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BGH Beschluss vom 26.09.2019 - IX ZB 21/19

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Leitsatz (amtlich)

Kaufpreisraten stellen sonstige Einkünfte im Sinne der Pfändungsschutzvorschriften dar.

 

Normenkette

InsO § 36 Abs. 1; ZPO § 850i Abs. 1 S. 1 Fall 2

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Beschluss vom 04.01.2019; Aktenzeichen 8 T 754/18)

AG Leipzig (Entscheidung vom 26.10.2018; Aktenzeichen 404 IN 1325/18)

 

Tenor

Dem Schuldner wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des LG Leipzig vom 4.1.2019 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der vorgenannte Beschluss aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 105.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Der Schuldner verkaufte im März 2016 einen Geschäftsanteil an einer GmbH für 1.255.000 EUR. Im Mai 2016 vereinbarten die Vertragsparteien u.a., dass vom Kaufpreis ein Teilbetrag i.H.v. 731.000 EUR in monatlichen Raten à 5.000 EUR, beginnend am 1.6.2016, zu zahlen sei. Weitere Einnahmen fließen dem Schuldner, der fünf Kinder (geboren in den Jahren 1996, 1998, 2015, 2017 und 2019) hat, nicht zu. Am 8.10.2018 wurde auf Antrag eines Gläubigers vom 10.7.2018 über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zu 1) zum Insolvenzverwalter bestellt.

Rz. 2

Der Schuldner hat mit Schriftsatz vom 28.9.2018 beantragt, ihm den unpfändbaren Anteil der laufenden Einkünfte gem. § 850i ZPO i.H.v. 2.500 EUR zu belassen und gem. § 850k Abs. 4 ZPO zu entscheiden, dass der Betrag i.H.v. 2.500 EUR auf seinem Pfändungsschutzkonto unpfändbar zu belassen sei. Das Insolvenzgericht hat die Anträge als unzulässig abgelehnt, das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner sein Begehren weiter.

II.

Rz. 3

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 574, 575 ZPO). Dem Schuldner war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren (§ 233 ZPO). Denn er war bis zur Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Senats vom 11.4.2019 ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Vornahme einer die Frist wahrenden Handlung verhindert. Der Hinderungsgrund für die Einhaltung der Rechtsbeschwerde- und Rechtsbeschwerdebegründungsfrist ist frühestens mit der Zustellung des Beschlusses des Senats am 25.4.2019 weggefallen. Die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in den Schriftsätzen vom 25.4.2019 (Rechtsbeschwerde) und vom 8.5.2019 (Rechtsbeschwerdebegründung) sind mithin in der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO gestellt worden und entsprechen der Form des § 236 ZPO.

III.

Rz. 4

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

Rz. 5

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die monatlichen Ratenzahlungen aufgrund der Veräußerung des Geschäftsanteils stellten keine Einkünfte i.S.v. § 850i ZPO dar. Für den Pfändungsschutz nach § 850i ZPO sei es erforderlich, dass für die Einkünfte eine im gleichen Zeitraum erbrachte Gegenleistung erfolgen müsse. Dies ergebe sich daraus, dass die sonstigen Einkünfte in einem Zusammenhang mit den Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten und Dienste stünden. Bei dem streitgegenständlichen Ratenzahlungsvertrag sei hingegen der Anspruch auf Leistung bereits mit Abschluss des Vertrages entstanden und werde aufgrund der nachträglich getroffenen Fälligkeitsvereinbarung erst im Laufe des Insolvenzverfahrens fällig. Es handele sich daher bei den Ratenzahlungen um Vermögen, nicht um Einkünfte.

Rz. 6

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Kaufpreisraten unterfallen § 850i ZPO.

Rz. 7

a) Nach § 35 Abs. 1 InsO fällt in die Insolvenzmasse das gesamte Vermögen des Schuldners, das ihm zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er im Laufe des Verfahrens erlangt. Nicht zur Insolvenzmasse gehören gem. § 36 Abs. 1 InsO die Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO nimmt ausdrücklich § 850i ZPO in Bezug.

Rz. 8

Nach § 850i Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht dem Schuldner auf Antrag während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, wie ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde, wenn sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, gepfändet werden, soweit dies erforderlich ist, damit dem Schuldner ein unpfändbares Einkommen in Höhe der von § 850c Abs. 1, 2a ZPO bestimmten Beträge ggf. i.V.m. §§ 850e, 850 f Abs. 1 ZPO verbleibt (BGH, Beschl. v. 27.9.2018 - IX ZB 19/18, NZI 2018, 899 Rz. 10 m.w.N.). Die Regelung will vornehmlich Einkünfte Selbständiger und generell solche aus nicht abhängiger Tätigkeit dem Pfändungsschutz zuführen (Meller-Hannich in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 850i Rz. 7). Darunter sind auch Einkünfte aus sog. kapitalistischer Tätigkeit zu rechnen, etwa aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung, auch Werklohnansprüche und Verkaufserlöse, solange die Einkünfte selbst erzielt, also eigenständig erwirtschaftet sind (BGH, Beschl. v. 27.9.2018, a.a.O.). Das gilt unabhängig davon, ob das zur Entstehung einer Forderung eingesetzte Kapital erarbeitet wurde (BGH, Beschl. v. 27.9.2018, a.a.O., Rz. 12).

Rz. 9

Die Mittel, welche der Schuldner zu seinem Lebensunterhalt braucht, sollen nach Vorstellung des Gesetzgebers vorrangig von ihm selbst erwirtschaftet werden. § 850i ZPO will verhindern, dass ein Schuldner seinen Lebensunterhalt nicht durch eigene wirtschaftliche Bemühungen sichern kann. Ein weitergehender Schutz des Schuldners ist vom Gesetz nicht beabsichtigt, weil dieses auch die Interessen des Gläubigers an einer effektiven Befriedigung berechtigter Forderungen berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund stellen Geldforderungen, die der Schuldner nicht aufgrund wirtschaftlicher Betätigung erwirbt, keine sonstigen Einkünfte i.S.d. § 850i ZPO dar. Solche Einkünfte, welche ein Schuldner nicht selbst erzielt hat, sind etwa Geschenke, Lottogewinne und erbrechtliche Ansprüche (BGH, Beschl. v. 27.9.2018, a.a.O., Rz. 11).

Rz. 10

b) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den Kaufpreisraten um selbst erwirtschaftete Einkünfte. Denn der Schuldner hat durch die Veräußerung seines Geschäftsanteils den Verkaufserlös erzielt und damit selbst erwirtschaftet. Unerheblich ist, ob er mit seinem Vertragspartner vereinbart hat, dass der Kaufpreis auf einmal oder in Raten beglichen wird. In beiden Fällen unterfällt der Verkaufserlös § 850i Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 12.9.2019 - IX ZB 56/18 unter II.2.b).

Rz. 11

Ebenso unerheblich ist es, ob die Vertragsparteien - ggf. auch nachträglich - eine Vorleistungspflicht des Verkäufers vereinbaren und der Kaufpreis aufgrund der nachträglich getroffenen Fälligkeitsvereinbarung teilweise erst im Laufe des Insolvenzverfahrens fällig wird. Die Kaufpreiszahlungen stellen dennoch selbst erwirtschaftete Einkünfte im Sinne der Pfändungsschutzvorschrift dar. Ebenso wenig wie es darauf ankommt, durch welche Art von Aktivität der Schuldner den Anspruch auf die Zahlungen erwirtschaftet, ob die Einkünfte Gegenleistung für persönliche Arbeiten oder Dienste oder für fremde Arbeitsleistung, Sacheigentum oder Rechte darstellen (vgl. Meller-Hannich, ZZP 2017, 303, 310), kann im Hinblick auf Wortlaut, Systematik und Zweck der Norm (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 26.6.2014 - IX ZB 88/13, NZI 2014, 772 Rz. 10 ff.) eine Rolle spielen, zu welchem Zeitpunkt eine vertraglich geschuldete Gegenleistung zu erbringen war. Dementsprechend greift der Pfändungsschutz auch bei Arbeitseinkommen nach § 850 Abs. 2 ZPO für Ansprüche, die ihre Rechtsgrundlage in früheren Arbeitsverhältnissen haben (vgl. Musielak/Voit/Becker, ZPO, 16. Aufl., § 850 Rz. 2).

Rz. 12

c) Der Begriff "sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind" ist autonom und nicht nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes auszulegen (Meller-Hannich in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 850i Rz. 7 unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 16/7615, 18). Mithin spielen auch die unter Bezugnahme auf den Beschluss des BFH vom 29.3.2007 () angestellten Erwägungen des Beschwerdegerichts keine Rolle, dass steuerrechtlich der Gewinn des Schuldners sich im Zeitpunkt der Veräußerung verwirklicht habe.

III.

Rz. 13

1. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben. Eine eigene abschließende Entscheidung über den begehrten Pfändungsschutz ist dem Senat nicht möglich; daher ist die Sache zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 ZPO).

Rz. 14

2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende Punkte hin:

Rz. 15

a) Bisher hat keine wirksame Übertragung des Beschwerdeverfahrens auf die Kammer stattgefunden. Fällt das Beschwerdeverfahren in die originäre Zuständigkeit des Einzelrichters, ist die Kammer nicht befugt, selbst über die Übertragung zu entscheiden. Es ist unerheblich, ob der Einzelrichter an einem solchen Kammerbeschluss mitwirkt, weil nach § 568 Satz 2 ZPO allein der Einzelrichter zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen für eine Übertragung auf die Kammer vorliegen. Erforderlich ist deswegen ein Beschluss des Einzelrichters gem. § 568 Satz 2 ZPO, das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung zu übertragen (BGH, Beschl. v. 21.9.2017 - IX ZB 84/16, NZI 2017, 991 Rz. 11; v. 21.3.2019 - IX ZB 47/17, NZI 2019, 541 Rz. 30).

Rz. 16

b) Das Beschwerdegericht wird im Rahmen des § 850i ZPO unter Berücksichtigung aller Einkünfte des Schuldners zu prüfen haben, in welcher Höhe ihm nach §§ 850i, 850c Abs. 1, 2a ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 7.4.2016 - IX ZB 69/15, NZI 2016, 457 Rz. 14) Pfändungsschutz für die Kaufpreisraten zu gewähren ist. Der Pfändungsschutz des § 850i Abs. 1 ZPO greift dabei nicht stets in vollem Umfang durch. Zwar spielen in der Gesamtvollstreckung die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners und seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten (§ 850i Abs. 1 Satz 2 ZPO) grundsätzlich keine Rolle, weil in der Insolvenz sämtliche pfändbaren Vermögensgegenstände (§ 36 Abs. 1 InsO) in die Masse fallen und deswegen zugunsten der Gläubiger verwertet werden. Auch ist § 850i Abs. 1 Satz 3 ZPO im Insolvenzverfahren nicht unmittelbar anwendbar, weil durch diese Regelung sichergestellt werden soll, dass die individuellen Belange des vollstreckenden Gläubigers - etwa seine über die allgemeinen Verhältnisse hinausgehende Schutzbedürftigkeit - Berücksichtigung finden. Im Insolvenzverfahren ist eine solche Abwägung zugunsten einzelner Gläubiger ausgeschlossen. Gleichwohl bedarf es nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 850i Abs. 1 ZPO einer wertenden Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, ob und wie Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO unter Abwägung der Belange von Schuldner und Gläubiger zur Anwendung kommen (BGH, Beschl. v. 27.9.2018 - IX ZB 19/18, NZI 2018, 899 Rz. 14).

Rz. 17

c) Sofern das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass dem Schuldner nach § 850i ZPO ein Teilbetrag zu belassen ist, der ihm verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde, mithin der Käufer in Folge dieser Entscheidung die Kaufpreisraten in Höhe dieses Teilbetrags auf das Pfändungsschutzkonto des Schuldners einzahlt und dieser den dem Schuldner zustehenden monatlichen Pfändungsfreibetrag nach § 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO von derzeit 1.178,59 EUR (seit 1.7.2019) übersteigt, wird das Gericht auch über den weiteren Antrag des Schuldners entscheiden müssen, ihm gem. § 850k Abs. 4 ZPO einen Geldbetrag i.H.v. 2.500 EUR auf seinem Pfändungsschutzkonto unpfändbar zu belassen.

Rz. 18

aa) Für § 850k ZPO ist es ohne Bedeutung, auf welchen Gutschriften das geschützte Guthaben beruht (BGH, Beschl. v. 10.11.2011 - VII ZB 64/10, BGHZ 191, 270 Rz. 7; Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 850k Rz. 3; BeckOK/ZPO/Riedel, 2019, § 850k Rz. 9; Smid in MünchKomm/ZPO, 5. Aufl., § 850k Rz. 2; Meller-Hannich in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 850k Rz. 1, 9). Es sind sämtliche Guthabenbeträge unabhängig von ihrer Herkunft und Regelmäßigkeit geschützt, mithin Guthaben, die durch die Gutschrift pfändbarer oder (ganz oder teilweise) unpfändbarer Ansprüche entstehen. Unerheblich ist, ob es sich um Einkünfte aus abhängiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit oder um sonstige Einkünfte (Renten, Versorgungsbezüge, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, Unterhaltsansprüche, freiwillige Zuwendungen Dritter) handelt (Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 850k Rz. 3). Daher fallen auch die Gutschriften aus den Kaufpreisraten, sofern sie auf einem Pfändungsschutzkonto eingezahlt werden, unter den Schutz des § 850k ZPO.

Rz. 19

Im Unterschied zu § 850i ZPO bedarf es im Rahmen des § 850k ZPO regelmäßig keines Antrags durch den Schuldner und keiner Entscheidung des Vollstreckungsgerichts. Für das Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto erhält der Schuldner Pfändungsschutz in Höhe eines pauschalen Pfändungsfreibetrages. Der Pfändungsfreibetrag ist durch das Kreditinstitut als Drittschuldner zu berechnen und zu berücksichtigen (vgl. Meller-Hannich in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Auf., § 850k Rz. 1).

Rz. 20

bb) Der Sockelbetrag aus § 850k Abs. 1 ZPO wird durch den Aufstockungsbetrag nach § 850k Abs. 2 Nr. 1a ZPO erhöht, sofern der Schuldner Kindern (Bar- oder Natural-) Unterhalt gewährt. Der Schuldner muss nach § 850k Abs. 5 Satz 2 ZPO dem Kreditinstitut nur eine Bescheinigung der Familienkasse oder einer geeigneten Person oder Stelle i.S.v. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorlegen (vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2011 - VII ZB 64/10, BGHZ 191, 270 Rz. 7). Ihm stünde auf seinem Konto dann nach § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO ein erhöhter Freibetrag i.H.v. derzeit maximal 2.610,63 EUR (bei fünf Unterhaltsberechtigten) zu. Ob ein Antrag des Schuldners, sofern dieser Unterhalt gewährt, nach § 850k Abs. 5 Satz 4 ZPO zulässig ist, weil er die erforderlichen Nachweise für die Erhöhung des automatischen Pfändungsschutzes nach § 850k Abs. 2 ZPO nicht beibringen kann (vgl. LG Essen ZVI 2011, 64; AG Hannover ZVI 2011, 230, 231; AG Steinfurt, Beschl. v. 22.6.2015 - 18 M 888/13, juris Rz. 9; AG Greiz, Beschl. v. 17.2.2017 - M 648/16, juris Rz. 3; AG Wiesbaden, Beschl. v. 12.9.2018 - 65 M 7317/18, juris Rz. 2; Meller-Hannich in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 850k Rz. 42), lässt sich den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht entnehmen.

Rz. 21

cc) Nach § 850k Abs. 4 ZPO ist ein Schuldnerantrag und eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts erforderlich, wenn der Sockelbetrag erweitert werden soll (vgl. Meller-Hannich, a.a.O., Rz. 38). Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass das Vollstreckungsgericht in den für den allgemeinen Pfändungsschutz von Arbeitseinkommen und gleichgestellter Einkünfte vorgesehenen Fällen auch bei der Kontopfändung einen anderen pfändungsfreien Betrag festlegen kann. Die Regelung verpflichtet das Vollstreckungsgericht, grundsätzlich das Gesamtkonzept des Lohnpfändungsrechts auf das Pfändungsschutzkonto zu beziehen (BGH, Beschl. v. 24.1.2018 - VII ZB 27/17, NZI 2018, 493 Rz. 9). Dies gilt auch in der Insolvenz des Schuldners für das Insolvenzgericht, soweit § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO auf die Pfändungsschutzvorschriften verweist. Deswegen wird das Beschwerdegericht ggf. prüfen müssen, ob dem Schuldner infolge besonderer Verhältnisse gem. § 850k Abs. 4 ZPO im Einzelfall ein von § 850k Abs. 1 und 2 ZPO abweichender Freibetrag zugesprochen werden muss (vgl. BGH, Beschl. v. 10.11.2011 - VII ZB 64/10, BGHZ 191, 270 Rz. 8; v. 24.1.2018 - VII ZB 21/17, WM 2018, 432 Rz. 10; v. 24.1.2018 - VII ZB 27/17, NZI 2018, 493 Rz. 9, 11; Meller-Hannich in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, a.a.O., Rz. 38 ff.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 13537556

DB 2019, 2575

DStR 2019, 14

FamRZ 2020, 125

NJW-RR 2019, 1520

EWiR 2020, 21

NZG 2020, 153

WM 2019, 2174

WuB 2020, 164

ZAP 2019, 1287

ZIP 2019, 2265

DGVZ 2020, 54

DNotZ 2020, 514

DZWir 2020, 94

JZ 2019, 858

MDR 2019, 1470

NZI 2019, 975

NZI 2020, 151

NZI 2020, 5

NZI 2020, 9

Rpfleger 2020, 89

ZInsO 2019, 2409

InsbürO 2020, 14

InsbürO 2020, 42

KSI 2020, 88

RENOpraxis 2020, 36

VE 2020, 97

ZNotP 2020, 265

ZVI 2019, 475

GmbH-Stpr 2020, 55

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