Zu beachten ist jedoch, dass die von dem Referenten gegenüber dem Anbieter erbrachten und abgerechneten Leistungen nicht ausschließlich in der Einräumung von Nutzungsrechten bestehen. Vielmehr tritt neben die Einräumung von Nutzungsrechten an dem Vortrag die Erstellung und das Halten des Vortrags selbst. Wie oben unter III.2.b. dargestellt, findet mangels Nutzungsrechtseinräumung auf diese letztgenannten Leistungen bei deren isolierter Betrachtung der Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG Anwendung.

Bei Umsätzen, die aus mehreren Leistungen bestehen, ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz gegeben ist.[26] Dabei gilt grundsätzlich, dass jeder Umsatz als eigenständige Leistung zu bewerten ist, auf die der jeweilige Steuersatz Anwendung findet.[27] Liegt hingegen ein einheitlicher Umsatz vor, ist wie folgt zu differenzieren: Eine einheitliche Leistung mit mehreren Hauptbestandteilen, von denen nur eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, ist insgesamt mit dem Regelsteuersatz zu besteuern.[28] Nur bei einer einheitlichen Leistung, die aus einem Haupt- und Nebenbestandteil besteht, ist insgesamt der Steuersatz des Hauptbestandteils maßgebend.[29]

Hinweis: Eine Ausnahme hiervon macht der deutsche Gesetzgeber durch das in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG geregelte Aufteilungsgebot für unselbstständige Nebenleistungen zur Beherbergungsleistung als Hauptleistung.[30] An der Unionsrechtskonformität dieses Aufteilungsgebots hat der BFH in einem AdV-Verfahren zuletzt ernstliche Zweifel geäußert und auf entsprechende beim EuGH bereits anhängige Vorabentscheidungsersuchen verwiesen.[31] Gleiches gilt für das Aufteilungsgebot in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG in Bezug auf die steuerfreie Vermietung von Wohnraum und der steuerpflichtigen Vermietung von Betriebsvorrichtungen. Auch hier wurde das Aufteilungsgebot dem EuGH zur Überprüfung vorgelegt.[32] Im Mittelpunkt beider Anfragen an den EuGH steht letztlich die Frage, was vorgeht: das Aufteilungsgebot oder der Grundsatz, wonach die Nebenleistung das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt.

[26] Vgl. Heidner in Bunjes, 21. Aufl. 2022, § 12 UStG Rz. 8a.
[27] Vgl. Nieskens, UR 2018, 181.
[29] Vgl. EuGH-Urt. v. 18.1.2018 – C-463/16 – Rs. Stadion Amsterdam, UR 2018, 200.
[30] Vgl. ausf. Weber, UVR 2022, 147; Nieskens, UR 2018, 181.
[32] Vgl. BFH-Beschl. v. 26.5.2021 – V R 22/20, DStR 2021, 2010 (Az. des EuGH: C-516/21). Letztlich auch schon im EuGH-Urt. v. 18.1.2018 – C-463/16 – Stadion Amsterdam, DStR 2018, 246.

a) Vorliegen einer einheitlichen Leistung

Mithin richtet sich die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG danach, ob in dem Abhalten von Online-Seminaren nebst urheberrechtlicher Nutzungsrechtseinräumung mehrere eigenständige (Haupt-)Leistungen oder eine einheitliche Leistung vorliegt.

Nach der Rechtsprechung des BFH darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung nicht künstlich in Teilleistungen aufgespalten werden. Bei einem Leistungsbündel ist aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu prüfen, ob es sich um eine einheitliche Leistung handelt.[33] Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Handlungen so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Das gleiche gilt, wenn ein oder mehrere Teile als die Hauptleistung, andere Teile aber als Nebenleistungen anzusehen sind, die das Schicksal der Hauptleistung teilen.[34] Indizien für die Unselbstständigkeit der Leistung können das Fehlen einer gesonderten Entgeltvereinbarung sein sowie der Umstand, dass das Entgelt sich nicht reduziert, wenn ein Teil des Leistungspaktes nicht beansprucht wird.[35]

Einordnung der Leistungen des Referenten als einheitliche Leistung: Nach diesen Maßstäben sind die vom Referenten erbrachten und abgerechneten Leistungen als eine einheitliche Leistung anzusehen. Abzustellen ist insoweit darauf, dass das Abhalten des Vortrags als Online-Seminar als Gesamtprodukt zur "Ausstrahlung" kommt. Nur durch die Einräumung von Nutzungsrechten des Referenten gegenüber dem Seminaranbieter kann der Livestream des Veranstalters zustande kommen. Die Einräumung von Nutzungsrechten – auch bei gesonderter Entgeltvereinbarung – kann daher nicht als selbstständige Leistung betrachtet werden, die unproblematisch dem ermäßigten Steuersatz aus § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG unterfällt.

[33] Vgl. BFH-Urt. v. 18.8.2005 – V R 42/03, BStBl. II 2006, 44 m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung.
[34] Vgl. etwa EuGH-Urt. v. 10.3.2011 – C-497/09, C-501/09, C-502/09 – Rs. Bog u.a., BStBl. II 2013, 256 m.w.N.
[35] Vgl. BFH-Urt. v. 21.10.2009 – V 8/08, BFH/NV 2010 476.

b) Nutzungsrechtseinräumung als Hauptbestandteil der Leistung

Da es sich vorliegend um eine einheitliche Leistung handelt, muss die Einräumung der Nutzungsrechte den Hauptbestandteil der Leistung ausmachen und das Abhalten...

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