Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BGH Beschluss vom 05.05.2021 - 3 StR 465/20

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen
 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 26.06.2020; Aktenzeichen 2 StE 3/19-7 III-6 StS/2/20)

 

Tenor

Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2020 wird verworfen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Rz. 1

Das Oberlandesgericht hat die Angeklagte wegen vorsätzlicher Herstellung einer biologischen Waffe in Tateinheit mit Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die dagegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten ist aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

Rz. 2

1. Der Erörterung bedarf lediglich Fall A.IV.2 der Urteilsgründe, in dem das Oberlandesgericht die Angeklagte wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach dem (in der Liste der angewendeten Vorschriften nicht erwähnten) § 89a Abs. 2a StGB verurteilt hat.

Rz. 3

Es hat – soweit hier von Bedeutung – festgestellt, dass die Angeklagte und ihr gesondert verfolgter Ehemann danach strebten, in das Herrschaftsgebiet des „Islamischen Staats” (IS) in Syrien zu ziehen, wo dieser sich dem IS anschließen und an Kampfhandlungen gegen das syrische Regime teilnehmen wollte. Zu diesem Zweck wollte der gesondert Verfolgte – wie die Angeklagte wusste – ein Ausbildungslager des IS in Syrien aufsuchen und sich dort im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen unterweisen lassen. Die Angeklagte förderte seine Bemühungen und beabsichtigte, ihm so bald wie möglich mit den gemeinsamen Kindern nach Syrien zu folgen. Der gesondert Verfolgte flog vom Flughafen Köln/Bonn nach Istanbul in die Türkei, um von dort in das Herrschaftsgebiet des IS weiterzureisen; sein Vorhaben scheiterte jedoch, weil die geplante Schleusung über die Grenze misslang. Vor der Ausreise hatte die Angeklagte ihrem Ehemann ihre Kreditkarte zur allgemeinen Verwendung übergeben; während dieser in der Türkei auf seine Schleusung nach Syrien wartete, buchte sie für ihn drei Übernachtungen in zwei Hotels, die er mit der ihm überlassenen Kreditkarte vor Ort bezahlte (Fall A.IV.2).

Rz. 4

Das Oberlandesgericht hat bei der rechtlichen Bewertung der festgestellten Handlungen der Angeklagten lediglich die Hotelbuchungen in den Blick genommen und diese als strafbare sukzessive Beihilfehandlungen zur Tat ihres Ehemannes, der den Tatbestand des § 89a Abs. 2a StGB erfüllte, gewertet. Die Haupttat sei zwar bereits mit der Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland vollendet gewesen; solange sich der Täter nach seiner Ausreise aus der Bundesrepublik jedoch noch mit entsprechendem Tatentschluss auf der Weiterreise in das Zielland befinde, dauere das Tatunrecht fort mit der Folge, dass seine Tat noch nicht beendet und weiterhin eine Beihilfe zu ihr möglich sei.

Rz. 5

2. Die Annahme einer Beihilfe im Fall A.IV.2 hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand, wenngleich die rechtliche Würdigung des Oberlandesgerichts Bedenken begegnet.

Rz. 6

a) Zu den Ausreisetatbeständen des § 89a Abs. 2a StGB ist grundsätzlich eine Beihilfe möglich (BGH, Beschlüsse vom 20. Februar 2019 – AK 53/18, AK 54/18, juris Rn. 36; vom 25. Juli 2019 – AK 36/19, juris Rn. 15; LK/Engelstätter, StGB, 13. Aufl., § 89a Rn. 181 mwN; MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 89a Rn. 74; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 89a Rn. 20).

Rz. 7

b) Auch ist die Strafbarkeit einer sukzessiven Beihilfe, also einer solchen, die im Zeitraum nach Vollendung und vor materieller Beendigung der Tat geleistet wird, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. RG, Urteile vom 8. November 1892 – 3155/92, RGSt 23, 292; vom 20. November 1923, RGSt 58, 13, 14; vom 22. April 1937 – 2 D 10/37, RGSt 71, 193, 194; BGH, Urteil vom 24. Juni 1952 – 1 StR 316/51, BGHSt 3, 40, 43 f.; Beschluss vom 10. Juni 1997 – 1 StR 236/97, NStZ-RR 1997, 319; Beschluss vom 18. Juli 2000 – 5 StR 245/00, NStZ 2000, 594; offengelassen speziell für den Fall des Geheimnisverrats durch einen Journalisten in BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2007 – 1 BvR 538/06, BVerfGE 117, 244, 264 f.; zur Kritik im Schrifttum vgl. Rudolphi, Festschrift Jescheck I, 1985, 559, 576; Brüning, NStZ 2006, 253, 254 mwN, SSW-StGB/Murrmann, 5. Aufl., § 27 Rn. 8 mwN; MüKoStGB/Joecks/Scheinfeld, 4. Aufl., § 27 Rn. 20; SK-StGB/Hoyer, 9. Aufl., § 27 Rn. 18). Diese Form der strafbaren Unterstützung des Haupttäters ist auch im Bereich des § 89a Abs. 2a StGB denkbar.

Rz. 8

c) Zweifelhaft ist indes die Annahme des Oberlandesgerichts, unter Anwendung der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur sukzessiven Beihilfe sei auch nach der Ausreise des Täters aus der Bundesrepublik Deutschland eine strafbare Förderung der Tat noch bis zu seiner Ankunft im Zielland möglich.

Rz. 9

Eine Straftat nach § 89a Abs. 2a StGB ist spätestens mit der Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland in ein beliebiges anderes Land vollendet, da in diesem Zeitpunkt alle Elemente des gesetzlichen Tatbestandes, der einen Erfolg nicht vorsieht, erfüllt sind. Das in dieser Vorschrift pönalisierte Unternehmen der Ausreise umfasst zwar bereits Handlungen im Versuchsstadium (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2017 – 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 Rn. 7), aber nicht ohne Weiteres auch die anschließende Weiterreise; anderenfalls könnte die Reichweite der Norm unkonturiert erweitert und jegliche (vorsätzliche) Hilfe auf der ggf. längerdauernden Reise – etwa durch später hinzukommende Schleuser oder Reisebegleiter – als strafbare Förderung der Ausreise aus Deutschland angesehen werden. Der Gesetzeswortlaut spricht eher für die Annahme, dass mit der Ausreise das von § 89a Abs. 2a StGB tatbestandlich umschriebene Geschehen zum Abschluss gelangt ist. Ob vor diesem Hintergrund allein die weitergehende Intention des Täters nach der für die Bestimmung des Beendigungszeitpunktes maßgeblichen natürlichen Auffassung des Lebens den Zeitraum einer möglichen Beihilfe weiter auszudehnen vermag, erscheint danach fraglich.

Rz. 10

d) Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht, da die Urteilsfeststellungen ausweisen, dass die Angeklagte die Straftat ihres Ehemannes vor deren Vollendung vorsätzlich gefördert hat, indem sie ihm vor der Ausreise ihre Kreditkarte überlassen und zugesagt hat, ihm mit den gemeinsamen Kindern in das Herrschaftsgebiet des IS zu folgen und dort mit ihm zu leben. Damit wird die Annahme einer psychischen Unterstützung von den Feststellungen getragen, ohne dass die Rechtsfigur der sukzessiven Beihilfe bemüht werden müsste.

Rz. 11

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

 

Unterschriften

Schäfer, Berg, Hoch, RinBGH Dr. Erbguth befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer, Kreicker

 

Fundstellen

Haufe-Index 14691983

NStZ-RR 2021, 374

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Jahresabrechnung / 1.4 Wann ist die Jahresabrechnung vorzulegen?
    7
  • § 22 Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) / I. Tathandlung: Körperliche Misshandlung und/oder Gesundheitsbeschädigung
    2
  • AGS 7/2016, Keine Mutwilligkeit, wenn Rechtswahrnehmung ... / 2 Aus den Gründen
    2
  • AGS 7/2017, Verfahrenswert eines Freistellungsanspruchs ... / 2 Aus den Gründen
    2
  • FF 01/2013, Illoyale Vermögensminderung und Zugewinnausg ... / Aus den Gründen:
    2
  • FoVo 06/2024, Die Rechte des miterbenden Schuldners in der Insolvenz
    2
  • zfs 03/2009, Problemfelder zum Punktesystem aus Sicht de ... / 2. Bindung an die rechtskräftige Entscheidung
    2
  • § 12 Erbengemeinschaft / 8. Prozesskostenhilferecht
    1
  • § 12 Produkthaftpflichtversicherung / (4) Sonstige Voraussetzungen
    1
  • § 12 Produkthaftpflichtversicherung / VIII. Zeitliche Begrenzung (Ziff. 7)
    1
  • § 16 Der Pflichtteil im Steuerrecht / 7. Besteuerung des Pflichtteils
    1
  • § 2 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) / 2. Auf das Ausscheiden des Gesellschafters anwendbare Vorschriften
    1
  • § 2 Pflichten aus dem Anwaltsvertrag / bb) Rechtswahlklauseln
    1
  • § 2 Urheberrecht / 5. Schutz des Sendeunternehmens
    1
  • § 22 Handelsregister und Erbfolge / 1. Rechtsübergang in Erbengemeinschaft
    1
  • § 25 Mitbestimmungs- und Arbeitsrecht / 3. Grundsätze für Sozialplanabfindungen
    1
  • § 3 Testamentsgestaltung / ee) Behinderungen
    1
  • § 3 Trennung der Eheleute / 2. Verbindlichkeiten nach der Trennung und Scheidung
    1
  • § 41 Gebühren des Anwalts in Strafsachen
    1
  • § 5 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem FamFG / II. Zuständigkeit
    1
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop
Produktempfehlung


Zum Thema Recht
Grundlagen und Anforderungen: Geschäftspartner-Management
Geschäftspartner-Management
Bild: Haufe Shop

Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern bietet Unternehmen Möglichkeiten der Geschäftsentwicklung, birgt aber auch Risiken. Das Buch gibt einen Überblick über die nationalen und internationalen rechtlichen Grundlagen und zeigt praktische Umsetzungsmöglichkeiten eines Compliance-Prozesses auf.


BGH 3 StR 326/16
BGH 3 StR 326/16

  Leitsatz (amtlich) Zur Strafbarkeit der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat durch (versuchte) Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland.  Normenkette StGB § 89a Abs. 2a  Verfahrensgang LG München I (Urteil vom ...

4 Wochen testen


Newsletter Recht
Newsletter Recht - Wirtschaftsrecht

Aktuelle Informationen aus dem Bereich Wirtschaftsrecht frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Gewerblicher Rechtsschutz
  • Vertriebsrecht
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Zum Recht Archiv
Haufe Group
Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Advolux Haufe Onlinetraining rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Haufe Shop Recht
Anwaltssoftware Anwaltliches Fachwissen Software Gesellschafts- & Wirtschaftsrecht Lösungen Alle Recht Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren