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Der Bekl. stand nach der Entwendung ihres Fahrzeuges aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. Ziff. A.2.6.1a und e der AKB (…) ein Anspruch auf Zahlung des Wiederbeschaffungswertes i.H.v. 19.902,44 EUR netto zu.

Darüber hinaus stand der Bekl. gem. Ziffer A.2.6.5 AKB ein Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer zu, da diese tatsächlich angefallen war. Insoweit ist es unerheblich, ob die Bekl. ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug, mithin ein gebrauchtes Fahrzeug, erwarb oder ein Neufahrzeug. Entscheidend ist ausschließlich, dass tatsächlich Mehrwertsteuer angefallen war.

In welcher Höhe die Mehrwertsteuer zu erstatten ist, mithin ob ein Anspruch auf Zahlung der Mehrwertsteuer i.H.v. 19 % oder lediglich ein Anspruch auf Zahlung der Differenzsteuer gem. § 25a UStG besteht, ergibt sich aus Ziffer A.2.6.5 AKB hingegen nicht. Vielmehr ist entsprechend Ziffer A. 2.6.1e auch insoweit abzustellen auf den Preis, den die Bekl. für den Kauf eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeuges am Tag des Schadensereignisses hätte bezahlen müssen.

Vorliegend kann dahinstehen, ob der Auffassung zu folgen ist, nach der jedenfalls in den Fällen, in denen der Versicherungsnehmer wie hier ein regelbesteuertes Ersatzfahrzeug erwirbt, also in der Rechnung die Mehrwertsteuer mit (derzeit) 19 % ausgewiesen wurde, der Versicherungsnehmer den Netto-Wiederbeschaffungswert zzgl. des in der Rechnung konkret enthaltenen Mehrwertsteueranteils erhält und nur in den Fällen, in denen Ersatzbeschaffung unterblieben ist, zu klären ist, ob ein gleichwertiges Fahrzeug regel- oder differenzbesteuert hätte erworben werden können (so wohl Koch in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2018, A.2 Kaskoversicherung – für Schäden an Ihrem Fahrzeug, Rn 568–571).

Denn auch dann, wenn man darauf abstellt, dass bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes immer der tatsächlich vorhandene Gebrauchtwagenmarkt zu berücksichtigen ist und jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen ist, ob der Schadensausgleich durch Erwerb eines differenzbesteuerten Fahrzeuges möglich gewesen wäre, bestünde im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer i.H.v. 19 %.

Denn die Kl. hat als Bereicherungsgläubigerin die Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich die Voraussetzungen des Anspruchs ergeben, mithin vorliegend, dass es der Bekl. zumutbar war, ein “lediglich' differenzbesteuertes Fahrzeug zu erwerben, so dass sie die gezahlte Mehrwertsteuer ohne Rechtsgrund erhielt. Dies hat die Kl. bereits nicht hinreichend dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen.

Zwar hat der SV F der E GmbH in seinem Gutachten vom 16.4.2018 ausgeführt, dass vergleichbare Fahrzeuge überwiegend differenzbesteuert angeboten werden würden. Konkrete Anhaltspunkte, woraus sich diese Einschätzung ergibt, werden vom SV jedoch nicht mitgeteilt.

Dieser Einschätzung steht jedenfalls die Bewertung des SV R. vom 23.1.2018 entgegen, wonach die Besteuerungsart mit Regelbesteuerung angegeben wird. Auch hier erfolgte zwar keine konkrete Begründung, jedoch der Hinweis, dass die Wertermittlung auf Basis des Marktspiegels erfolgt sei. Zudem hat der SV in seinem Gutachten vom 6.3.2018 die Grundlage seiner Marktrecherche angegeben, wonach 37 % differenzbesteuert und 63 % der Fahrzeuge regelbesteuert angeboten werden.

Dass es der Bekl. ausgehend von diesen Zahlen innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich und auch zumutbar war, ein regelbesteuertes Fahrzeug zu erwerben, hat die Kl. nicht hinreichend dargelegt und bewiesen. Zum einen war es der Kl. selbst (…) nicht möglich, überhaupt ein vergleichbares Ersatzfahrzeug anzubieten. Auch die von der Bekl. eingeholten Angebote wiesen entweder relevante Abweichungen vom abhandengekommenen Fahrzeug auf oder waren deutlich teurer als der vom SV angegebene Wiederbeschaffungswert. Damit hat weder die Kl. (…) noch die Bekl. innerhalb eines Zeitraums von fast drei Monaten ein Fahrzeug auffinden können, welches mit ca. 20.400 EUR (differenzbesteuert) angeboten worden wäre. Damit war die Bekl. berechtigt, ein Fahrzeug mit einem Mehrwertsteueranteil von 19 % zu erwerben. Diese ist zwar nur beschränkt [darauf,] den vom SV ermittelten Netto-Wiederbeschaffungswert von 19.902,44 EUR zu ersetzen und nicht in Höhe des tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuersatzes. Die Kl. hat jedoch auch nur diesen Mehrwertsteueranteil an die Bekl. überwiesen, so dass kein Rückzahlungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB besteht. …“

zfs 3/2020, S. 153 - 154

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