Rz. 21

Ansprüche des Leistungsberechtigten gegen Dritte (z. B. Unterhaltsansprüche) kann die zuständige Behörde gemäß Abs. 4 nach Maßgabe des entsprechend geltenden § 93 SGB XII auf sich überleiten und dann geltend machen. Die für die Sozialhilfe bestehenden Einschränkungen der Überleitung von Unterhaltsansprüchen gemäß § 94 SGB XII gelten für das AsylbLG nicht. Überleitungsfähig ist jeder noch zu erfüllende Anspruch, der noch nicht untergegangen ist. Ob der Anspruch rechtlich bindend besteht, ist im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit der Überleitung noch nicht zu prüfen, sondern erst dann, wenn der aus der Überleitung Berechtigte den Anspruch geltend macht. Einreden und Einwendungen sind erst dann zu prüfen. Bei der Überleitung ist also nur eine Negativevidenzkontrolle durchzuführen: Es ist lediglich zu prüfen, ob der Anspruch offensichtlich nicht besteht.

 

Rz. 22

Nach dem entsprechend geltenden § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII darf ein Anspruch gegen einen Leistungsträger nach § 12 SGB I nicht übergeleitet werden. Die nach § 9 Abs. 4 Nr. 3 geltenden Regelungen der §§ 102 bis 113 SGB X und die danach in Betracht kommenden Erstattungsansprüche unter den Leistungsträgern haben Vorrang vor der Überleitung nach Abs. 4. Der vorleistetenden Behörde ist ein Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 SGB X ebenfalls verwehrt. Sie kann stattdessen den Erstattungsanspruch gegenüber dem vorrangig verpflichteten Träger geltend machen mit der Folge, dass gegenüber dem Leistungsempfänger gemäß § 107 SGB X Erfüllungswirkung eintritt. Privilegierte Ansprüche auf Aufwandsentschädigung oder Schmerzensgeld sind nicht überleitungsfähig. Die Überleitung des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 SGB XII Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Damit ist die zeitliche Konnexität Voraussetzung für die Durchführung der Überleitung (Schmidt, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 7 Rz. 70).

 

Rz. 23

Die Überleitung des Anspruchs darf gemäß Abs. 4 i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB XII nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des anderen entweder die Leistung nicht erbracht worden wäre oder in den Fällen des § 19 Abs. 5 SGB XII Aufwendungsersatz oder ein Kostenbeitrag zu leisten wäre. Es muss eine kausale Verknüpfung zwischen Hilfegewährung und Drittforderung bestehen. Es ist zu prüfen, was geschehen wäre, wenn der Drittanspruch rechtzeitig realisiert hätte werden können (Grube/Wahrendorf/Flint/Leopold, 8. Aufl. 2024, AsylbLG, § 7 Rz. 44). Der Übergang ist gemäß Abs. 4 i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 4 SGB XII nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

 

Rz. 24

Die Überleitung wird durch Verwaltungsakt bewirkt. Dieser ist als Überleitungsanzeige auch an den Dritten zu richten. Bei der Verwaltungsentscheidung ist Ermessen auszuüben und im Bescheid zu begründen, dass das private Interessen des Drittschuldners hinter den öffentlichen Interessen auf Wiederherstellung des Nachranges zurückstehen muss. Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß Abs. 4 i. V. m. § 93 Abs. 3 SGB XII keine aufschiebende Wirkung. Die (wirksame) Überleitung bewirkt den Übergang des Anspruchs für die Zeit, für die der leistungsberechtigten Person die Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird (Schmidt, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., AsylbLG, § 7 Rz. 73). Im Prozess ist der Dritte gemäß § 75 Abs. 1 SGG notwendig beizuladen.

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