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Zeugnismanagement
|
8.5.2023
|
9 Min.

Geheimcodes in Arbeitszeugnissen? – Was in Arbeitszeugnissen zwischen den Zeilen steht

Dr. Peter H. M. Rambach
Dr. Peter H. M. Rambach
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitszeugnisse sind ein wichtiges Instrument, um die Leistung und das Verhalten von Mitarbeitenden zu bewerten. Doch manchmal sind die darin enthaltenen Formulierungen gar nicht so wohlwollend, wie sie zunächst scheinen. Was bedeuten sie wirklich?
Inhalt

Geheimcodes: Absicht oder nur ungeschickt formuliert?

Fast jede:r kennt dieses verunsichernde Gefühl beim Lesen von Zeugnissen. Da stößt man manchmal auf verklausulierte Formulierungen, die auf den ersten Eindruck ganz positiv klingen. Beim Experten nachgefragt, beinhalten sie in Wirklichkeit jedoch keine gute Beurteilung. Trotzdem sei hier darauf hingewiesen, dass es keine allgemeingültigen Geheimcodes gibt. Beim Lesen eines Zeugnisses ist immer auf den Kontext zu achten, in dem Formulierungen stehen. In manchen Fällen war der:die Zeugnisaussteller:in einfach nur ungeschickt, ohne eine negative Beurteilung abgeben zu wollen. Scheinbaren Geheimcodes sollte daher keine allzu große Bedeutung beigemessen werden. Bestimmte Merkmale deuten jedoch auf verschlüsselte Aussagen hin. Diese Formulierungen und was sie wirklich aussagen, schauen wir uns nachfolgend genauer an.

Zeugnisformulierung

Aussage

Verneinende Formulierungen, wie z. B. "nicht unerhebliche Erfolge", "nicht unerheblicher Umsatz",

sollen andeuten, dass es jedenfalls keine erheblichen Erfolge bzw. keinen erheblichen Umsatz gab.

Schweigt ein Zeugnis dort, wo eine Aussage erwartet wird (Beispiel: Ehrlichkeit einer Kassiererin),

so deutet dies auf schwerwiegende Probleme hin.

Die Aufnahme von Selbstverständlichkeiten, insbesondere die isolierte Erwähnung der "Pünktlichkeit" (d. h. nicht im textlichen Zusammenhang mit mehreren sonstigen positiven Eigenschaften – z.B. "ehrlich, zuverlässig und pünktlich")

wird als Ausdruck einer ansonsten schlechten Beurteilung angesehen.

Durch die Hervorhebung der "Pünktlichkeit" und dem Weglassen des wichtigen Beurteilungskriteriums "Zuverlässigkeit" "wird zwischen den Zeilen" bescheinigt, dass der Arbeitnehmer im Übrigen nicht zuverlässig ist.

Die Verwendung des Begriffes "sich bemühen"

stellt eine negative Beurteilung dar.

Wird bescheinigt, "die Arbeitszeit korrekt ausgenutzt" zu haben,

wird zugleich festgestellt, dass die Tätigkeit stets pünktlich eingestellt wurde, unabhängig davon, ob die Anwesenheit oder die Arbeitskraft auch über das reguläre Arbeitsende hinaus benötigt wurde.

Die isolierte Bewertung "entsprach den fachlichen Anforderungen"

kann als eine Bescheinigung mit Lücken angesehen werden, weil aus der Erwähnung allein des fachlichen Bereichs geschlossen werden kann, dass ansonsten mit der Person in anderen (außerfachlichen) Bereichen schwer auszukommen war.

Die Beurteilung "lernt leicht und begreift das Wesentliche"

legt nahe, dass zwar die Auffassungsgabe ausreicht, das Wesentliche eines Lernstoffs zu verstehen, jedoch darüber hinaus entweder nichts oder nicht viel begriffen wird.

Die Beurteilung "war tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen"

bedeutet, der Arbeitnehmer war ein unangenehmer Zeitgenosse und Wichtigtuer, dem es an Kooperationsbereitschaft fehlte.

Die Beurteilung "ist eine anspruchsvolle und kritische Mitarbeiterin"

drückt aus, sie war eigensüchtig, pocht anderen gegenüber auf ihre Rechte und nörgelt gerne.

Die Beurteilung "galt im Kollegenkreis als toleranter Mitarbeiter"

meint, für Vorgesetzte war er ein schwerer Brocken.

Die Beurteilung "war sehr tüchtig und in der Lage, ihre eigene Meinung zu vertreten"

bedeutet, sie hat eine hohe Meinung von sich und vermag hiervon ausgehend sachliche Kritik nicht zu akzeptieren.

Die Beurteilung "verfügt über Fachwissen und hat ein gesundes Selbstvertrauen"

besagt, er klopft große Sprüche, um mangelndes Fachwissen zu überspielen.

Die Beurteilung "Wir lernten sie als umgängliche Kollegin kennen"

bedeutet, viele Mitarbeiter sahen sie lieber von hinten als von vorn.

Die Wendung "Er führte die ihm übertragenen Aufgaben mit großem Fleiß und Interesse durch"

drückt aus, der Arbeitnehmer hat sich bemüht, aber im Ergebnis nichts geleistet.

Die Beurteilung "zeigte für seine Arbeit Verständnis"

meint, dass die beurteilte Person faul war und nichts geleistet hat.

Die Beurteilung "allen Aufgaben, hat sie sich mit Begeisterung gewidmet"

bedeutet, dass die Aufgaben nicht erfolgreich erledigt wurden.

Aussagen zum Verhalten sind stets sowohl auf die Gleichordnungsebene (Kollegen) als auch auf die Überordnungsebene (Vorgesetzte) zu beziehen. Üblicherweise wird das Verhalten gegenüber den Vorgesetzten an erster, das gegenüber den Kollegen an zweiter Stelle genannt. Umkehrungen dieser Reihenfolge

können ausdrücken, dass das Verhältnis zu den Kollegen besser war als zu den Vorgesetzten.

Formulierungen, die eine Bereitschaft ausdrücken, aber nichts über den Erfolg aussagen,

sind regelmäßig als negative Beurteilung auszulegen.

Die besondere Betonung von unwichtigen Aufgabenbereichen oder Benennung unwichtiger Aufgaben an erster Stelle

bezwecken meist eine Abwertung des Mitarbeiters.

Mehrdeutige Formulierungen, wie "anspruchsvoll", "kritisch" und "kommunikationsbereit",

können auf eine ständige Unzufriedenheit des Mitarbeiters, ein andauerndes Herummäkeln und ständiges Tratschen mit den Kollegen hindeuten.

Fällt das Datum der Beendigung eines vorausgegangenen Arbeitsverhältnisses nicht mit dem 15. oder dem Monatsende zusammen,

weist dies darauf hin, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer fristlosen Kündigung geendet haben könnte.

Die Beurteilung "verstand es als Vorgesetzter, die Aufgaben mit Erfolg zu delegieren"

bedeutet, dass die beurteilte Person selbst wenig gearbeitet bzw. wenig Aufgaben selbst erledigt hat.

Hinweise auf Gelegenheiten (z. B. "Sie hatte die Gelegenheit, sich das notwendige Wissen anzueignen.") ohne Aussagen über die Nutzung

deuten an, dass die Gelegenheit nicht genutzt wurde.

Wird nur für die Zukunft viel Erfolg gewünscht (ohne "weiterhin"),

lässt dies durchblicken, dass der Erfolg in der Vergangenheit gefehlt hat.

Auf eine Schlussformel, mit welcher der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für seine Arbeit dankt und ihm für die weitere berufliche Zukunft alles Gute wünscht, besteht kein Anspruch. Ihrem Fehlen

kommt nach verbreiteter Meinung gleichwohl eine negative Bedeutung zu.

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Über den Autor
Über die Autorin

Dr. Peter H. M. Rambach ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Er ist Autor und Referent von zahlreichen arbeitsrechtlichen Themen u.a. Mitglied des Arbeitsrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer. Von Focus Spezial wurde er mehrfach als Fachanwalt für Arbeitsrecht in „Deutschlands Top Anwälte“ empfohlen („Focus Spezial“ jährlich 2013-2021).

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