Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit. Anerkennung es Ausnahmefalls

 

Orientierungssatz

1. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs - jedenfalls bis zur Neuregelung durch das TSVG - ist es erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit spätestens am nächsten Werktag nach Ablauf des vorangegangenen Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgesellt wird (vgl BSG vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R = BSGE 123, 134 = SozR 4-2500 § 46 Nr 8 RdNr 20 mwN).

2. Für die Anerkennung eines Ausnahmefalles ist es insbesondere notwendig, dass der Versicherte innerhalb des maßgeblichen zeitlichen Rahmens der zuvor attestierten Arbeitsunfähigkeit einen Vertragsarzt zu dem Zweck aufgesucht hat, für die Weitergewährung von Krankengeld eine ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung zu erlangen und dass dazu ein Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden hat (vgl BSG vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R aaO RdNr 26).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.04.2022; Aktenzeichen B 3 KR 16/20 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 26.11.2018 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 05.04.2016 bis zum 06.09.2016 hat.

Die 1957 geborene, bei der Beklagten in der Beschäftigtenversicherung krankenversicherte Klägerin war ab dem 25.06.2015 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte gewährte ihr mit Bescheid vom 08.09.2015 ab 06.08.2015 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 57,47 € (brutto); im Bescheid heißt es u.a.:

Voraussetzung für die Krankengeldzahlung ist der Nachweis Ihrer weiteren Arbeitsunfähigkeit mit dem Zahlschein. Auf diesem Dokument bescheinigt Ihr behandelnder Arzt Ihre Arbeitsunfähigkeit… . Bei nicht durchgehend nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit riskieren Sie den Verlust Ihres Krankengelds. Die Krankengeldzahlung erfolgt abschnittsweise immer rückwirkend bis zu dem Tag, den Ihr Arzt als letztmaligen Vorstellungstermin auf dem Zahlschein angegeben hat. Durch diese abschnittsweise Gewährung des Krankengelds ergibt sich, dass die Voraussetzungen für den Anspruch für jeden Zahlabschnitt neu geprüft werden. Sollten die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, informieren wir Sie umgehend. Die bescheinigte Dauer der Arbeitsunfähigkeit auf den Zahlscheinen dient Ihnen und uns zur Information. Beachten Sie bitte für Folgezahlscheine, dass die Feststellung der weiteren Arbeitsunfähigkeit spätestens am Tag des Ablaufs der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeit ärztlich auf dem Zahlschein attestiert wird. Nur so weisen Sie eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit nach. …

Zum 29.02.2016 endete das Beschäftigungsverhältnis aufgrund Kündigung wegen Insolvenz des Arbeitgebers. Nachdem der Hausarzt der Klägerin Dr. H im Auszahlschein vom 15.03.2016 fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich zum 04.04.2016 (Montag) festgestellt hatte, suchte die Klägerin die Praxis am 05.04.2016 zur Erlangung einer weiteren Arbeitsunfähigkeitsfeststellung auf.

Wegen eines Trauerfalls in der Familie des Arztes war die Praxis jedoch geschlossen. Am 06.04.2016 stellte Dr. H sodann die weitere Arbeitsunfähigkeit fest, wobei er diese Feststellung auf den 05.04.2016 rückdatierte. Weitere Arbeitsunfähigkeit der Klägerin wurde in der Folgezeit bis zum 06.09.2016 ärztlich bescheinigt. Mit Bescheid vom 14.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2016 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld für die Zeit ab 05.04.2016 ab, da aufgrund der am 05.04.2016 unterbrochenen ärztlichen Feststellung von Arbeitsunfähigkeit die allein durch den Bezug von Krankengeld aufrechterhaltene Mitgliedschaft der Klägerin in der Beschäftigtenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld geendet habe und die Klägerin in der Folgezeit nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei. Nach Maßgabe des § 46 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) begründe die rückwirkende Attestierung von Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Krankengeld.

Hiergegen hat die Klägerin am 17.08.2016 Klage zum Sozialgericht Speyer (SG) erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt. Die Verpflichtung der Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung Krankengeld ab dem 17.08.2016 vorläufig bis zum 26.12.2016 zu gewähren (Beschluss des SG vom 29.09.2016 - S 19 KR 448/16 ER -), hat der Senat auf Beschwerde der Beklagten durch Beschluss vom 14.11.2016 (L 5 KR 289/16 B ER) aufgehoben, weil entgegen der Rechtsauffassung des SG die Bewilligung von Krankengeld nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) regelmäßig nicht als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, sondern abschnittsweise erfolge.

Durch Urteil vom 26.11.2018 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin weiteres Krankengeld für die Zeit vom 05.04.2016 bis ...

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