Mit der steigenden Bedeutung einer nachhaltigen Unternehmensführung stellt sich nicht nur die Frage, wie das Nachhaltigkeitscontrolling inhaltlich gestaltet sein soll, sondern auch die Frage, wer die skizzierten Aufgaben ausführt und verantwortet. Die Beantwortung dieser Frage wird sowohl von der gesamtorganisatorischen Verankerung der Nachhaltigkeit als auch durch das grundlegende Verständnis über die Rolle von Controllern beeinflusst.

Im Controlling hat sich die Rolle des Controllers als proaktiver, umfassender Begleiter des Managements auf Augenhöhe – der Controller als "Management-Partner, Sparrings-Partner bzw. Business-Partner" – etabliert. Diese Rolle wurde von der International Group of Controlling im IGC-Controller-Leitbild erstmals definiert und ist heute ein defacto-Standard, da sie in weiterer Folge auch von großen internationalen Verbänden unter dem Begriff des Business-Partners übernommen wurde.[1]

[1] Vgl. Losbichler/Niedermayr, 2017, S. 33

3.7.1 Was bedeutet es, Business-Partner zu sein?

Die Rolle des Business-Partners basiert auf dem Schnittmengen-Modell Albrecht Deyhles, der Controlling seit jeher in der zielorientierten Zusammenarbeit von Manager und Controller gesehen hat. Controller als Business-Partner agieren als interne Berater, die danach trachten, von den Entscheidungsträgern ihres Unternehmens als wertvolle Gesprächspartner gesehen zu werden. Sie beschränken sich nicht darauf, Transparenz zu schaffen und begnügen sich nicht mit der Erstellung der Zahlen. Vielmehr drängen sie auf eine aktive Rolle in betriebswirtschaftlichen Entscheidungsprozessen, zeigen proaktiv Handlungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten auf, koordinieren Planungs- und Steuerungsprozesse und stellen sich dem Anspruch, für rationale Entscheidungen des Managements zu sorgen. Controller müssen als Business-Partner zwei sehr unterschiedliche Aufgaben verbinden. Einerseits sollen sie Führungskräfte mit ihrer Expertise unterstützen, andererseits sollen sie sich zum Wohl des Unternehmens offen gegen persönliche Interessen und potenzielle Fehlentscheidungen des Managements stellen.

Das Berufsbild der Controller ist ausgesprochen vielschichtig und unternehmensspezifisch. In kleinen Organisationen sind Controller meist Generalisten mit entsprechender Aufgabenbreite. In Konzernen mit ausgeprägten Controlling-Strukturen reicht es von operativen, dezentralen Positionen wie Vertriebscontrollern bis hin zu finanzorientierten, vom Tagesgeschäft entkoppelten Positionen im Headquarter. Hierarchisch reicht es von jungen Junior-Controllern auf Sachbearbeiter-Ebene bis hin zur Leitung Controlling. Entsprechend dieser Vielfalt ist das oben beschriebene Verhalten als Business Partner eine generelle Leitlinie, ohne auf positions- oder unternehmensspezifische Rahmenbedingungen einzugehen.

3.7.2 Business-Partnering im Nachhaltigkeitscontrolling

Die oben beschriebene Rolle von Controllern als Business-Partner gibt den übergeordneten Rahmen für das Verhalten von Controllern im Nachhaltigkeitscontrolling. Es bedeutet, dass Controller bezüglich Nachhaltigkeit eine umfassende und aktive Rolle einnehmen und sich nicht mit der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten begnügen oder sich mit den finanziellen Aspekten der Nachhaltigkeit wie z. B. die Ermittlung von CO2-Verrechnungssätzen oder der Verzinsung von Nachhaltigkeitsinvestitionen zufriedengeben. Business-Partner im Nachhaltigkeitscontrolling bedeutet zumindest, dass Controller…

  1. …Entscheidungsprozesse bzgl. Nachhaltigkeit aktiv begleiten bzw. moderieren und dabei die Balance der Steuerungsdimensionen (ökonomisch, sozial, ökologisch) im Auge behalten;
  2. …beitragen, Zielkonflikte zwischen den Steuerungsdimensionen der Nachhaltigkeit rational aufzulösen;
  3. …sich in strategische Nachhaltigkeitsfragestellungen einbringen und von der Geschäftsleitung als wertvolle Sparringspartner gesehen werden;
  4. …Nachhaltigkeitsziele und -pläne aller Beteiligten zu einem abgestimmten Ganzen koordinieren;
  5. …sich absehbaren Fehlentscheidungen im Nachhaltigkeitskontext aktiv entgegenstellen, Position beziehen und Rückgrat beweisen, insbesondere, wenn der Druck auf die Unternehmensführung von außen z. B. durch Aktivisten groß ist;
  6. …in Nachhaltigkeitsprojekten eine aktive Rolle einnehmen und von den Projektverantwortlichen entsprechend ihrer Kompetenz gehört werden;
  7. …die Controllingsysteme an die Erfordernisse der Nachhaltigkeit anpassen und mit der "klassischen" Controllingwelt verknüpfen;
  8. …für die notwendige Datenqualität im Bereich der Nachhaltigkeit sorgen, sodass sie die geforderte Transparenz bzgl. Nachhaltigkeit für alle Stakeholder liefern können.

Entsprechend der rasanten Entwicklung im Bereich der Nachhaltigkeit und der damit noch ungefestigten organisatorischen Verankerung nehmen Controller als Business-Partner ihre Rolle und Verantwortung selbst in die Hand. Sie begnügen sich nicht mit den von der Unternehmensleitung angedachten oder zugewiesenen Aufgaben (Role-Taking), sondern versuchen, ihre Rolle im Nachhaltigkeitscontrolling sowie die organisatorische Verankerung der Nachhaltigkeit aktiv als Business-Partner zu ges...

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