Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Sperrzeit bei Meldeversäumnis. wichtiger Grund. krankheitsbedingtes Nichterscheinen. Verzicht auf Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. atypischer Sachverhalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ausnahmsweise kann auf die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verzichtet werden, wenn ein Arbeitsloser zu einer Einladung krankheitsbedingt nicht erscheinen kann.

2. Hierfür müssen besondere Umstände vorliegen, die zB in der Situation kurz vor dem Weihnachtsfeiertag ihre Ursache haben können.

 

Tenor

Die Bescheide der Beklagten vom 03.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2012 werden insoweit aufgehoben, als darin eine Sperrzeit vom 23.12.2011 bis 29.12.2011 festgestellt und die Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von 269,71 EUR von dem Kläger verlangt wird.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten im notwendigen Umfange zu erstatten.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten wegen des Eintritts einer einwöchigen Sperrzeit und der damit verbundenen Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Arbeitslosengeld.

Mit Schreiben vom 29.11.2011, dem eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt war, forderte die Beklagte den Kläger auf, zu einem Termin am Donnerstag, dem 22.12.2011 um 13:00 Uhr bei der Agentur für Arbeit in Dillenburg zu erscheinen. Ausweislich des Schreibens wollte die Mitarbeiterin C. mit dem Kläger seine aktuelle berufliche Situation besprechen.

Am 22.12.2011 um 9:48 Uhr rief der Kläger bei der Agentur für Arbeit in Dillenburg an und teilte mit, er sei arbeitsunfähig. In einem von dem Mitarbeiter D. der Beklagten über dieses Gespräch gefertigten Vermerk wurde der Kläger dabei ausdrücklich “auf ggf. eintretende Rechtsfolgen bei Nichterscheinen ohne wichtigen Grund und Nachweispflicht„ hingewiesen.

Am 10.01.2012 rief der Kläger erneut bei der Agentur für Arbeit an und teilte mit, dass er von seinem Arzt keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) erhalten habe, da der Arzt nicht da gewesen sei. Er werde versuchen, sich vom Arzt noch eine AUB ausstellen zu lassen und bringe diese zu einem neuen Termin am 19.01.2012 mit.

Am 03.02.2012 fand ausweislich eines Vermerks in der Leistungsakte der Beklagten ein weiterer Telefonkontakt statt. Die Mitarbeiterin E. der Beklagten hielt in diesem Vermerk fest, der Kläger sei darauf hingewiesen worden, dass eine Sperrzeit wegen eines Meldeversäumnisses eintrete, da keine AUB vorliege.

Mit Bescheid vom 03.02.2012 stellte die Beklagte eine Sperrzeit bei Meldeversäumnis vom 23.12.2011 bis 29.12.2011 fest und verlangte von dem Kläger in einem weiteren Bescheid mit dem gleichen Datum die Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von 269,71 EUR.

Die gegen diese Bescheide eingelegten Widersprüche des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2012 zurück. In dem Widerspruchsbescheid wird ausgeführt, der Kläger habe einen wichtigen Grund für sein Nichterscheinen nicht nachweisen können. Er habe keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Der Kläger hat gegen den Sperrzeitbescheid und den Erstattungsbescheid, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2012 jeweils am 29.05.2012 Klage erhoben. Das Gericht hat die beiden Klagen gemäß § 113 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger trägt vor, er habe am 22.12.2011 Durchfall und Erbrechen gehabt. Er sei mehr auf der Toilette als im Bett gewesen und habe Schweißattacken gehabt. Er habe sich fiebrig gefühlt und sei total schlapp gewesen. Er sei daher auch nicht in der Lage gewesen, an diesem Tag selbst zum Arzt zu gehen. Seine Frau sei auf der Arbeit gewesen und er habe deshalb den Termin bei der Beklagten absagen müssen. Am nächsten Tag sei er zu seinem Hausarzt Dr. F gegangen. Die Praxis sei zu gewesen. Er sei dann zu dessen Vertreterin Frau G. gegangen. Diese Praxis sei auch geschlossen gewesen. Zum ärztlichen Notdienst sei er dann nicht gefahren, weil er davon ausgegangen sei, dass die Erkrankung nicht so schwerwiegend gewesen sei, um deshalb den ärztlichen Notdienst zu bemühen. Die Krankheit habe so ungefähr bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag gedauert. Nach dem Ende des Weihnachtsurlaubs seines Arztes habe er dort wieder vorgesprochen. Sein Arzt habe ihm dann aufgrund der schon zurückliegenden Zeit gesagt, er könne ihm keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr ausstellen.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 03.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2012 insoweit aufzuheben, als darin eine Sperrzeit von einer Woche festgestellt und die Erstattung von Arbeitslosengeld von dem Kläger verlangt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid und verweist auf die Weisungslage. Die Leistungsakte der Beklagten ist zum ...

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