2. Formulierungen im Arbeitszeugnis
3. Bedeutung der Zeugnissprache
4. Zeugnissprache: Formulierungen und Noten
5. Beispiele: Noten im Arbeitszeugnis entschlüsseln
6. Fremdsprachige Arbeitszeugnisse
7. Geheimcodes: Welche Formulierungen sind im Arbeitszeugnis nicht erlaubt
8. Zeugnistools für individuelle und rechtssichere Formulierungen
• Ein Arbeitszeugnis muss eindeutig, klar und verständlich formuliert sein. Mehrdeutigkeiten, die Raum für Interpretationen lassen, sind nicht erlaubt. Das geht aus dem Gebot der Zeugnisklarheit hervor (§ 109 Abs. 2 GewO).
• „Geheimcodes“ sind im Zeugnis nicht zulässig. Als solche Codes gelten aber nicht nur bestimmte Wortlaute. Dazu zählen auch sprachliche Kennzeichen oder Stilmittel, die anzeigen, dass in Wirklichkeit etwas anderes gemeint ist, als buchstäblich im Zeugnis steht, z. B. Ironie.
• Wer ein Arbeitszeugnis anfordert, braucht es in der Regel als Bewerbungsunterlage. Nach diesem Zweck muss sich der gesetzlich geschuldete Inhalt richten. Deshalb soll ein Zeugnis grundsätzlich wohlwollend formuliert sein – schlechte Arbeitsleistung darf aber darin aufgeführt werden.
Aus dem Gesetzergibt sich neben dem Gebot der Zeugniswahrheit auch das Gebot der Zeugnisklarheit (§ 109 Abs. 2 GewO). Erfüllt ein erteiltesArbeitszeugnis diese Anforderungen nicht, kann der:die Arbeitnehmer:in verlangen, dass das Zeugnis berichtigt oder ergänzt wird.
Nach dem Gebot der Zeugnisklarheit muss das Arbeitszeugnis klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als die aus der Wortwahl ersichtliche Aussage über den:die Arbeitnehmer:in zu treffen. Daher ist es nicht erlaubt, ein Arbeitszeugnis mit unklaren Formulierungen zu versehen, durch die der:die Arbeitnehmer:in anders beurteilt werden soll, als dies aus dem Zeugniswortlaut ersichtlich ist. Denn inhaltlich „falsch“ ist ein Zeugnis auch dann, wenn es eine Ausdrucksweiseenthält, der entnommen werden muss, der Arbeitgeber distanziere sich vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärungen und der:die Beschäftigte werde in Wahrheit anders beurteilt: Nämlich ungünstiger als im Zeugnis bescheinigt.
Der gesetzlich geschuldete Inhalt eines Arbeitszeugnisses richtet sich dabei nach den Zwecken, die mit dem Zeugnis verfolgt werden: In erster Linie dient ein Arbeitszeugnis Beschäftigten als Bewerbungsunterlage. Für mögliche künftige Arbeitgeber ist es damit Grundlage für die Personalauswahl. Bei der Wort- und Ausdruckswahl ist es deshalb sehr wichtig, dass alle potenziellen neuen Arbeitgeber mit dem Zeugnis im Wesentlichen die gleichen Vorstellungen vom:von der Zeugnisinhaber:in bekommen.
„Ja, er war schon ein guter Mitarbeiter. Hat ab und zu Kuchen mitgebracht“ – solch eine Formulierung ist natürlich unpassend. Das möchte niemand lesen. Daher gibt es Vorgaben, die regeln, wie ein Zeugnis zu formulieren ist. Arbeitgeber müssen sich beim Verfassen des Zeugnistextes auf jeden Fall in der allgemein angewandten Zeugnissprache ausdrücken, die in der Personal- und Zeugnispraxis üblich ist. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich in der Zeugnissprache dabei ständig wiederkehrende, floskelhafte Begriffe und Sätze entwickelt. Wird das im Arbeitsleben übliche Beurteilungssystem benutzt, so ist das Zeugnis so zu lesen, wie es dieser Üblichkeit entspricht. Das führt in der Praxis dann allerdings dazu ,dass in Zeugnissen – auch in ein und demselben – häufig dieselben Formulierungen auftauchen und diese auch noch wiederholt werden. Hier wird oft eingewendet, das Zeugnis sei „nicht elegant“, sondern „gleichförmig“ und „floskelhaft“ formuliert; es erinnere stark an ein allgemeines Muster ohne Bezug zum:zur Beschäftigten. Teilweise wird sogar behauptet, aufgrund der wiederholten Verwendung derselben Begriffe sei das Zeugnis fehlerhaft. Dies trifft allerdings in den allermeisten Fällen nicht zu, sondern ist die(zwangsläufige und logische) Konsequenz der im Zeugnis zu verwendenden besonderen Zeugnissprache. Quasi der „Preis“, durch die Verwendung von durch die Arbeitsgerichte bereits gebilligten Worten und Begriffen, ein rechtssicheres Zeugnis zu erstellen.
In qualifizierten Arbeitszeugnissen wird seit Langem bei der Notengebung eine „Zufriedenheitsskala“ genutzt. Die Leistung des:der Beschäftigten wird daran gemessen, wie der Arbeitgeber mit der Aufgabenerfüllung „zufrieden“ war.
Wird einer Arbeitnehmerin bescheinigt, sie habe „zur vollen Zufriedenheit“ oder „stets zur Zufriedenheit“ des Arbeitgebers gearbeitet, wird das der Note „befriedigend“(= Schulnote 3) zugerechnet, teils als Zwischennote „voll befriedigend“ oder auch als „gutes befriedigend“ oder „gehobenes befriedigend“ verstanden.
Ausgehend von der durchschnittlichen (= befriedigenden) Leistung werden den Graden der Zufriedenheitsskala dann Aussagen als über- oder unterdurchschnittlich zugerechnet. So setzt die Endnote „gut“ (= Schulnote 2) voraus, dass mehr als die „volle Zufriedenheit“ bescheinigt wird. Das kann durch Berücksichtigung des für die Beurteilung besonders wichtigen Zeitmoments geschehen. Mit diesem charakterisiert der Arbeitgeber die Beständigkeit der Leistungen. „Gut“ im Sinne der Zufriedenheitsskala ist ein Arbeitnehmer also nur dann, wenn ihm bescheinigt wird, er habe „stets“, „immer“ oder „durchgehend“ zur vollen Zufriedenheit des Arbeitgebers gearbeitet.
So kann das aussehen:
Der Ausgangspunkt, also eine befriedigende Leistung:
„…zur vollen Zufriedenheit.“
Einfache Steigerung, also eine gute Leistung:
„… stets zur vollen Zufriedenheit.“
Doppelte Steigerung, also eine sehr gute Leistung:
„… stets zur vollsten Zufriedenheit…“
Das heißt: Die Begriffe „stets“ oder „immer“ haben in der Zeugnissprache eine wichtige, eigenständige Bedeutung. Sie bedeuten ein „Mehr“ im Vergleich zu dem, was üblicherweise erwartet werden konnte. Sie werden im selben „guten“ Arbeitszeugnis deshalb auch wiederholt verwendet. Demgegenüber werden einschränkende Formulierungen, zum Beispiel „im Wesentlichen“ oder „überwiegend“ in der üblichen Zeugnissprache als negativ angesehen.
Voll – voller – am vollsten? Das Adjektiv „voll“ ist grammatikalisch nicht vergleichs- oder steigerungsfähig – mehr als „voll“ geht eigentlich nicht. In der Zeugnissprache wird aber der Begriff „vollste Zufriedenheit“ ausdrücklich in Kauf genommen. Will man das ─ grammatikalisch unrichtige ─ Wort „vollste“ vermeiden, muss eine sehr gute Leistung mit anderen Worten bescheinigt werden. Stattdessen (lediglich) die „volle“ Zufriedenheit zu attestieren, genügt für ein „sehr gut“ nicht.
Kennt man die Zufriedenheitsskala, lässt sich die Bedeutung der Formulierungen schnellentschlüsseln und auf Noten herunterbrechen. Hier sind Beispiele für die wichtigsten Bewertungsstufen:
Formulierung für sehr gute Leistungen:
„Sie arbeitete durchweg äußerst zügig, absolut umsichtig, überaus sorgfältig und genau.“
Formulierung für gute Leistungen:
„Er arbeitete jederzeit zielstrebig, sehr sorgfältig und mit großer Effizienz.“
Formulierung für befriedigende Leistungen:
Die übertragenen Aufgaben erledigte sie stets zu unserer Zufriedenheit.“
Formulierung für ausreichende Leistungen:
„Er arbeitete grundsätzlich umsichtig, gewissenhaft und genau.“
Gut zu wissen:
Eine durchschnittliche Beurteilung im Zeugnis entspricht der Note 3 bzw. „befriedigend“. Soll die Bewertung schlechter ausfallen, braucht es stichhaltige Gründe, die der Arbeitgeber beweisen können muss. Möchte die:der Beschäftigte dagegen besser bewertet werden (sehr gut und gut), muss sie:er ihre:seine überdurchschnittliche Leistung bzw. Verhalten darlegen und beweisen.
Grundsätzlich besteht Anspruch auf ein deutschsprachiges Zeugnis. Eine Besonderheit ergibt sich in Fällen mit Auslandsbezug. Wenn eine Fremdsprache das Arbeitsverhältnis maßgeblich geprägt hat, z. B. durch Auslandseinsätze, kann (ausnahmsweise) verlangt werden, dass das Arbeitszeugnis in der entsprechenden Fremdsprache abgefasst wird. Das ist angesichts der Besonderheiten der speziellen Zeugnissprache allerdings immer problematisch. Arbeitszeugnisse können nämlich nicht ohne Weiteres in eine Fremdsprache übersetzt werden, ohne dass der damit verbundene wesentliche Inhalt bzw. die Bedeutung einzelner Begriffe und Formulierungen und damit Notenverloren geht oder sogar unverständlich wird. Statt der bloßen Übersetzung eines „klassischen“ deutschen Arbeitszeugnisses kann – gegebenenfalls zusätzlich zum deutschen Zeugnis – eine Art Empfehlungs- oder Referenzschreiben („reference“, „letter of recommendation”) in der jeweiligen Fremdspracheerstellt werden. Dieses kann und muss dann allerdings nicht den Anforderungen der deutschen Zeugnissprache entsprechen.
Die Verwendung von „Geheimcodes“ in Arbeitszeugnissen ist unzulässig – schließlich geht hier nicht um einen ausgefeilten Krimi. Es ist zwar grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, das Arbeitszeugnis im Einzelnen zu verfassen. Er hat insoweit die Formulierungshoheit. Ein „Aber“ gibt es trotzdem: Weder Wortwahl noch Auslassungen dürfen dazu führen, dass beim Lesen des Zeugnisses Vorstellungen entstehen, die nicht der Wahrheit entsprechen. Verboten ist aber nicht ein bestimmter Wortlaut als solcher, sondern Merkmale, die zur Kennzeichnung des Wortlauts bestimmt sind. Unzulässig sind z. B. auffällige Ironie und eine Verwendung von Wörtern außerhalb ihrer sprachlichen Bedeutung als Codewort im Sinne verschlüsselter Zeugnissprache.
Entscheidend ist beim Zeugnis nicht, welche Vorstellungen der:die Zeugnisverfasser:in mit der Wortwahl verbindet. Maßgeblich ist dabei allein der sog. „objektive Empfängerhorizont“ der Zeugnisleser:innen, also der durchschnittlichen Beteiligten oder Angehörigen des vom Zeugnis angesprochenen Personenkreises. Sie dürfen weder harmlos oder positiv klingenden Formulierungen aufsitzen, noch dürfen negative Eigenschaften durch die Wort- und Ausdruckswahl ins Gegenteilverkehrt werden. Als ─ nicht ganz ernst gemeintes ─ Beispiel wäre es unzulässig, einem Auszubildenden zum Metzger, der Knochen entwendet hat, zu bescheinigen, er sei „getreu bis auf die Knochen“.
Wann aber im Einzelfall für unbefangene und objektive Leser:innen eine positive oderneutrale Formulierung in Wirklichkeit eine negative Aussage darstellt, ist in vielen Fällen nicht verlässlich zu beurteilen. Zur Annahme eines unzulässigen Codes im Sinne einer verschlüsselten Formulierung reicht es jedenfalls nicht automatisch aus, wenn diese in einer der im Internet zahllos verfügbaren „Übersetzungshilfen“ und Listen auftaucht. Denn ob sich ein Code ausgebildet hat, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont zu beurteilen. Solange sich ein entsprechender Geheimcode nicht herausgebildet hat, können einzelne Formulierungen nicht losgelöst vom Gesamtzusammenhang des Zeugnisses bewertet werden.
Wird eine Formulierung durch die Übernahme in die „Übersetzungshilfen“ einem größeren Personenkreis bekannt gemacht, führt dies allerdings regelmäßig dazu, dass der verwendete Begriff vom Leserkreis zukünftig als verschlüsselte Formulierung verstanden wird. Personalabteilungen sollten dann überlegen, ob sie diese Formulierung weiterhin verwenden.
Absicht oder nur ungeschickt formuliert? Dem ersten Eindruck nach klingt die Formulierung vielleicht positiv – aber ist ihre Aussage das wirklich? Das ist manchmal schwer zu sagen. In manchen Fällen war der:die Zeugnisaussteller:in einfach nur ungeschickt, ohne eine negative Beurteilung abgeben zu wollen. Scheinbaren Geheimcodes sollte daher keine allzu große Bedeutung beigemessen werden. Auch wenn es keine allgemeingültigen Geheimcodes gibt: Bestimmte Merkmale deuten auf verschlüsselte Aussagen hin. Diese Formulierungen und was sie wirklich aussagen, schauen wir uns nachfolgend genauer an.
Bei der Formulierung von Zeugnissen lauern eine Menge Fallstricke. Und nicht nur das: Abwechslungsreiche Formulierungen zu finden, die der:dem Beschäftigten wirklich gerecht werden und auch noch rechtssicher sind, kann sehr mühsam sein. Im Internet findet sich zwar viel Inspiration – doch wer weiß, ob die Formulierungen vor Gericht wirklich Bestand haben?
Arbeitszeugnisgeneratoren bieten mit ihren geprüften Muster-Formulierungen Sicherheit. Die Kompetenzen der:des Beschäftigten lassen sich mit Notenbewerten und die Software bietet entsprechende Textbausteine und Alternativen an. Die Vielfalt an Formulierungen ist in der Regel groß, sodass ein möglichst individueller und passgenauer Zeugnistext erstellt werden kann. Die Rechtssicherheit der Formulierungen prüft die:der Anbieter:in – im besten Fallregelmäßig, im Kontext neuer Rechtsprechung. Ein Zeugnistool, wie der Haufe Zeugnis Manager, sichert das Unternehmen ab, reduziert Recherche-Aufwand und macht aus der Zeugnis-Pflicht eine Kür.
Für die Notenvergabe hat sich in der Praxis eine Art „Zufriedenheitsskala“ etabliert. Bei qualifizierten Arbeitszeugnissen erfolgt die Bewertung danach, wie zufrieden der Arbeitgeber mit der Arbeitsleistung der:des Beschäftigten war.
Ausgangspunkt ist dabei eine durchschnittliche oderbefriedigende Leistung (= Schulnote 3). Das lässt sich z. B. durch die Worte „zur vollen Zufriedenheit“ oder „stets zur Zufriedenheit“ ausdrücken. Entsprechend den Graden der Skala werden Arbeitsleistungen dann entweder als befriedigend oder als besser oder schlechter als eine durchschnittliche Leistung bewertet. Um eine gute Leistung (= Schulnote 2) zu dokumentieren, muss die Bewertung also eine Steigerung im Vergleich zum Durchschnitt bzw. zur Note 3 enthalten. Das kann so klingen: „…stets zur vollen Zufriedenheit...“.Eine sehr gute Leistung (= Schulnote 1) benötigt eine doppelte Steigerung, z.B. so formuliert: „…stets zur vollsten Zufriedenheit…“.Dagegen wird eine unterdurchschnittliche Leistung durch einschränkende Formulierungen angezeigt, zum Beispiel durch „überwiegend“ oder „im Wesentlichen“.
Als „Geheimcodes“ versteht man Stilmittel und sprachliche Kennzeichen, die die buchstäblich Bedeutung des Zeugnistextes verändern oder verändern können. Sie klingen positiv oder neutral, sagen in Wirklichkeit aber etwas anderes aus – etwa indem sie ironisch formuliert sind. Geheimcodes sind im Zeugnis nicht erlaubt.
Kritik an Leistung und Verhalten des:der Beschäftigten darf im Zeugnis geäußert, sollte aber unbedingt in der üblichen Zeugnissprache formuliert werden. Denn: Ein Arbeitszeugnis soll grundsätzlich wohlwollend formuliert sein. Bei der Beurteilung kommt die sogenannte „Zufriedenheitsskala“ zum Einsatz. Ausgangspunkt ist dabei eine durchschnittliche Leistung, also Note 3 („befriedigend“). Durcheinfache oder doppelte negative Steigerung der Formulierung lässt sich eine schlechtere Bewertung abgeben. Zum Beispiel (Note 4): „Sie:Er arbeitete grundsätzlich umsichtig, gewissenhaft und genau.“
Achtung: Eine schlechtere Bewertung als „befriedigend“, verlangt stichhaltige Gründe! Der Arbeitgeber muss diese belegen können.
Dr. Peter H. M. Rambach ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Er ist Autor und Referent von zahlreichen arbeitsrechtlichen Themen u.a. Mitglied des Arbeitsrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer. Von Focus Spezial wurde er mehrfach als Fachanwalt für Arbeitsrecht in „Deutschlands Top Anwälte“ empfohlen („Focus Spezial“ jährlich 2013-2021).