Rz. 1058

[Autor/Stand] Hierunter fallen alle Formen tätiger Reue, soweit sie nicht zur Straflosigkeit oder Strafrahmenverschiebung führen.

Die Nachzahlung der verkürzten Steuern ist unstreitig ein bestimmender Strafmilderungsgrund[2]. So ist es von erheblicher strafmildernder Bedeutung, wenn die Verkürzung von Steuern beim Fiskus nicht zu einem dauerhaften Steuerausfall geführt hat. Da der verursachte Steuerschaden ein maßgebliches Kriterium für die Bemessung der Strafhöhe ist (s. Rz. 1029.1 ff.), ist es im Gegenzug nur konsequent, die Schadenswiedergutmachung durch die Nachzahlung des Täters besonders zu berücksichtigen. Die Milderung kommt auch dem Gehilfen zugute, wenn der Haupttäter die Zahlungen geleistet hat[3].

 

Rz. 1058.1

[Autor/Stand] In der Entscheidung vom 7.2.2012 zur "Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe" kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass die Nachzahlung der verkürzten Steuern in dem zugrunde liegenden Fall keinen besonders gewichtigen Milderungsgrund darstelle, der dazu führen könne, dass trotz der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ausnahmsweise noch eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe in Betracht komme (s. auch Rz. 1029.3)[5]:

"Allerdings sind diese Umstände hier keine besonders gewichtigen Milderungsgründe. Dies gilt auch für die Nachzahlung der geschuldeten und hinterzogenen Steuern. Durch die Nachentrichtung hat der Angeklagte diejenigen Steuern abgeführt, die von ihm nach dem Gesetz geschuldet waren und zu deren Zahlung er als ehrlicher Steuerpflichtiger ohnehin verpflichtet gewesen wäre. Das Gewicht der Schadenswiedergutmachung verliert hier dadurch an Gewicht, dass der Angeklagte dies angesichts seiner komfortablen Vermögensverhältnisse ohne erkennbare Einbuße seiner Lebensführung erbringen konnte. Hinzu kommt, dass sie – unbeschadet der naheliegenden Vollstreckungsmöglichkeiten der Finanzbehörden – offensichtlich keinen besonderen persönlichen Verzicht darstellte."

Diesen Erwägungen des BGH kann aus mehreren Gründen nicht zugestimmt werden[6]. Zunächst widersprechen sie der gesetzlichen Regelung des § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB, wonach das Verhalten des Täters im Anschluss an die Tat und hierbei insb. sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, im Rahmen der Strafzumessung unabhängig davon zu berücksichtigen sind, ob dies mit einem etwaigen besonderen persönlichen Verzicht des Täters einhergeht. Ferner ist die Nachentrichtung der hinterzogenen Beträge mitunter auch dann als Strafmilderungsgrund anerkannt, wenn diese durch Dritte erfolgt[7]. In diesem Fall ist ein besonderer persönlicher Verzicht des Täters von vornherein ausgeschlossen, so dass insoweit nicht auf seine Vermögensverhältnisse abzustellen ist[8].

Auch wenn der Täter ohnehin zur Rückzahlung der geschuldeten Steuern verpflichtet ist, darf nicht verkannt werden, dass durch die Steuernachzahlung der Steuerschaden letztlich wiedergutgemacht wird und damit das geschützte Rechtsgut nicht dauerhaft geschädigt bleibt. Dass der Täter imstande war, dies ohne erkennbare Einbuße seiner Lebensführung zu erbringen, kann ihm nicht zum Nachteil gereichen[9]. Im Übrigen ist es der Schadenswiedergutmachung bei Vermögensdelikten immanent, dass der Täter letztlich "nur" den durch die Tat verursachten Vermögensschaden bereinigt[10]. Mehr als sich nach der Tat vorbildlich zu verhalten und den Schaden vollständig wiedergutzumachen, kann der Täter jedoch nicht leisten.

Darüber hinaus läuft die vom BGH vorgenommene Berücksichtigung der komfortablen Vermögensverhältnisse darauf hinaus, die Schadenswiedergutmachung bei Wohlhabenden als besonders gewichtigen Strafmilderungsgrund abzuschaffen, was zu einer Benachteiligung der Vermögenden führen würde. Auch ist nicht nachvollziehbar, welche Milderungsgründe nach Ansicht des BGH überhaupt noch als besonders gewichtige eingestuft werden können, wenn sogar der Schadenswiedergutmachung – die in der Praxis neben dem Geständnis den gewichtigsten Milderungsgrund darstellt – diese Eignung abgesprochen wird. Nach dem BGH liegt die Bewertung darüber, was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, jedenfalls beim Tatrichter und ist von diesem unter Berücksichtigung der Besonderheiten im Einzelfall zu entscheiden.[11]

 

Rz. 1058.2

[Autor/Stand] Ungeachtet der vorstehenden Kritik ist zu beachten, dass der BGH durch die mehrfache Verwendung des Wortes "hier" den Einzelfallcharakter der zugrunde liegenden Entscheidung bewusst besonders hervorgehoben hat. Diese ist als besonderer Ausnahmefall zu relativieren, da der Täter einen Kaufpreis von über 28 Mio. DM erhielt. Die Entscheidung des BGH darf daher nicht dahin gehend fehlverstanden werden, dass die Schadenswiedergutmachung per se keinen besonders gewichtigen Milderungsgrund darstellen könne, der bei einer Hinterziehung in Millionenhöhe eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe zulasse[13]. Mit anderen Worten kann die Schadenswiedergutmachung in einem anders gelagerten Fall der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe auch nach Ansicht des BGH einen be...

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