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BGH Urteil vom 21.09.2000 - I ZR 143/98 (veröffentlicht am 21.09.2000)

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Leitsatz (amtlich)

a) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Dienstleistungen ist nicht auf die Verkehrsvorstellung über die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen abzustellen, sondern in erster Linie auf die Vorstellung des Verkehrs über Art und Zweck der Dienstleistung, d.h. den Nutzen für den Empfänger der Dienstleistung.

b) Orientiert sich auf einem Dienstleistungsbereich (hier: Veranstaltung und Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programmen über drahtlose oder drahtgebundene Netze, Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion) der Verkehr bei aus einem bekannten Unternehmenskennzeichen und einer weiteren Bezeichnung zusammengesetzten Marken erfahrungsgemäß nicht an der Unternehmensbezeichnung, sondern an dem weiteren Bestandteil, ist von der Prägung des Gesamteindrucks derartiger Marken durch diese eigentliche Dienstleistungsbezeichnung auszugehen.

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 03.02.1998; Aktenzeichen 5 U 1605/97)

LG Berlin (Urteil vom 07.01.1997; Aktenzeichen 16 O 286/96)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 3. Februar 1998 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin der am 10. Dezember 1993 angemeldeten und am 10. Februar 1994 eingetragenen Marke Nr. 2 056 640 „Wintergarten”, die unter anderem für „Theateraufführung, Musikdarbietung, Werbung oder Rundfunk- und Fernsehwerbung, Kinowerbung” Schutz genießt. Die Klägerin betreibt das „Wintergarten Varieté-Theater” in Berlin, das seit dem 26. September 1992 ununterbrochen bespielt wird und in mehr als 1000 Shows von über 600.000 Gästen besucht worden ist. Das Theater knüpft an die Tradition des alten 1880 im Zentralhotel an der Friedrichstraße in Berlin begründeten „Wintergartens” an. Über seine Programme ist in Werbebroschüren, Zeitungen, Zeitschriften und im Fernsehen bundesweit berichtet worden. In dem Theatersaal wurden verschiedene Fernsehsendungen produziert.

Die Beklagte, eine öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt, ist Inhaberin der am 12. Januar 1994 angemeldeten und am 17. Januar 1995 eingetragenen Marke Nr. 2 090 158 „ZDF-Wintergarten”, die – soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung – für die Dienstleistungen „Veranstaltung und Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programmen über drahtlose oder drahtgebundene Netze, Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion” Schutz genießt.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Zeichen der Parteien seien verwechselbar, zumal sie teilweise identisch seien. Der Zusatz „ZDF” weise lediglich auf den Betrieb hin und schließe die Ähnlichkeiten nicht aus, da prägend der Bestandteil „Wintergarten” sei. Auch die Dienstleistungen seien identisch, jedenfalls aber ähnlich.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen,

    im Bereich der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Klägerin das Zeichen „ZDF-Wintergarten” im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit Veranstaltung und Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programmen über drahtlose und drahtgebundene Netze, Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktionen zu benutzen, insbesondere das vorstehend bezeichnete Zeichen auf den vorstehend bezeichneten Waren oder ihrer Aufmachung und Verpackung anzubringen, unter dem vorstehend bezeichneten Zeichen die vorstehend wiedergegebenen Waren und Dienstleistungen anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen oder auszuführen und schließlich das vorstehend bezeichnete Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen;

  2. die Beklagte zu verurteilen, in die Löschung der für die Waren Veranstaltung und Verbreitung von Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programmen über drahtlose und drahtgebundene Netze, Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktionen am 12. Januar 1994 beim Deutschen Patentamt angemeldeten und am 17. Januar 1995 in die Markenrolle beim Patentamt eingetragenen Marke Nr. 2 090 158 „ZDF-Wintergarten” gegenüber dem Deutschen Patentamt einzuwilligen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat eine Verwechslungsgefahr in Abrede gestellt, da dem Publikum außerhalb Berlins das Etablissement der Klägerin nicht bekannt sei. Sie hat behauptet, die Marke werde von mehr als 100 Unternehmen, zum Beispiel auch im Gastronomiegewerbe, verwendet; sie besitze keine prägende Kraft mehr. Der Schwerpunkt ihres Zeichens liege wegen dessen überragender Bekanntheit bei dem Bestandteil „ZDF”. Eine Prägung erhalte das Zeichen auch durch die Bekanntheit der im Sommer ausgestrahlten Sendung „ZDF-Fernsehgarten”. Hinsichtlich der Dienstleistungen bestehe keine Ähnlichkeit, da Hörfunk- und Fernsehsendungen von Fernsehveranstaltern, nicht aber von Varieté-Theatern erbracht würden.

Das Landgericht hat, soweit nicht die Parteien wegen eines Teils der ursprünglich geltend gemachten Ansprüche den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, die Klage abgewiesen.

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ergänzend zum Hauptantrag zu 1 beantragt,

  • hilfsweise,
  • die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, eine Unterhaltungssendung unter dem Titel „ZDF-Wintergarten” zu veranstalten und/oder auszustrahlen und/oder anzukündigen und/oder zu bewerben;
  • weiter hilfsweise,
  • die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im Großraum Berlin das Zeichen „ZDF-Wintergarten” im Zusammenhang mit der Veranstaltung und Verbreitung von unterhaltenden Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programmen über drahtlose oder drahtgebundene Netze sowie für Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktionen zu benutzen, insbesondere das vorstehend bezeichnete Zeichen auf diesen Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter diesem Zeichen die vorstehend wiedergegebenen Waren und Dienstleistungen anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen oder auszuführen sowie schließlich das vorstehend bezeichnete Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen.

Die Berufung ist erfolglos geblieben.

Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat markenrechtliche und wettbewerbsrechtliche Ansprüche verneint und dazu ausgeführt:

Der Unterlassungsanspruch folge nicht aus § 14 Abs. 1 MarkenG. Diese Bestimmung gewähre durch die Zuerkennung eines Ausschließlichkeitsrechts dem Markeninhaber zwar u.a. ein Verbietungsrecht, die Voraussetzungen hierfür ergäben sich jedoch aus § 14 Abs. 2 MarkenG, die im Streitfall nicht gegeben seien.

Weil die angegriffene Kennzeichnung nicht nur aus der Klagemarke bestehe, sondern einen weiteren Bestandteil aufweise, sei auch der Kollisionstatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels Zeichenidentität nicht erfüllt.

Weiter fehle es an einer Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Diese sei trotz leicht gesteigerter Kennzeichnungskraft der Klagemarke wegen der geringen Markenähnlichkeit und der noch geringeren Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen nicht gegeben. Unterstelle man zugunsten der Klägerin, daß das von ihr betriebene Varieté-Theater tatsächlich 20 % der Gesamtbevölkerung bekannt sei, folge daraus eine leicht gesteigerte Kennzeichnungskraft, die berücksichtigt werden müsse. Die Marke sei nicht geschwächt. Die Beklagte habe nicht dargelegt, daß in erheblichem Umfang identische oder ähnliche Zeichen auf dem gleichen oder einem benachbarten Warengebiet benutzt würden. Es reiche nicht aus, daß die Marke auf ähnlichen Dienstleistungsgebieten, etwa bei der Beherbergung und Verpflegung von Gästen verwendet werde.

Die Markenähnlichkeit sei nur gering. Es sei auf den Gesamteindruck der jeweiligen Marke abzustellen. Dieser werde hinsichtlich der angegriffenen Marke maßgeblich durch den Bestandteil „ZDF” geprägt, der einen extrem hohen Bekanntheitsgrad aufweise und deshalb von den angesprochenen Verkehrskreisen als wesentlich empfunden werde. Die Kennzeichnung „ZDF” deute auf Eigenproduktionen der Beklagten hin und lasse nicht den Eindruck aufkommen, die Sendung übernehme eine Produktion der Klägerin. Dem stehe nicht entgegen, daß tatsächlich in der Presse in einem Kurzhinweis darauf hingewiesen worden sei, „Wintergarten” werde im ZDF ausgestrahlt. Eine Verwechslungsgefahr sei ausgeschlossen, da der Zusatz des Unternehmenskennzeichens „ZDF” im Verkehr eine für jedermann erkennbare Klarstellung der Herkunft der Dienstleistungen bedeute. Auch die Gefahr einer gedanklichen Verbindung könne nicht aufkommen.

Die Dienstleistungen, die die Parteien erbrächten, wiesen allenfalls eine ganz geringe Ähnlichkeit auf; es bestünden keine so engen Berührungspunkte, daß die beteiligten Verkehrskreise sie im Hinblick auf ihre regelmäßige betriebliche Herkunft demselben Unternehmen zuordnen könnten, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet seien.

Der Klägerin stehe auch kein Unterlassungsanspruch zur Abwehr unerwünschter Rufausbeutung aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG oder § 1 UWG zu. Ebensowenig sei ein Anspruch aus § 3 UWG gegeben; es sei nicht anzunehmen, daß ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehe, daß es sich bei der Sendung „ZDF-Wintergarten” um eine Übertragung einer Show aus ihrem Varieté-Theater handele.

Der geltend gemachte Löschungsanspruch teile, weil die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 MarkenG ebensowenig gegeben seien, das Schicksal des Unterlassungsanspruchs.

II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Allerdings hat das Berufungsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Ansprüche aus § 14 Abs. 1 und § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verneint.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß § 14 Abs. 1 MarkenG keine Anspruchsgrundlage darstellt. Die Bestimmung ordnet den in § 4 MarkenG nicht näher definierten Markenschutz als ein subjektives und ausschließliches Recht dem Inhaber der Marke zu (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 Rdn. 8). Der konkrete Inhalt, insbesondere die aus dem Ausschließlichkeitsrecht fließenden Ansprüche im einzelnen sind in § 14 Abs. 2 und § 9 Abs. 1 MarkenG geregelt. Ohne Erfolg nimmt die Revision die von der Klägerin schon in den Instanzen unter Berufung auf eine im Schrifttum vertretene Meinung (Tilmann, GRUR 1996, 701, 702 f.) auf, mit § 14 Abs. 1 MarkenG verhalte es sich wie mit wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen, die sich für den unmittelbar Verletzten ohne eine ausdrückliche Regelung – § 13 Abs. 2 UWG beziehe sich lediglich auf andere Anspruchsteller – aus den konkreten Vorschriften (etwa §§ 1, 3 UWG) ergäben. Eine den Vorschriften des Markengesetzes über die Verletzung des Markenrechts vergleichbare Regelung ist im Wettbewerbsrecht nicht gegeben. Die von der Revision angesprochene Sachbefugnis des unmittelbar Verletzten im Wettbewerbsrecht hat mit der Zuordnung besonderer Ansprüche durch § 14 Abs. 1 MarkenG nichts zu tun. Eine Parallele läßt sich auch schon deshalb nicht ziehen, weil die markengesetzliche Regelung auf den Vorschriften der Markenrechtsrichtlinie beruht, also nicht ohne weiteres nach allgemeinen nationalen Rechtsregeln, sondern in erster Linie aus der Richtlinie heraus auszulegen ist.

b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht des weiteren Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verneint. Abgesehen davon, daß es an Warenidentität fehlt – und somit schon deshalb ein Anspruch aufgrund dieser Vorschrift ausscheidet –, hat das Berufungsgericht zutreffend auch eine Markenidentität verneint. Das ergibt sich aus dem unmittelbaren Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen und bedarf keiner weiteren Erläuterung.

2. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche auch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG versagt. Das erweist sich als nicht frei von Rechtsfehlern.

Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht ersichtlich davon ausgegangen, daß die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daß ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; zuletzt: BGH, Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 610 = WRP 2000, 529, 531 – ARD-1; Urt. v. 13.1.2000 – I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 – ATTACHÉ/TISSERAND, jeweils m.w.N.).

a) Bezüglich der Dienstleistungsähnlichkeit ist das Berufungsgericht – von der Revision im einzelnen nicht in Zweifel gezogen – davon ausgegangen, daß die Parteien Dienstleistungen erbringen, die eine geringe Ähnlichkeit aufweisen. Das kann im Ergebnis nicht beanstandet werden. Allerdings hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung wesentlich auf die regelmäßige betriebliche Herkunft der in Betracht zu ziehenden Dienstleistungen abgestellt. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht beigetreten werden. Maßgeblich für die Annahme einer Dienstleistungsähnlichkeit ist nicht zuletzt angesichts der fehlenden Körperlichkeit von Dienstleistungen in erster Linie Art und Zweck der Dienstleistung (vgl. Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 24 Rdn. 393), d.h. der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistung (vgl. Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 9 Rdn. 66) und allenfalls noch die Vorstellung des Verkehrs, daß die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortung erbracht werden (vgl. BGH, Beschl. v. 21.1.1999 – I ZB 15/94, GRUR 1999, 731, 732 = WRP 1999, 928 – Canon II; Beschl. v. 26.11.1998 – I ZB 18/96, GRUR 1999, 496, 498 = WRP 1999, 528 – TIFFANY).

b) Bezüglich der Kennzeichnungskraft der Klagemarke hat das Berufungsgericht ausgeführt, es gehe zugunsten der Klägerin davon aus, daß die Klagemarke eine leicht gesteigerte Kennzeichnungskraft aufweise, wenn zu ihren Gunsten angenommen werde, daß das von ihr betriebene Varieté-Theater tatsächlich 20 % der Gesamtbevölkerung bekannt sei. Das greift die Revision als ihr günstig nicht an. Die Feststellung ist – ungeachtet der Gegenrüge der Revisionserwiderung, für den maßgeblichen Kollisionszeitpunkt, den Anmeldetag des angegriffenen Zeichens der Beklagten habe die Klägerin nicht einmal die unterstellte Bekanntheit behauptet – im Revisionsverfahren der Beurteilung zugrunde zu legen.

c) Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist das Berufungsgericht zutreffend von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz ausgegangen, daß auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken abzustellen ist (BGH GRUR 2000, 608, 610 – ARD-1). Dabei ist der Gesamteindruck des jüngeren Zeichens unabhängig von der konkreten Kollisionslage allein anhand der Gestaltung der Marke selbst zu beurteilen; auf die Frage, wie die Marken Dritter gestaltet sind, kommt es dabei grundsätzlich nicht an (BGH, Beschl. v. 8.7.1999 – I ZB 49/96, GRUR 2000, 233, 235 = WRP 2000, 173 – RAUSCH/ELFI RAUCH).

Das Berufungsgericht hat den Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht rechtsfehlerfrei bestimmt. Es ist davon ausgegangen, daß die Marke der Beklagten wesentlich durch ihren Bestandteil „ZDF” geprägt werde, weil dieser einen extrem hohen Bekanntheitsgrad habe und deshalb von den angesprochenen Verkehrskreisen als wesentlich empfunden werde. Ebenso wie auf dem Modesektor sei der Verkehr auch in der Unterhaltungsbranche daran gewöhnt, daß innerhalb von Marken und Titeln in zunehmendem Maße auf die Herkunft von einem bestimmten Sender hingewiesen werde.

Bei dieser Beurteilung hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Publikum, sofern in einer Marke auch ein bekanntes Unternehmenskennzeichen enthalten ist, regelmäßig nicht nach dem Namen des Herstellers unterscheidet, sondern seine Aufmerksamkeit zur Individualisierung der Ware oder Dienstleistung auf die sonstigen Merkmale zeichenmäßiger Kennzeichnung richtet (BGH, Beschl. v. 14.3.1996 – I ZB 36/93, GRUR 1996, 404, 405 = WRP 1996, 739 – Blendax Pep; Beschl. v. 14.3.1996 – I ZB 37/93, GRUR 1996, 406, 407 = WRP 1997, 567 – JUWEL; Beschl. v. 10.7.1997 – I ZB 6/95, GRUR 1997, 897, 898 = WRP 1997, 1186 – IONOFIL; Beschl. v. 4.2.1999 – I ZB 38/96, GRUR 1999, 583, 584 = WRP 1999, 662 – LORA DI RECOARO). Die Annahme des Berufungsgerichts, der Verkehr orientiere sich nicht nur in der Modebranche in erster Linie an dem hinter einer Marke stehenden Unternehmen (BGH GRUR 1996, 406, 407 – JUWEL), sondern sei auch in der Unterhaltungsbranche daran gewöhnt, daß innerhalb von Marken und Titeln in zunehmendem Maße auf die Herkunft von einem bestimmten Sender hingewiesen werde, stimmt jedenfalls im Grundsatz mit der Lebenserfahrung nicht überein. Mit Recht weist die Revision darauf hin, daß Fernsehsendungen – auch Eigenproduktionen der einzelnen Sender – in aller Regel allein mit dem Sendungstitel bezeichnet werden (z.B. heute-journal, Tagesthemen, Frontal, Report, Sport-Studio o.ä.), ohne daß die Bezeichnung des Sendeunternehmens hinzugesetzt wird, sich das Publikum also grundsätzlich an dem eigentlichen Sendungstitel orientiert. Demnach ist auch hier mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, daß der Gesamteindruck der angegriffenen Bezeichnung durch den Bestandteil „Wintergarten” geprägt wird, so daß eine große Markenähnlichkeit mit der Klagemarke gegeben ist.

d) Danach kann auf der Grundlage der bisher festgestellten Tatsachen eine Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Kennzeichnung nicht verneint werden. Das Berufungsgericht wird im neu eröffneten Berufungsverfahren den zwischen den Parteien umstrittenen Grad der Kennzeichnungskraft der Klagemarke sowie den genauen Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Dienstleistungen festzustellen, und alsdann die Frage einer Verwechslungsgefahr erneut zu beantworten haben.

3. Ebenso wie eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG derzeit nicht verneint werden kann, kann auch die Frage einer Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG noch nicht abschließend beurteilt werden, auf die es im Zusammenhang mit der Frage der Löschungsreife der angegriffenen Kennzeichnung ankommt, weil die Rechtsverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG in ihren Voraussetzungen derjenigen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ebenso gleich zu erachten ist, wie diejenige im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL (EuGH, Urt. v. 22.6.2000 – Rs. C-425/98, MarkenR 2000, 255, 257 Tz. 25 ff. – Marca Mode/Adidas).

4. Bei dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand, nach dem noch Feststellungen zur Bekanntheit der Klagemarke getroffen werden müssen, erübrigen sich Ausführungen zu den geltend gemachten Ansprüchen wegen Rufausbeutung im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG ebenso wie zu den in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Anträgen.

III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant, Schaffert

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 21.09.2000 durch Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 512433

DB 2001, 812

BGHR 2001, 51

BGHR

NJW-RR 2001, 1192

GRUR 2001, 164

Nachschlagewerk BGH

ZAP 2001, 10

WRP 2001, 165

MarkenR 2001, 31

Mitt. 2001, 39

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