Rz. 33

§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG schließt die Anwendung des proportionalen Sondertarifs i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG bei Kapitalüberlassungen zwischen nahestehenden Personen aus. Die Vorschrift bestimmt, dass § 32d Abs. 1 EStG nicht für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 sowie Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und 7 EStG gilt, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG keine Anwendung findet. Der Gesetzgeber geht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG typisierend von einem missbräuchlichen Zusammenwirken zur Einkünfteverlagerung aus.[1] Ein Gegenbeweis ist dem Stpfl. nicht möglich. Der BFH hat hiergegen keine grundlegenden verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben, jedoch eine einschränkende Auslegung des Begriffs der nahestehenden Person vorgenommen.[2]

 

Rz. 33a

 
Hinweis

Anwendung bei Personengesellschaften

§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG betrifft Fälle, in denen ein Gläubiger Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 sowie Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und 7 EStG aufgrund einer Kapitalüberlassung an eine natürliche Person erzielt. Darüber hinaus erfasst die Regelungen auch Fälle, in denen Kapital an eine vermögensverwaltende Personengesellschaft zur Nutzung überlassen wird. Kapitalüberlassungen an gewerblich tätige Personengesellschaften werden nicht erfasst.[3]

[1] BT-Drs. 16/4841, 61.
[2] BFH v. 29.4.2014, VIII R 9/13, BFH/NV 2014, 1617, BStBl II 2014, 986; s. hierzu Moritz/Strohm, DB 2014, 2306, 2309ff.

3.1.1.1 Nahestehen von Gläubiger und Schuldner

 

Rz. 34

§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG erläutert nicht, was unter einer nahestehenden Person zu verstehen ist, obwohl es sich hierbei um den zentralen Begriff der Regelung handelt. Unbestritten ist lediglich, dass die Voraussetzungen des Nahestehens im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge i. S. d. § 11 Abs. 1 EStG erfüllt sein müssen. Im Übrigen finden sich im Schrifttum unterschiedliche Ansätze zur inhaltlichen Konkretisierung. Eine Ansicht will auf die Definition der nahestehenden Person in § 1 Abs. 2 AStG zurückgreifen.[1] Nach einer anderen Ansicht soll § 1 Abs. 2 AStG lediglich als Ausgangspunkt dienen, der Begriff im Ergebnis aber weiter zu verstehen sein, ohne dass dieses weitere Verständnis näher erläutert wird.[2] Auch die gegenteilige Ansicht, wonach dem Begriff der nahestehenden Person ein engeres Verständnis als in § 1 Abs. 2 AStG zukommen soll, findet sich im Schrifttum. Auch hier bleibt aber offen, wodurch sich dieses engere Verständnis auszeichnet.[3] Eine weitere Ansicht tritt dafür ein, das im Zusammenhang mit der vGA an nahestehende Personen von der Rspr. entwickelte Verständnis, wie es in H 36 Abs. 3 KStH niedergelegt ist, für Zwecke des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG heranzuziehen.[4] Ein Nahestehen kann danach durch jede Beziehung familien-, gesellschafts-, schuldrechtlicher oder tatsächlicher Art begründet werden, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an die jeweilige Person beeinflusst. Eine weitere Ansicht bringt § 138 InsO und § 10 Abs. 5 UStG als mögliche Anknüpfungspunkte in die Diskussion.[5] Die Finanzverwaltung stand zunächst auf dem Standpunkt, dass von einem Nahestehen i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG immer dann auszugehen ist, wenn der Gläubiger und der Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i. S. d. § 15 AO sind.[6]

 

Rz. 35

Der BFH hat sich zu Recht keiner der vorstehenden Meinungen angeschlossen, sondern darauf verwiesen, dass[7] nach der Gesetzesbegründung ein Nahestehen i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG ein Beherrschungsverhältnis voraussetzt.[8] Ein aus der Angehörigeneigenschaft i. S. d. § 15 AO abgeleitetes, bloßes persönliches Näheverhältnis kann damit gerade nicht genügen. Erforderlich ist vielmehr, dass die Person auf den Stpfl. einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Stpfl. auf die Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Stpfl. imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Stpfl. oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat. Von einer Beherrschung i. d. S. ist nach Ansicht des BFH auszugehen, wenn der beherrschten Person aufgrund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt. Gegen einen Rückgriff auf den Angehörigenbegriff i. S. d. § 15 AO sprechen darüber hinaus verfassungsrechtliche Überlegungen. Würde § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG das Vorl...

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