Zusammenfassung
- Entscheidungsfindung in der Corona-Krise lehrt uns die Komplexität von Entscheidungen.
- Professionelle Entscheidungen zu treffen hat in der digitalen Revolution und in einer Zeit der Wissensexplosion stark an Bedeutung gewonnen.
- Viele sehr unterschiedliche Fehlerquellen erschweren das Entscheiden.
- In Unternehmen werden immer noch viele falsche Entscheidungen getroffen, das kostet viel Geld und kann Unternehmen in den Ruin treiben.
- Das Management sollte für das Thema der Entscheidungsprofessionalisierung bewusst sensibilisiert werden.
- Die Generation Y fordert eine Beteiligung an Entscheidungen.
- Die Etablierung eines Entscheidungscontrollings kann eine Transparenz über die Kosten von Fehlentscheidungen bewirken.
1 Wir leben mit den Konsequenzen von Entscheidungen
Der Alltag ist geprägt von Entscheidungen. Hoffentlich können Sie sich bei sehr vielen der von Ihnen getroffenen Entscheidungen darüber freuen, dass Sie die Weggabelung richtig gegangen sind. Wohl oder übel wird es jedoch auch Entscheidungen gegeben haben, mit denen Sie aus gegenwärtiger Sicht nicht zufrieden sind. Vielleicht müssen Sie auch die unabänderlichen Konsequenzen von falsch getroffenen Entscheidungen ertragen und stellen sich die Frage: "Warum habe ich damals nur so entschieden?" Zu erkennen, dass man eine Entscheidung besser hätte treffen können, ist schon eine sehr wertvolle Erkenntnis – ermöglicht es doch, aus der Erfahrung zu lernen und diese Erkenntnis in zukünftige Entscheidungen einfließen zu lassen, auch wenn Vergangenes damit vielleicht nicht mehr in Ordnung gebracht werden kann.
Ist man schlechten Entscheidungen Anderer ausgeliefert, so sind die Konsequenzen noch schwerer zu ertragen, was sehr entmutigend sein kann. Bei manchen wächst der Wunsch, selbst mitentscheiden zu dürfen, natürlich ohne konkret zu wissen, ob man tatsächlich besser entscheiden könnte.
Richtig und falsch ist nicht immer klar zu unterscheiden – es gibt zumeist mehrere Varianten eines richtigen Weges, die dann vielleicht etwas mehr oder etwas weniger erfolgreich sind. Entscheidungen sind selten die Wahl zwischen nur zwei Zuständen, oft sind viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen und der Weg nimmt viele Gabelungen, ohne dass klar erkennbar ist, wo diese hinführen. Um diese Gedanken konkreter fassen zu können, betrachten wir dazu ein uns allen bekanntes Beispiel.
1.1 Entscheidungsverhalten in der Corona-Krise
Dieser Artikel entsteht während der Corona-Krise, einer Zeit, in der den Regierenden Entscheidungen mit hoher Tragweite abverlangt werden und auch weiterhin maßgebliche Entscheidungen zu treffen sind. Die jeweilige Bevölkerung der vielen Länder dieser Welt sind den Entscheidungen der Staatsoberhäupter bzw. der jeweiligen Verantwortlichen ausgeliefert – dies sowohl im Positiven als auch im Negativen. Wir sehen unter vergleichbaren Bedingungen die Wirkung der jeweiligen Entscheidungen, die von sehr unterschiedlichen, zugrundeliegenden Entscheidungssystemen ausgehen. In manchen Staaten wird demokratisch, föderalistisch, in anderen wiederum autoritär entschieden. Manche orientieren sich an den Ratschlägen von Beratern aus den Fachgebieten der Virologie und Epidemiologie, andere wieder eher an jenen der Experten der Wirtschaft. In manchen Ländern wird sehr rasch entschieden und rigide gehandelt, in anderen Ländern wiederum wird spät entschieden und kurzfristig reagiert. Was ist richtig? Wir sehen die Konsequenzen in der Zahl der Infizierten, der Eindämmung der Infektionsrate, der Anzahl an überlasteten Intensivstationen, der Zahl der Toten, im Ausmaß der Eintrübung der Wirtschaft und auch im Maß der Zufriedenheit der Bevölkerung mit den getroffenen Maßnahmen.
Da wir uns noch mitten in der Krise befinden (Juli 2020), ist es noch nicht angebracht, endgültig zu urteilen, welche Regierung die besseren Entscheidungen getroffen hat und welche Entscheidungen schlecht waren. Jedoch ist unverkennbar, dass z. B. in den Ländern Deutschland und Österreich die relative Anzahl an Erkrankten und vor allem die Mortalität im Vergleich eher gering ist. Wir stellen fest, dass von Populisten regierte Länder wie USA, Großbritannien, Brasilien und Russland sehr hohe Covid-19-Fallzahlen und teilweise hohe Todesraten aufweisen. Kann man daraus ableiten, dass Populisten die schlechteren Entscheider sind bzw. dass sie Entscheidungssysteme mit Schwachstellen etabliert haben?
1.2 Entscheidungen verfolgen mehrere Ziele und sind komplex
Um das beurteilen zu können, müsste zuvor ein klares Bild über die Entscheidungssysteme und die jeweils verfolgten Ziele existieren. Dabei zeigt sich, dass nicht nur ein Ziel im Fokus steht – im Gegenteil, mehrere Ziele müssen gleichzeitig angegangen werden. Solche "multiplen" Ziele im Falle der Corona-Krise sind beispielsweise die möglichst geringe Sterberate, die Verringerung wirtschaftlicher Einbußen bzw. der Neuverschuldung, die Erhöhung guter Umfrageergebnisse sowie der Rückhalt der Bevölkerung in Bezug auf die gesetzten Maßnahmen.
In der Praxis sind es sicherlich gemischte Ziele, die von den unterschiedlichen Entscheidern über den Globus verteilt, unterschiedlich gewichtet werden. Wie bewusst werden jedoch diese E...