Rz. 5

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des anzurufenden Gerichts ist in § 50 FamFG geregelt.[8]

Weitere Zuständigkeitsregelungen für besondere Verfahren finden sich in § 98 ff. FamFG (internationale Zuständigkeit)[9] und § 122 FamFG (Scheidungssachen und Verbund). Für den zu stellenden Antrag ist demnach das Gericht zuständig, welches für die Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre. Dies betrifft also die Fälle, in denen ein Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig ist. Existiert bereits ein Hauptsacheverfahren, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Gericht einzureichen, bei welchem das Hauptsacheverfahren anhängig ist. Befindet sich die Sache bereits beim Beschwerdegericht, ist für den dann gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung das Beschwerdegericht zuständig. Wechselt ein Kind nach Anhängigkeit der Hauptsache den Wohnsitz und wird dann ein einstweiliges Anordnungsverfahren zum Unterhalt anhängig gemacht, stehen sich die Zuständigkeitsvorschriften nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG und § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG gegenüber mit der Folge, dass aus letzterer Vorschrift auch der Vorrang gegenüber § 50 FamFG abgeleitet wird und folglich die Verfahren an unterschiedlichen Gerichten geführt werden müssen.[10] § 4 FamFG greift nicht, weil diese Vorschrift für Familienstreitverfahren nicht gilt.[11]

 

Rz. 6

Bei besonderer Eilbedürftigkeit gewährt das Gesetz in § 50 Abs. 2 S. 1 FamFG einen weiteren Gerichtsstand: "in dessen Bezirk das Bedürfnis für ein gerichtliches Tätigwerden benannt wird oder sich die Person oder die Sache befindet, auf die sich die einstweilige Anordnung bezieht".[12] Dies entspricht in Teilbereichen der besonderen Zuständigkeitsregelung im einstweiligen Verfügungsverfahren (§ 942 Abs. 1 ZPO – "belegene Sache") wobei allerdings nach § 50 Abs. 2 S. 2 FamFG das tätig gewordene Amtsgericht das Verfahren ohne schuldhaftes Zögern ("unverzüglich") von Amts wegen an das nach § 50 Abs. 1 FamFG zuständige Gericht abzugeben hat, selbst wenn dort ein einstweiliges Anordnungsverfahren oder ein Hauptsacheverfahren nicht anhängig ist.

 

Rz. 7

Was das Merkmal des "besonders dringenden Fall" anbelangt, müssen über den "Normalfall" hinausreichende schwerwiegende Folgen zu befürchten sein.[13] Das dringende Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden ist erforderlich.[14]

 

Rz. 8

Ist insoweit zwischen Eingang eines Antrags bei dem in § 50 Abs. 2 S. 1 FamFG erwähnten Amtsgericht ein Hauptsacheverfahren beim Hauptsachegericht anhängig geworden, kann das Amtsgericht ("belegene Sache") den noch nicht beschiedenen Antrag an das Hauptsachegericht vor einer Entscheidung abgeben.[15]

 

Rz. 9

In Fällen, in welchen Fragen zur internationalen Zuständigkeit zu klären sind, wird die Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts nach den § 98 ff. FamFG zu klären sein. Im Übrigen sind internationale Sondervorschriften wie etwa beim Minderjährigenschutzabkommen (MSA) sowie auch im Zusammenhang mit dem Unterhalt nach der EuGVVO (Verordnung der EG Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) zu beachten.

 

Rz. 10

In §§ 122,123 FamFG finden sich neben den allgemeinen Zuständigkeitsregelungen solche zur örtlichen Zuständigkeit für das Verfahren in Ehesachen und Verbundverfahren.

[8] Zur einstweiligen Anordnung und Hauptsacheverfahren bei nicht identischem Streitgegenstand vgl. OLG Koblenz v. 6.1.2016 – 13 WF 1/16, FamRZ 2016, 1097; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1828.
[11] Vgl. Rüntz/Viefhues, FamRZ 2010 1285, 1291; Keidel, FamFG, § 50 Rn 5; Musielak/Borth, FamFG § 50 Rn 5; Vogel, FF 2011, 196, 201.
[12] Dazu ausführlich Horndasch/Viefhues/Viefhues, FamFG, § 50 Rn 8 ff.
[13] Anders/Gehle/Hartmann, § 50 FamFG Rn 3.
[14] OLG München FamRZ 2016, 245; Horndasch/Viefhues, § 49 Rn 29; Weinreich/Klein/Schwonberg, § 49 Rn 4.
[15] Vgl. Anders/Gehle/Hartmann, § 51 FamFG Rn 4.

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