1 Einführung

Die Versorgung von Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf im häuslichen Umfeld entspricht den Wünschen und Bedürfnissen der meisten Menschen. Sie möchten so lange wie möglich in ihrer häuslichen Umgebung verbleiben. Umfragen belegen, dass auch die Mehrzahl der Beschäftigten ihre Angehörigen am liebsten selbst betreuen möchte.

Bereits seit 1.7.2008 besteht nach dem PflegezeitG Anspruch auf eine bis zu 10-tägige Auszeit in akut aufgetretenen Pflegesituationen sowie eine bis zu 6-monatige Auszeit zur häuslichen Pflege. Mit Wirkung zum 1.1.2012 ist das FamilienpflegezeitG in Kraft getreten, nach dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Verminderung der Arbeitszeit für die Dauer von bis zu 24 Monaten zum Zwecke der häuslichen Pflege mit Aufstockungsbetrag vereinbaren können.

Im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung ankündigt: "Wir werden die Möglichkeiten des Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetzes unter einem Dach mit Rechtsanspruch zusammenführen und weiterentwickeln, um die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf besser zu unterstützen."

Am 4.12.2014 hat der Bundestag das von der Bundesregierung vorgelegte "Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf" (Bundestags-Drucksache 18/3124) i. d. F. der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Bundestags-Drucksache 18/3449 vom 3.12.2014) verabschiedet.

Zunächst ist festzustellen, dass weiterhin 2 Gesetze zur Thematik Pflegezeit und Familienpflegezeit bestehen bleiben. Ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit wird eingeführt. PflegezeitG und FamilienpflegezeitG werden verzahnt. Die Neuregelungen treten zum 1.1.2015 in Kraft. Nachfolgend werden die wichtigsten Änderungen dargestellt.

2 Änderung des Pflegezeitgesetzes

2.1 Ausweitung des Begriffs der pflegebedürftigen "nahen Angehörigen"

Der Begriff der pflegedürftigen nahen Angehörigen wird nach § 7 Abs. 3 PflegezeitG n. F. ausgeweitet auf

  • Stiefeltern,
  • Partner einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft,
  • Schwägerinnen und Schwäger.

Aufgrund der Verweisung in § 2 Abs. 3 FamilienpflegezeitG auf die §§ 5 bis 8 des PflegezeitG gilt die Ausweitung des Angehörigenbegriffs auch für den Anspruch auf Familienpflegezeit.

Die Einbeziehung von Angehörigen der "Pflegestufe 0", z. B. bei Demenz, bleibt der Umsetzung durch die 2. Stufe der Pflegereform vorbehalten. D. h., die Anerkennung der "Pflegestufe 0" reicht weiterhin nicht aus, um die Ansprüche aus dem Pflegezeit- oder Familienpflegezeitgesetz in Anspruch zu nehmen.

2.2 Entgeltersatzleistung bei kurzzeitiger Auszeit zur Pflege in Akutfällen

Aus dem Pflegezeitgesetz selbst ergibt sich bisher keine Pflicht zur Entgeltfortzahlung. Der Arbeitgeber ist zur Fortzahlung der Vergütung nur verpflichtet, soweit sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund einer Vereinbarung – z. B. in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einem Arbeitsvertrag oder aufgrund § 616 BGB – ergibt. Nach § 29 Abs. 1 Buchst. e aa) und bb) TVöD/TV-L haben Beschäftigte Anspruch auf einen Arbeitstag bezahlte Arbeitsbefreiung bei "schwerer Erkrankung" eines Angehörigen, soweit dieser in demselben Haushalt lebt. Bei schwerer Erkrankung eines Kindes besteht Anspruch auf bis zu 4 Arbeitstage bezahlte Arbeitsbefreiung im Kalenderjahr, wenn im laufenden Jahr kein Anspruch auf das sog. Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V besteht oder bestanden hat.

 
Hinweis

Pflegeunterstützungsgeld

Ab 1.1.2015 hat der Beschäftigte Anspruch auf Zahlung eines "Pflegeunterstützungsgeldes", einer Entgeltersatzleistung i. H. v. 90 % des Nettogehaltes. Das Pflegeunterstützungsgeld ist vorgesehen für den Fall, dass ein Beschäftigter gegen seinen Arbeitgeber keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat (§ 2 Abs. 3 Satz 2 PflegezeitG i. V. m. § 44a Abs. 3 SGB XI). Auch geringfügig Beschäftigte – sog. 450-EUR-Kräfte – haben bei Vorliegen der Voraussetzungen Anspruch auf dieses Pflegeunterstützungsgeld.

Das Pflegeunterstützungsgeld wird gezahlt durch die Pflegekasse des Pflegebedürftigen bzw. bei privat versicherten Pflegebedürftigen durch dessen Versicherungsunternehmen. Die Höhe des Pflegeunterstützungsgeldes entspricht den Leistungen im Rahmen des sog. Kinderkrankengeldes nach § 45 SGB V, wobei die Berechnung des Kinderkrankengeldes neu gefasst und vereinfacht wird. Grundlage für die Berechnung der Entgeltersatzleistung ist nicht mehr das in der Vergangenheit gezahlte, sondern das während der Freistellung ausgefallene Arbeitsentgelt. Das Pflegeunterstützungsgeld wird auf Antrag des berechtigten Arbeitnehmers gezahlt. Der Antrag ist vom Arbeitnehmer unverzüglich bei der Pflegekasse bzw. dem Versicherungsunternehmen des Pflegebedürftigen zu stellen.

Bei Pflege von Kindern wird alternativ entweder das sog. Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V oder das Pflegeunterstützungsgeld gezahlt.

Die soziale Absicherung der Bezieher von Pflegeunterstützungsgeld ist wie folgt geregelt:

Für Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung werden die Beiträge aus dem Pflegeunterstützungsgeld zur gesetzlichen Krankenversicherung von den Pflegekassen entrichtet. Die Beiträge werden hälftig von der Pflegekasse und dem Versicherten getragen. Dies ergibt...

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