Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Insolvenzverwalters auf Erstattung der Kosten für die Beauftragung eines Steuerberaters als Auslagen aus der Staatskasse

 

Normenkette

InsO §§ 4a, 55, 63 Abs. 1-2; InsVV §§ 2, 4 Abs. 1; SGB III § 314

 

Tenor

1.Dem Verwalter wird

ein Vorschuss auf seine Auslagen in Höhe von

513,30

EUR

zzgl. Mehrwertsteuer in Höhe von

82,13

EUR

Gesamtbetrag:

595,43

EUR

festgesetzt.

2. Die Staatskasse wird auf Grund des Stundungsbeschlusses vom22.06.2005 zur Auszahlung des festgesetzten Betragesangewiesen.

3. Im Übrigen wird der Antrag der Verwalterinzurückgewiesen.

 

Gründe

Mit Schreiben vom 08.03.2006 stellte die Insolvenzverwalterin den Antrag, einen Vorschuss in Höhe der Rechnung der Lohnbuchhalterin Sylvia Leich vom 05.10.2005 in Höhe von 607,– EUR zzgl. Mwst. als besondere Auslagen auf die noch endgültig festzusetzenden Auslagen zu bewilligen und die Auszahlung aus der Staatskasse anzuordnen. Die Abrechnung der Lohnbuchhalterin umfasst folgende Leistungen:

  • Aufnahme Firmen- und Personalstammdaten
  • Änderung Austrittsdatum einzelner Arbeitnehmer wg.Klagen, Korrektur Verdienstabrechnung, Korrektur Beitragsnachweise versch. Krankenkassen
  • Insolvenzgeldbescheinigung für 11 AN
  • Lohnsteuerbescheinigung Kalenderjahr 2005, Lohnsteuerkarten 2005
  • Krankenkassenmeldungen.

Gem. § 63 Abs. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter Anspruch auf Vergütung und Erstattung angemessener Auslagen. Sind wie im vorliegenden Fall die Kosten des Insolvenzverfahrens gestundet, steht dem Verwalter für seine Vergütung und seine Auslagen ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, soweit die Insolvenzmasse hierfür nicht ausreicht, § 63 Abs. 2, § 4 a InsO. Das vorliegende Verfahren ist masselos.

Bei den hier geltend gemachten Kosten der Lohnbuchhalterin handelt es sich um Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO, mithin nicht um Auslagen des Insolvenzverwalters i.S.d. 8 InsVV. Eine Festsetzung der Kosten als Auslagen und Erstattung aus der Staatskasse scheidet daher grundsätzlich aus. Der Bundesgerichtshof hat jedoch bereits mit Beschluss vom 22.06.2004 (Az.: IX ZB 161/03) entschieden, dass dem Insolvenzverwalter für den Umständen nach angemessene Steuerberaterkosten, die zur Erstellung von Steuererklärungen und Bilanzen des schuldnerischen Unternehmens auf Anforderung der Finanzverwaltung anfallen, ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Beauftragung eines Steuerberaters als Auslagen aus der Staatskasse nach § 4 a, 63 InsO, § 4 Abs. 1, 2 InsVV zusteht. Auf diesen Erstattungsanspruch kann der Verwalter auch einen Vorschuss verlangen. Steuerberaterkosten können entsprechend der Entscheidung des BGH als Auslagen aus der Staatskasse erstattet werden, wenn

  • die Kosten des Verfahrens nach § 4 a InsO gestundetsind,
  • der Verwalter Masseunzulänglichkeit angezeigthat,
  • die Beauftragung des Steuerberaters erforderlichund
  • nicht vermeidbar war (weil Erfüllung hoheitlicher Aufgaben) und
  • die angefallenen Kosten der Höhe nach sachgerechtwaren.

Die Entscheidung des BGH kann nach Auffassung des Gerichts auch auf die Kosten der Lohnbuchhaltung angewandt werden, soweit Tätigkeiten abgerechnet werden, die auch ein Steuerberater vornehmen und nach StBGebV abrechnen kann. Weiterhin kann die Entscheidung auf weitere Aufwendungen des Verwalters ausgedehnt werden, soweit diese in der Erfüllunghoheitlicher Pflichten entstanden sind. Die Erstattung dieser Aufwendungen steht in Einklang zu den Grundsätzen der Auslagenerstattung, die sich aus § 4 Abs. 2 InsVV, sowie § 63 InsO ergeben.

Dem Schuldner wurden mit Beschluss vom 22.06.2005 die Kosten des Verfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet. Mit Schreiben vom 08.03.2006 wurde durch die Verwalterin Masseunzulänglichkeit angezeigt; entsprechende Mitteilungen an die Massegläubiger bzw. Veröffentlichungen sind erfolgt. Nach BGH ist die Erforderlichkeit der Steuerberaterkosten immer dann zu bejahen, wenn die steuerlichen Tätigkeiten besondere Kenntnisse erfordern oder im Umfang über das Maß hinausgehen, was mit der Erstellung einer Steuererklärung im Allgemeinen verbunden ist. Bei entsprechender Anwendung auf den vorliegenden Fall war die Beauftragung der Lohnbuchhalterin im Sinne der o.g. Entscheidung erforderlich und unvermeidbar. Zum einen erging am 11.07.2005 seitens der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Riesa an die Insolvenzverwalterin die Aufforderung, die Insolvenzgeldbescheinigungen nach § 314 SGB II für die elf Arbeitnehmer des Schuldners zu erstellen. Der Verwalter kann die Erstellung der Bescheinigungen nicht unter Hinweis auf die Masseunzulänglichkeit abwenden, da er zur Erstellung der Bescheinigungen verpflichtet ist. Grundsätzlich gehört zwar die Erstellung der Insolvenzgeldbescheinigung zu den Regelaufgaben des Verwalters und wird über die Vergütung abgegolten. Findet der Verwalter jedoch wie hier keine ordnungsgemäße Grundlage für die Erstellung der Bescheinigungen im Betrieb vor, handelt es sich um eine Tätigkeit, die delegiert werden kann, ohne dass sich die Vergütung minder...

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