Praxis-Beispiel

Vertriebsmitarbeiter gesucht!

Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Unterstützung für unser junges Vertriebsteam eine Verkaufskraft.

Idealerweise sind Sie zwischen 25 und 35 Jahre alt und verfügen über eine kaufmännische Ausbildung sowie Verkaufserfahrung im Außendienst. Sie beherrschen die deutsche Sprache perfekt in Wort und Schrift. Sie sind in jeder Hinsicht belastbar und flexibel. Ihr Auftreten ist sicher, gewandt und vertrauenerweckend.

Bewerbungen bitte mit Lichtbild und Gehaltsvorstellungen an …

Es bewirbt sich sodann eine farbige Frau, 37 Jahre alt, behindert mit einem GdB von 30, mit kaufmännischer Ausbildung und Verkaufserfahrung im Vertriebsaußendienst; die Zeugnisse der vorherigen Arbeitgeber sind gut. Sie wird erst gar nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen und erhält eine Absage.

Sie klagt auf Schadensersatz wegen Benachteiligung – mit Aussicht auf Erfolg?

Die Stellenausschreibung birgt ein erhebliches Risikopotenzial: Die Bewerberin kann geltend machen, die Ausschreibung verstoße gegen § 7 Abs. 1 AGG, denn sie benachteilige sie wegen

ihres Alters (25 bis 35 Jahre),

ihrer Herkunft (perfektes Deutsch, Lichtbild, vertrauenerweckendes Auftreten),

ihrer Behinderung (belastbar und flexibel).

Rasse, ethnische Herkunft

Wird die Vorlage eines Lichtbilds verlangt, birgt das die Gefahr, dass dem Arbeitgeber durch das Lichtbild bestimmte Eigenschaften des Bewerbers im Hinblick auf dessen ethnische Herkunft, z. B. Hautfarbe, bekannt werden und eine Vermutung für eine Benachteiligung begründen können. Das Verlangen eines Lichtbilds ist wohlgemerkt nicht unzulässig, erfährt der Arbeitgeber aber durch das Lichtbild bestimmte Eigenschaften des Bewerbers (Hautfarbe, Behinderungen, Alter), die nach § 1 AGG vor Benachteiligungen geschützt sind, so verliert er gewissermaßen "seine Unschuld" im Hinblick auf die Merkmale des § 1 AGG und kann bei Ablehnung des Bewerbers in eine Rechtfertigungssituation kommen. Unbedenklich dagegen gilt die Formulierung: "Wir bitten um Übersendung aussagekräftiger Bewerbungsunterlagen, inklusive einschlägiger Abschluss- und Arbeitszeugnisse." I. Ü. sind Formulierungen wie "Muttersprache: Deutsch" verboten, es sei denn, es ist für die zu erbringende Tätigkeit tatsächlich erforderlich. Problematisch können auch Anforderungen sein wie "perfektes Deutsch wird vorausgesetzt" oder "sehr gute Deutschkenntnisse erforderlich"; allerdings muss hier beachtet werden, dass im Gegensatz zum Erfordernis "Muttersprache Deutsch" nicht an eine ethnische Herkunft angeknüpft wird, da eine Sprache unabhängig von einer Nationalität erworben werden kann.[1]

Geschlecht

Wie bisher schon nach § 611b a. F. BGB ist jede Stellenausschreibung grundsätzlich geschlechtsneutral abzufassen. Verstöße begründen die Vermutung einer Benachteiligung wegen des Geschlechts. Dabei kann die männliche Form verwandt werden, sofern durch einen deutlichen Zusatz klargestellt ist, dass die Stelle genauso für weibliche Bewerber in Betracht kommt. Aufgrund der Änderung des PStG (s. o. unter 2.2.1.6) reicht hierbei jedoch der Zusatz "w/m" nicht mehr aus. Vielmehr muss erkennbar sein, dass auch das 3. Geschlecht ausdrücklich angesprochen wird. Dies kann z. B. durch den Zusatz bestimmter Symbole (z. B. *) geschehen (z. B. "Sachbearbeiter*in). Allerdings kann hier die Gefahr bestehen, dass allein diese Ausdrucksweise als Anzeichen für eine Diskriminierung gesehen wird, da Angehörige des 3. Geschlechts zu reinen Symbolen herabgesetzt werden. Empfehlenswerter ist es deshalb, die Stellenanzeige mit Zusätzen zu versehen. In der aktuellen Praxis häufig anzufinden sind Zusätze wie „(m/w/d)". Dabei steht "d" für divers.[2]

Zu dieser Problematik hat das LAG Schleswig-Holstein entschieden, dass das sog. Gendersternchen in einer Stellenanzeige keine Diskriminierung wegen des Geschlechtes von Menschen mit nicht binärer Geschlechteridentität darstellt.[3] Im vorliegenden Fall hat die beklagte Gebietskörperschaft mehrere Stellen für Diplom-Sozialpädagog*innen, Diplom-Sozialarbeiter*innen und Diplom-Heilpädagog*innen ausgeschrieben. Es hieß u. a.: "Näheres entnehmen Sie bitte dem nachstehenden Anforderungsprofil einer Fachkraft (m/w/d)." sowie: "Schwerbehinderte Bewerber*innen werden bei entsprechender Eignung bevorzugt berücksichtigt." Die klagende Partei ist zweigeschlechtlich geboren. Nachdem sie sich erfolglos auf die Stelle bewarb, klagte sie auf Entschädigung nach dem AGG- ohne Erfolg.

Das Gericht entschied, dass die Verwendung des Gendersternchens in einer Stellenausschreibung mehrgeschlechtlich geborene Menschen nicht diskriminiere; denn diese Schreibweise diene gerade einer geschlechtersensiblen und diskriminierungsfreien Sprache; hierbei könne dahingestellt bleiben, ob das Gendersternchen den offiziellen deutschen Rechtschreibregeln entspreche. Im vorliegenden Fall sei zudem aus den sonstigen Formulierungen, wie z. B. durch den Zusatz "m/w/d" deutlich, dass geschlechtsneutral ausgeschrieben werden sollte.

Ebenso ist es zulässig, ...

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