Obstruktives Stimmverhalten kann darin bestehen,

  • einem Beschluss über erforderliche Maßnahmen (u. a. nach GEG) nicht zuzustimmen oder
  • einem Beschlussantrag zuzustimmen, der nach GEG erforderliche Vorgaben missachtet.

4.3.4.1 Beteiligung mehrerer

Die Beteiligung mehrerer an einer Ordnungswidrigkeit regelt § 14 OWiG. Ob im Fall obstruktiver Beschlussfassung gegen nach dem GEG erforderliche Maßnahmen als Beteiligte der Ordnungswidrigkeit auch diejenigen Wohnungseigentümer in Betracht kommen, die im einen Fall für die GEG-konforme Maßnahme gestimmt haben und im anderen Fall gegen den GEG-widrigen Beschlussantrag, ist ersichtlich (noch) ungeklärt. Zu berücksichtigen ist jedenfalls, dass es sich um eine Gremienentscheidung handelt. Nach der zum Strafrecht ergangenen BGH-Rechtsprechung ist jedenfalls derjenige als Beteiligter anzusehen, der nicht alles ihm Mögliche und Zumutbare tut, um eine rechtskonforme Maßnahme durchzusetzen.[1]

Diese Rechtsprechung ist nicht unumstritten, weil sie subjektive Elemente nicht ausreichend berücksichtigt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bereits das WEG den überstimmten Wohnungseigentümern, die eine GEG-konforme Maßnahme durchsetzen wollen, sowohl durch die Anfechtungs- als auch die Beschlussersetzungsklage effektive Mittel an die Hand gibt, die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorgaben auch gegen den Willen der Mehrheit durchzusetzen. Ob diese Wege vorsichtshalber eingeschlagen werden sollten, wird die Rechtsprechung zu klären haben. Wegen der der GdWE auferlegten und von den Wohnungseigentümern anteilig zu tragenden Verfahrenskosten könnten diese Eigentümer jedenfalls anschließend die obstruktive Mehrheit über die GdWE in Regress nehmen.[2]

 

Dokumentation des Abstimmungsverhaltens

Von elementarer Bedeutung ist jedenfalls die namentliche Dokumentation des Abstimmungsergebnisses seitens des Verwalters.[3] Die namentliche Erfassung des Stimmverhaltens zur möglichen Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen stellt im Übrigen keine widerrechtliche Drohung dar.[4]

[3] OLG Düsseldorf, Urteil v. 13.9.1979, 5 S 420/79, NJW 1980, 71.
[4] AG München, Urteil v. 10.1.2018, 485 C 433/16 WEG, ZWE 2018, 331.

4.3.4.2 Praktische Konsequenzen

Der Verwalter ist kein Vormund der Wohnungseigentümer. Anderseits ist er verpflichtet, auch anfechtbare Beschlüsse durchzuführen, was in Ermangelung einer aufschiebenden Wirkung auch dann gilt, wenn ein Beschluss angefochten ist.[1] Deshalb ist zunächst zu prüfen, ob ein Beschluss, der gegen die Vorgaben des GEG verstößt, lediglich anfechtbar oder sogar nichtig ist.

Beschlussnichtigkeit

Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG ist ein Beschluss nichtig, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Aus wohnungseigentumsrechtlicher Sicht kommt es bei Verstößen gegen zwingende Rechtsvorschriften maßgeblich auf den Schutzzweck der verletzten Rechtsvorschrift an.[2] Die Nichtigkeit kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz der Wohnungseigentümer dient.[3]

Ziel des GEG ist in 1. Linie, einen Beitrag zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung zu leisten. Dies kommt bereits im Wortlaut des § 1 GEG zum Ausdruck. Danach kann von einem Schutzzweck zugunsten der nach dem GEG Verpflichteten nicht ausgegangen werden. Dies ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Maßgeblich zu berücksichtigen ist insoweit vielmehr, dass die Verletzung der Pflichten nach dem GEG überwiegend eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Ebenso wie die Wohnungseigentümer nicht die Begehung von Straftaten beschließen können,[4] können sie auch keine Maßnahmen beschließen, die den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen.[5] Das eine wie das andere führt zur Nichtigkeit des Beschlusses.

 

Aufklärung der Wohnungseigentümer

Um persönliche Risiken zu minimieren, insbesondere ihre Inanspruchnahme als Beteiligte einer Ordnungswidrigkeit, sollten Verwalter die Wohnungseigentümer durch Dokumentation in der Versammlungsniederschrift beweisbar darüber aufklären, dass die Nichteinhaltung der Vorgaben des GEG bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten darstellen und die erforderlichen Maßnahmen somit zwingend zu beschließen und anschließend durchzuführen sind. Weiter sind die Wohnungseigentümer darüber aufzuklären, dass der Verwalter zur Durchführung offensichtlich nichtiger Beschlüsse nicht berechtigt ist und in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass er bei Durchführung des Beschlusses selbst ordnungswidrig handeln würde.

Votieren die Wohnungseigentümer danach mehrheitlich gegen nach GEG erforderliche Maßnahmen, kann der Verwalter bedenkenlos den entsprechenden Negativbeschluss verkünden. Er kommt weder als Täter noch als Teilnehmer einer Ordnungswidrigkeit in Betracht, da insoweit die Grundsätze über die mittelbare Täterschaft zur Anwendung kämen.[6] Entscheiden sich die Wohnungseigentümer mehrheitlich für eine GEG-widrige Ausführun...

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