff. zum Kfz-Leasingunternehmen).

Rz. 16

a) Nach ständiger Senatsrechtsprechung steht auch die Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Das bedeutet, dass der Geschädigte bei der Schadensbehebung gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich den wirtschaftlichsten Weg zu wählen hat. Das Wirtschaftlichkeitspostulat gilt daher auch für die Frage, in welcher Höhe der Restwert des Unfallfahrzeugs bei der Schadensabrechnung berücksichtigt werden muss. Denn auch bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs muss sich der Geschädigte im Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft halten (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 8; v. 1.6.2010 - VI ZR 316/09, NJW 2010, 2722 Rz. 6 m.w.N.). Das beruht auf dem Gedanken, dass er bei der Ersatzbeschaffung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB nur den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangen kann (BGH, Urt. v. 30.11.1999 - VI ZR 219/98, BGHZ 143, 189, 193, juris Rz. 23).

Rz. 17

Freilich gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht absolut, sondern nur im Rahmen des dem Geschädigten Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 8; v. 1.6.2010 - VI ZR 316/09, NJW 2010, 2722 Rz. 6 m.w.N.). Nimmt der Geschädigte nach Beschädigung seines Fahrzeugs die Schadensbehebung gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB selbst in die Hand, ist der zur (Wieder-)Herstellung erforderliche Aufwand folglich nach der besonderen Situation zu bemessen, in der sich der Geschädigte befindet. Es ist also Rücksicht auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten (vgl. etwa BGH, Urt. v. 20.12.2016 - VI ZR 612/15, NJW-RR 2017, 918 Rz. 12; v. 15.10.2013 - VI ZR 471/12, VersR 2013, 1544 Rz. 28 ff. und VI ZR 528/12, NZV 2014, 163 Rz. 29 ff., jeweils zu der besonderen Expertise einer mit Fachleuten besetzten Fachbehörde in den sog. Straßenreinigungsfällen) sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Diese subjektbezogene Schadensbetrachtung gilt auch für die Frage, in welcher Höhe dem Geschädigten im Hinblick auf die ihm in seiner individuellen Lage mögliche und zumutbare Verwertung seines Unfallfahrzeugs ein Schaden entstanden ist (s. zum Ganzen: BGH, Urt. v. 13.1.2008 - , NJW 2009, 1265 Rz. 9 m.w.N.; vgl. BGH, Urt. v. 21.1.1992 - VI ZR 142/91, NJW 1992, 903, juris Rz. 13).

Rz. 18

Die subjektbezogene Schadensbetrachtung bedeutet dabei nicht, dass eine unangemessene Verwertung erst unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB zu prüfen wäre; die Schadensersatzpflicht besteht vielmehr von vornherein nur insoweit, als sich die Verwertung im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft hält (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1991 - VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364, 369, juris Rz. 13; v. 24.4.1990 - VI ZR 110/89, BGHZ 111, 168, 178, juris Rz. 22).

Rz. 19

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Klägerin, die ein Autohaus betreibt und sich selbst jedenfalls auch mit dem An- und Verkauf von Gebrauchtwagen befasst, die Inanspruchnahme des Restwertmarktes im Internet und die Berücksichtigung dort abgegebener Kaufangebote ohne Weiteres zuzumuten. Für die auf diesem Gebiet gewerblich tätige Klägerin stellt es keine unzumutbare Mühe dar, die zugehörigen Internetseiten aufzurufen und ihr Angebot einzustellen. Es ist in der Situation der Geschädigten vielmehr wirtschaftlich objektiv unvernünftig, im Rahmen der Schadensabwicklung eine Verwertungsmöglichkeit ungenutzt zu lassen, die im Rahmen des eigenen Gewerbes typischerweise ohne Weiteres genutzt wird. Die Klägerin ist auch nicht in dem Sinne schutzbedürftig, als es ihr möglich sein müsste, das Unfallfahrzeug bei einer ihr vertrauten Vertragswerkstatt oder einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb des Ersatzwagens in Zahlung zu geben. Damit entfällt von vornherein der vom Senat auf die Regelfallgruppe des nicht gewerblich mit der Verwertung eines Gebrauchtwagens befassten Verkehrsunfallgeschädigten bezogene und insoweit als "vorrangig" (BGH, Urt. v. 27.9.2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953 Rz. 13) erachtete, diese Senatsrechtsprechung im Allgemeinen - und unabhängig von der Frage, ob der Geschädigte im Einzelfall auch entsprechend verfährt (Senat, a.a.O.) - tragende Grund.

Rz. 20

c) Unter den Umständen des Streitfalls bietet das von der Klägerin vorgelegte Schadensgutachten, das lediglich die Restwertangebote regionaler Anbieter ohne Einbeziehung von Angeboten räumlich entfernter Interessenten, auch über das Internet, berücksichtigt, folglich keine geeignete Grundlage für die Klageforderung. Indem die Klägerin den Restwert auf der Basis dieses Gutachtens realisiert hat, ohne ein ihren besonderen individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten Rechnung tragendes Gutachten einzuholen, hat sie das Risiko übernommen, dass sich der erzielte Erlös später als zu niedrig erweist (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.2009 - , NJW 2010, 605 Rz. 9).

III.

Rz. 21

Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Revisionserwiderung räumt ein, dass beide ermittelten Restwerte - bezogen auf den jeweiligen Referenzmarkt - gleichermaßen zutreffen. Weitere Feststellungen sind vor diesem Hintergrund im Falle einer Zurückverweisung nicht zu erwarten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13364709

BB 2019, 1921

NJW 2019, 3139

NJW 2019, 9

DAR 2019, 566

DAR 2020, 309

JZ 2019, 650

MDR 2019, 1126

NZV 2020, 84

VRS 2019, 225

VersR 2019, 1235

ZfS 2019, 562

NJW-Spezial 2019, 553

VRR 2019, 9

r+s 2019, 539

ACE-VERKEHRSJURIST 2019, 7

UE 2019, 1

UE 2019, 7

UE 2020, 11

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