Leitsatz
Wird im Jahr der Erteilung einer Pensionszusage eine Pensionsrückstellung gebildet und erfolgt dies im Jahr der Veröffentlichung neuer "Heubeck-Richttafeln", existiert kein "Unterschiedsbetrag" i.S. des § 6a Abs. 4 Satz 2 EStG, der auf drei Jahre verteilt werden müsste.
Normenkette
§ 6a Abs. 4 Sätze 2, 3, 6 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, erteilte ihrem Geschäftsführer am 18.11.2005 eine Pensionszusage. Die Klägerin bilanzierte die Pensionsrückstellung zum 31.12.2005 ohne einen Mehrbetrag aufgrund der Änderungen der erstmalig im Wirtschaftsjahr 2005 anwendbaren sog. "Heubeck-Richttafeln 2005" zu den "Heubeck-Richttafeln" 1998.
Der Beklagte und Revisionskläger (das FA) vertrat dagegen die Auffassung, dass gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 6a Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG ein Unterschiedsbetrag, der auf der erstmaligen Anwendung der Richttafeln 2005 beruhe, auf drei Jahre zu verteilen sei, da die der Berechnung der Pensionsrückstellung zugrunde liegenden "Heubeck-Richttafeln" im Juli 2005 geändert worden seien. Die Verteilungsregelung gelte auch im Jahr der erstmaligen Zusage.
Das FG (Thüringer FG, Urteil vom 17.8.2016, 3 K 228/14, Haufe-Index 10764480, EFG 2017, 978) gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des FA einstimmig als unbegründet zurück und stellte sich damit gegen die Auffassung der Finanzverwaltung.
Hinweis
1. Die steuerrechtliche Bilanzierung einer Pensionsrückstellung ist in § 6a EStG geregelt. Sie darf höchstens mit dem nach § 6a Abs. 3 EStG ermittelten Teilwert angesetzt werden, wobei u.a. die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik anzuwenden sind (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG).
Außerdem darf eine Pensionsrückstellung in einem Wirtschaftsjahr höchstens um den Unterschied zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am Schluss des Wirtschaftsjahres und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres erhöht werden (sog. Nachholverbot, § 6a Abs. 4 Satz 1 EStG).
2. Was geschieht nun, wenn z.B. die statistische Lebenserwartung steigt und sich deshalb die Berechnungsgrundlagen für die Rückstellung ändern?
§ 6a Abs. 4 Satz 2 EStG bestimmt dazu, dass und soweit der Unterschiedsbetrag auf der erstmaligen Anwendung neuer oder geänderter biometrischer Rechnungsgrundlagen beruht, er nur auf mindestens drei Wirtschaftsjahre gleichmäßig verteilt der Pensionsrückstellung zugeführt werden darf. Dies gilt in dem Wirtschaftsjahr, in dem mit der Bildung einer Pensionsrückstellung frühestens begonnen werden darf (Erstjahr), entsprechend (§ 6a Abs. 4 Satz 3 und 6 EStG).
Auf den ersten Blick könnte man deshalb meinen, die Verteilung auf drei Jahre sei auch im Jahr der Erteilung der Pensionszusage anwendbar (so z.B. BMF vom 16.12.2005, BStBl I 2005, 1054, Rz. 5; BMF vom 19.10.2018, BStBl I 2018, 1107, Rz. 5).
3. Diese Sichtweise trifft jedoch nicht zu. Sie beachtet nicht, dass im Jahr der Zusage kein Unterschiedsbetrag existiert, der auf geänderten Rechnungsgrundlagen beruht (und auf drei Jahre verteilt werden muss); denn es existierte für diese Pensionsverpflichtung kein Teilwert am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs, dem Rechnungsgrundlagen zugrunde lagen, die sich geändert haben könnten. Deshalb greift bei Änderungen der biometrischen Rechnungsgrundlagen im Jahr der Zusage§ 6a Abs. 4 Satz 2 EStGnicht ein.
4. Widerspricht diese Gesetzesauslegung durch den BFH nicht § 6a Abs. 4 Sätze 3 und 6 EStG, die die entsprechende Anwendung des Satzes 2 im "Erstjahr" gesetzlich anordnen?
Die Antwort darauf lautet Nein. Denn das "Erstjahr" i.S.d. § 6a Abs. 4 Sätze 3 und 6 EStG und das Jahr der Zusage sind wegen § 6a Abs. 2 EStGnicht zwingend identisch. Das "Erstjahr" kann auch nach dem Jahr der Zusage liegen.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 13.2.2019 – XI R 34/16