Rz. 6

Diese Ausführungen sind vergleichsweise allgemein und beziehen sich nur am Rande auf die konkrete Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke. Die vom Gesetzgeber beabsichtigten Ziele dürften durch den Verschonungsabschlag von 10 % kaum zu erreichen sein.[1] Private Investitionen in Immobilien werden sicherlich nicht zunehmen, weil der Erwerber im Fall einer (meist viele Jahre) späteren Vermögensübertragung mit einem Verschonungsabschlag von 10 % belohnt wird. Auf die Wettbewerbssituation auf den Miet- und Immobilienmärkten dürfte sich die Erbschaft- und Schenkungsteuer kaum auswirken. Es erscheint zudem widersprüchlich, wenn der Gesetzgeber für die Erwerber von (großen) Wohnungsunternehmen eine Verschonung von 85 % (oder sogar 100 %) vorsieht[2], dagegen für Erwerber von (kleinen) Mietwohnimmobilien einen Abschlag von lediglich 10 % gewährt. Die Marktmacht großer Wohnungsunternehmen wird durch eine solche Regelung möglicherweise sogar noch verstärkt. Das erklärte Ziel, vor allem "kleine Immobilienunternehmer" zu begünstigen, wird damit verfehlt. Es fehlt somit an einer folgerichtigen Umsetzung der gesetzgeberischen Ziele. Zudem erscheint es zweifelhaft, bei der steuerlichen Verschonung zwischen den einzelnen Formen unternehmerischer Tätigkeit derart stark zu differenzieren. Gerade dann, wenn man auch Eigentümer vermieteter Wohnimmobilien als "Unternehmer" ansieht (wie das der Gesetzgeber tut), ist eine Unterscheidung zwischen einerseits 10 % und andererseits 85 % bzw. 100 % Verschonung mehr als fragwürdig.

Insgesamt ist die Regelung wohl eher ein "Feigenblatt der Politik" als eine echte Verschonung. Bei der Bewertung von (unbebauten) Grundstücken wurde bereits früher ein pauschaler Abschlag i. H. v. 20 % gemacht, um Unsicherheiten bei der Bewertung aufzufangen.[3] Dieser Abschlag wurde ersatzlos abgeschafft, obwohl gerade die Ermittlung des gemeinen Werts mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet ist. Stattdessen hat der Gesetzgeber eine Verschonung in halber Höhe eingeführt, die noch nicht einmal für alle Grundstücke gewährt wird. Die Verschonung wird vielmehr von einer Vielzahl von Voraussetzungen abhängig gemacht, die ihrerseits allesamt kompliziert und streitanfällig sind.

[1] Krit. auch Jochum, in Wilms/Jochum, ErbStG, § 13d Rz. 4; zustimmend dagegen Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, § 13d Rz. 2; Löcherbach, in Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, § 13d Rz. 4.
[3] Bis zum 31.12.2008: § 145 Abs. 3 S. 1 BewG a. F.

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