Rz. 13

Nach Abs. 2 Satz 1 haben leistungsberechtigte Personen vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft den dort zuständigen Träger der Sozialhilfe über die nach § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen. Damit bekommt der Träger die Möglichkeit, vorab eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die neuen Kosten der Unterkunft angemessen sind. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass der Berechtigte bei einem Wohnungswechsel einer Unterdeckung ausgesetzt wird.

 

Rz. 14

Mitteilungspflichtig sind nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut "Leistungsberechtigte", also Personen, die bereits vor dem Umzug im Leistungsbezug stehen, nicht hingegen solche, die erst durch den beabsichtigten Umzug leistungspflichtig werden (BSG, Urteil v. 30.8.2010, B 4 AS 10/10 R Rz. 18 zu § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II a. F.).

 

Rz. 15

Adressat der Mitteilungspflicht ist der für den neuen Wohnort zuständige Träger der Sozialhilfe. Allein dieser kann verlässlich beurteilen, ob die Aufwendungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in seinem Zuständigkeitsgebiet angemessen sind.

 

Rz. 16

Zu den nach § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 mitteilungspflichtigen Umständen gehören vor allem Größe und Beschaffenheit der neuen Unterkunft sowie die anfallenden laufenden Aufwendungen (Kaltmiete, kalte Betriebskosten, Heizkosten), ferner die Anzahl etwaiger Mitbewohner sowie Umstände, die ggf. einen besonderen Wohnraumbedarf begründen (z. B. Nutzung eines Rollstuhls).

 

Rz. 17

Eine Verletzung der Mitteilungspflicht führt nicht dazu, dass keine Leistungen für die neue Unterkunft zu gewähren sind. Die Regelung hat keinen Sanktionscharakter; ihr kommt lediglich Aufklärungs- und Warnfunktion zu, damit die leistungsberechtigte Person rechtzeitig vor ihrer Entscheidung darüber informiert wird, ob bzw. ggf. in welchem Umfang Aufwendungen für die neue Unterkunft als Bedarf anerkannt werden. Erst recht schränkt Abs. 2 das in Art. 11 GG verfassungsrechtlich garantierte Recht, seinen Wohnsitz frei zu wählen, nicht ein. Es steht der leistungsberechtigten Person vielmehr – unabhängig von den Gründen – frei, ihre Wohnung zu wechseln (vgl. zu alledem auch Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, 6. Ergänzungslieferung 2023, § 35a Rz. 25 ff. m. w. N.).

Trotz unterbliebener Mitteilung des beabsichtigten Umzugs sind daher zumindest die angemessenen Aufwendungen für die neue Unterkunft zu übernehmen; dies gilt grundsätzlich auch bei einem nicht erforderlichen Wohnungswechsel (so schon BVerwG, Urteil v. 1.10.1998, 5 C 6/98 Rz. 10 ff. zur damaligen Rechtslage). Eine dem § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II entsprechende Regelung, nach der nur der bisherige Bedarf anerkannt wird, wenn sich die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einem nicht erforderlichen Umzug erhöhen, kennt das SGB XII nicht. Ähnliche Ergebnisse können sich allerdings ggf. aus dem Mehrkostenvorbehalt (§ 9 Abs. 2 Satz 3) ergeben, wenn mehrere Unterkunftsalternativen zur Verfügung stehen (vgl. dazu und zu den Bedenken Löcken, in: jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 35 Rz. 163).

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