2.2.1 Einstiegsfragen an den Mandanten

Im Rahmen der Jahresabschlussbesprechung oder bei der BWA-Besprechung sollten dem Mandanten eine oder mehrere der folgenden Fragen gestellt werden, um die Bedeutung und Notwendigkeit eines individuellen Kostenrechnungssystems zu verdeutlichen:

  • Kennen Sie die Selbstkosten Ihrer Produkte?
  • Kennen Sie die Selbstkosten einer Arbeitsstunde in Ihrem Unternehmen?
  • Kennen Sie die Produkte mit der höchsten Gewinnspanne?
  • Erfolgt eine Vor-/Nachkalkulation von Aufträgen?
  • Ist erkennbar, welche Aufträge mit Gewinn bzw. Verlust bearbeitet wurden?
  • Erfolgt die Preisbildung anhand einer eigenen Kalkulation oder nur durch Orientierung an den Preisen der Wettbewerber?
  • Wissen Sie, welche Kosten in den einzelnen Bereichen und Abteilungen Ihres Unternehmens anfallen?
  • Wissen Sie, mit welchen Produkten Sie Gewinne bzw. Verluste erwirtschaften?

Einführung Kostenrechnung, Einstiegsfragen

Anschließend kann man den Mandanten fragen, ob es aus seiner Sicht sinnvoll wäre, diese Fragen eindeutig beantworten zu können.

2.2.2 Kostenartenrechnung

Die Kostenartenrechnung stellt die Frage: "Welche Kosten sind entstanden?" Zur Ermittlung der relevanten Kostenarten ist i. d. R. eine Überleitungsrechnung von der Finanzbuchhaltung (FiBu) zur Kostenrechnung erforderlich.

Überleitung von der FiBu zur Kostenrechnung

Die Aufwendungen aus der Buchführung werden in die Kostenrechnung übernommen und ggf. bereinigt um:

  • betriebsfremde Aufwendungen (z. B. Spenden)
  • außerordentliche Aufwendungen (z. B. außergewöhnliche/einmalige Schadensfälle)
  • periodenfremde Aufwendungen (z. B. Steuernachzahlung für Vorjahre).

Auf diese Weise werden der Kostenrechnung die "normalen, betriebsbedingten Aufwendungen in üblicher Höhe" zu Grunde gelegt.

Berücksichtigung kalkulatorischer Kosten

In der Kostenrechnung sind ggf. zusätzliche, kalkulatorische Kosten zu berücksichtigen. Durch die Einbeziehung dieser kalkulatorischen Kosten soll der gesamte Werteverzehr zutreffend erfasst werden. Die Zahlen der Buchführung werden nach gesetzlichen Rechnungslegungsvorschriften ermittelt und zeigen den tatsächlichen Werteverzehr aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht immer vollständig. Die kalkulatorischen Kosten werden unterschieden in:

Anderskosten: Kosten, die in der Buchführung bereits berücksichtigt wurden, in der Kostenrechnung aber durch einen anderen Betrag ersetzt werden (Beispiel: kalkulatorische Abschreibung).

Zusatzkosten: Kosten, die in der Buchführung nicht berücksichtigt wurden, in der Kostenrechnung aber zusätzlich erfasst werden sollen (Beispiele: kalkulatorischer Unternehmerlohn, kalkulatorische Miete, kalkulatorische Zinsen, kalkulatorische Wagnisse).

Für die Ermittlung kalkulatorischer Kosten gibt es keine allgemeingültigen Regeln.

Kalkulatorische Abschreibung: Sie tritt an die Stelle der bilanziellen/buchhalterischen Abschreibung; AfA-Methode und Nutzungsdauern sind frei wählbar.

Kalkulatorische Miete: Durch sie wird die Miete berücksichtigt, die der Unternehmer mit den ihm gehörenden Grundstücken und Gebäuden im Fall einer Fremdvermietung hätte erzielen können (= entgehende Miete statt Fremdmiete).

Kalkulatorischer Unternehmerlohn: Mit ihm soll die persönliche Tätigkeit des Inhabers abgebildet werden. Der kalkulatorische Unternehmerlohn ist bei Kapitalgesellschaften in der Buchführung bereits durch das Geschäftsführergehalt berücksichtigt. Bei Einzelunternehmern/Personengesellschaften ist der (im Buchführungswerk noch nicht enthaltene) Unternehmerlohn für kalkulatorische Zwecke zusätzlich zu berücksichtigen (= z. B. i. H. des entgehenden Gehalts eines leitenden Angestellten in vergleichbarer Position).

Kalkulatorische Zinsen: Sie stellen die Zinsen dar, die das betriebsnotwendige Kapital bei einer Alternativanlage erbracht hätte (entgehende Eigenkapitalzinsen).

Kalkulatorische Wagnisse: Das allgemeine Unternehmerwagnis (= Risiko des Nachfrage-/Umsatz-/Gewinnrückgangs) ist durch den Gewinn abgegolten. Spezielle Einzelrisiken, die durch eine Versicherung abgedeckt sind, sind bereits durch Versicherungsbeiträge als Kosten berücksichtigt (= Fremdversicherungsprämie). Spezielle Einzelrisiken, die nicht durch eine Versicherung abgedeckt sind (z. B. betriebliche Schäden, die nicht jährlich eintreten) können durch kalkulatorische Wagniskosten berücksichtigt werden, indem der tatsächliche Aufwand des betreffenden Jahres durch einen durchschnittlichen Aufwand der zurückliegenden Jahre ersetzt wird (= "Selbstversicherungsprämie"), um eine gleichmäßige Belastung der Produkte mit Wagniskosten zu erreichen.

 
Praxis-Beispiel

Kalkulatorische Abschreibung

Die A-GmbH erwirbt zum 1.1.01 eine Maschine zu folgenden Konditionen:

 
Anschaffungskosten (AK) 50.000 EUR
Nutzungsdauer 5 Jahre
Wiederbeschaffungskosten (WBK) am 1.1.06 (geschätzt) 70.000 EUR

Bei gleichmäßiger Wertminderung und (folglich) linearer Abschreibung sind folgende kalkulatorischen Abschreibungen denkbar:

 
    Abschreibung
Jahr Tageswert auf AK auf WBK auf Tageswert
01 50.000 EUR 10.000 EUR 14.000 EUR  
02 55.000 EUR 10.000 EUR 14.000 EUR 11.000 EUR
03 60.000 EUR 10.000 E...

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