Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. klappbarer Elektroroller mit Sattel. allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens

 

Leitsatz (amtlich)

Ein klappbarer Elektroroller mit Sattel "eco-Fun" ist kein Hilfsmittel, das von der Gesetzlichen Krankenversicherung zu leisten ist, sondern ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (§ 33 Abs 1 S 1 SGB V).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 24.03.2021; Aktenzeichen B 3 KR 55/20 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 27. Februar 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Kostenerstattung für einen selbst beschafften E-Scooter Rolektro eco-Fun 20 V.2 SE.

Bei dem am F. 1940 geborenen Kläger bestehen ausweislich der Verordnung der Fachärzte für Orthopädie Dr G. /Dr H. eine Gangstörung links, Sturzneigung links, neuropathische Schmerzen im Dermatom L5, eine Foramenenge beim Durchtritt der Wurzel L5 rechts und einem Drehgleiten L5 und L4. Im Dezember 2016 musste er sich einer Herzoperation mit vier Bypässen unterziehen. Ihm sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 und das Merkzeichen „aG“ zuerkannt.

Mit Schreiben vom 11. Juni 2019 (nach dem Eingangsstempel am 17. Juni 2019 bei der Beklagten eingegangen) teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er beabsichtigte, sich einen E-Roller anzuschaffen und bat um eine Beihilfe zur Anschaffung.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. Juli 2019 ab und bot dem Kläger an, bei entsprechender ärztlicher Verordnung die Kosten für ein Elektromobil oder einen Elektrorollstuhl zu übernehmen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte aus, dass es für ihn wichtig sei, dass das Gerät transportabel sei. Der E-Roller sei klappbar und könne ohne Schwierigkeiten in seinem Pkw transportiert werden. Er habe auch eine Straßenzulassung. Die Kläger legte die ärztliche Verordnung des Facharztes für Orthopädie Dr G. vom 25. Juli 2019 vor sowie die Rechnung von I. vom 15. Juli 2019 mit dem Auftragsdatum 4. Juli 2019. Der Rechnungsbetrag betrug für den Elektroroller Nizza 750,00 € und für den Ersatz-Akku eco-Fun 249,00 € (Gesamtbetrag 999,00 €).

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2019 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 7. November 2019 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben. Er hat vorgetragen, dass der behandelnde Orthopäde Dr G. ihm den E-Roller verschrieben habe, der alle Bedingungen für den Unterzeichnenden in Sachen Mobilität erfülle. Damit könne er alle Ziele im kleineren Nahbereich wie Arztpraxen, Lebensmittelgeschäfte und am Urlaubsort erreichen. Das Fahrradfahren sei für ihn nach einer Herzoperation gefährlich. Bei einem Sturz aus relativ großer Höhe eventuell mit dem Lenkrad in der Brust bestehe ein gefährliches Problem. Die mögliche Sturzhöhe bei einem E-Roller sei sehr niedrig. Für einen elektrischen Rollstuhl sei sein Carport nicht geeignet und ein solcher sei wegen der kleinen Räder auch sehr gefährlich. Für ihn sei ein E-Roller mit größerer Flexibilität hervorragend geeignet.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. Februar 2020 abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Erstattung eines Betrages in Höhe von 999,-- € lägen nicht vor. Es habe sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gehandelt. Auch die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Satz 1 zweite Alternative SGB V seien nicht erfüllt. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reiche nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setze voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehöre, die die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Es sei bereits fraglich, ob der Beschaffungsweg eingehalten worden sei. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Rechnung vom 15. Juli 2019 sei der begehrte E-Roller bereits am 4. Juli 2019 in Auftrag gegeben worden. An diesem Tag sei der ablehnende Bescheid fristgemäß in der gesetzlich vorgeschriebenen Drei-Wochen-Frist erstellt worden. Die Auftragserteilung wäre noch vor Zustellung des ablehnenden Bescheides erfolgt, mit der Folge, dass bereits wegen Nichteinhaltung des Beschaffungsweges ein Anspruch ausgeschlossen wäre. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 33 SGB V. Es komme auch nicht darauf an, ob der begehrte E-Roller im Hilfsmittelverzeichnis als ein zugelassenes Hilfsmittel aufgeführt sei. Das Hilfsmittelverzeichnis sei nicht abschließend. Jedoch könnten nicht die Folgen und Auswirkungen der Behinderung ausgeglichen werden, die in über die Grundbedürfnisse hinausgehende berufliche, gesellschaftliche oder private Bereiche hineinwirkten. Unberücksichtigt bleibe auch die Herstellung der Fähigkeit, weitere Wegstrecken, vergleichbar einem Autofahrer, Radfahrer, Jogger oder Wanderer zu bewältigen. Die Kammer sei der Ü...

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