Schon bisher galten Sonderregelungen (§§ 164, 165 SGB IX) (a. F.: §§ 81, 82 SGB IX). Insbesondere haben öffentliche Arbeitgeber schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, es sei denn, dass die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Dass diese und die Rechte des Betriebsrats zu beachten sind, sollte klar sein (s. auch Punkt 4.1.3). In diesem Zusammenhang ist es bereits zu Entschädigungsforderungen gekommen.[1]

Diese sich aus § 165 SGB IX ergebende Verpflichtung gehört zu den Pflichten des Arbeitgebers, mit denen jedoch kein individueller Anspruch bzw. kein individuelles Recht der jeweiligen schwerbehinderten Bewerber bzw. Bewerberinnen auf eine Einladung korrespondiert. Deshalb kann der bzw. die Bewerberin hierauf auch nicht rechtswirksam verzichten.[2]

In dem zugrunde liegenden Fall bewarb sich die schwerbehinderte Klägerin bei der beklagten Stadt auf eine ausgeschriebene Stelle als Sachbearbeiterin im Jugendamt. Zudem bat sie im Bewerbungsschreiben, sie zum Vorstellungsgespräch nur dann einzuladen, wenn sie in die engere Wahl genommen werde, da ihres Erachtens alles andere "keinen Sinn mache". Als sie dann tatsächlich eine Absage erhielt, ohne zuvor zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein, erhob sie – erfolgreich – Klage auf Entschädigung nach§ 15 Abs. 2 AGG.

Allerdings liegt keine Benachteiligung trotz unterlassener Einladung zum Vorstellungsgespräch vor, wenn dem Arbeitgeber die Behinderung gar nicht bekannt war.[3] Ein schwerbehinderter Bewerber muss daher grundsätzlich die Information über seine Behinderung in jedem einzelnen Bewerbungsschreiben mitteilen, wenn er den besonderen Schutz und die Förderung nach dem SGB IX in Anspruch nehmen will. Wird die Information im Lebenslauf gegeben, so hat dies an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift hervorgehoben, zu geschehen. Nicht ausreichend ist die versteckte Information im Lebenslauf an unerwarteter Stelle und unter einer irreführenden Überschrift, die bloße Beifügung einer Kopie des Schwerbehindertenausweises oder die Berufung auf eine frühere Bewerbung, in der die Behinderung mitgeteilt worden ist.[4]

Dagegen ist es nach Auffassung des BAG[5] nicht generell notwendig, auch den Grad der Behinderung (GdB) anzugeben. Begründet wurde dies mit § 2 Abs. 2 SGB IX, der den Begriff der Schwerbehinderung definiert. Hiernach sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von mindestens 50 vorliegt. Aufgrund dessen müsse ein entsprechender Hinweis auf eine "Schwerbehinderung" auch so verstanden werden, dass ein GdB von mindestens 50 besteht.

Ausnahmsweise müssen jedoch auch öffentliche Arbeitgeber schwerbehinderte Bewerber selbst bei Eignung nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen, wenn sie die formalen Bewerbervoraussetzungen nicht erfüllen (in diesem Fall war der Bewerberkreis auf Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit Bedrohte beschränkt, um die Förderung nach dem Altersteilzeitgesetz zu erhalten).[6]

In einem anderen Fall konnte der Arbeitgeber erfolgreich deutlich machen, dass der Schwerbehinderte nur wegen des Vorbeschäftigungsverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG und dessen früherer Tätigkeit für den Arbeitgeber nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.[7]

Das BAG hat es in einem Fall als ausreichend angesehen, wenn der Arbeitgeber zusätzlich darlegt und nachweist, dass die Ablehnungsgründe nicht die fachliche Eignung des Bewerbers betreffen, was z.  B. der Fall sein kann, wenn der schwerbehinderte Bewerber für die Stelle überqualifiziert war und der Arbeitgeber nachweist, dass er sich im Rahmen des Auswahlverfahrens ausschließlich von personalpolitischen Erwägungen hat leiten lassen, die die Mitarbeiterzufriedenheit und eine nachhaltige Personalplanung zum Ziel haben und er deswegen generell keine überqualifizierten Bewerber einstellt. Beruft sich der öffentliche Arbeitgeber zur Widerlegung der Benachteiligungsvermutung auf solche Gründe der Personalpolitik, die nicht an die Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG anknüpfen, muss er auch nicht darlegen und ggf. beweisen, dass er den Grundsatz der Bestenauslese gewahrt hat.[8]

Zudem kann von einer Einladung dann abgesehen werden, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, § 165 Satz 4 SGB IX. Und dies kann nach Auffassung des BAG auch dann anzunehmen sein, wenn der/die Bewerber/in eine in einem nach Art. 33 Abs. 2 GG zulässigen Anforderungsprofil als zwingendes Auswahlkriterium bestimmte Mindestnote des geforderten Ausbildungsabschlusses nicht erreicht hat. Daran ändere auch der Umstand, dass § 165 Satz 4 SGB IX als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist, nichts; denn dem Prinzip der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG sind auch die durch das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG geschützten Personengruppen unterworfen.[9]

Nach Auffassung des ArbG Karlsruhe kann ausnahmsweise auch dann von einer Einladung abgesehen werden[10], wenn sich der Schwerbehinderte nur wenige Wochen zuvor bei diesem Arbeitgeber bereits auf eine gleiche...

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