Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung der Revision; keine Umdeutung (nicht zugelassener) Revision in Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (NV)

1. Die Übersendung der Akten durch das FG an den BFH kann nicht als Zulassung der Revision durch das FG angesehen werden.

2. Die mangels Zulassung durch das FG unzulässige Revision kann nicht in eine Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet werden.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; FGO §§ 115-116, 120 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1972, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Steuerbescheid gemäß § 173 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ändern und den Werbungskostenüberschuß der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) aus Vermietung und Verpachtung infolge Beteiligung an einer Bauherrengemeinschaft mit einem niedrigeren als dem bisher angesetzten Betrag ansetzen durfte. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin ab. Das am 27. Mai 1986 ergangene Urteil des FG ist dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 7. Juni 1986 zugestellt worden. In der diesem Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung ist darauf hingewiesen, daß den Beteiligten entsprechend dem Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BFHEntlG) i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985 (BGBl I, 1274, BStBl I, 496) die Revision an den Bundesfinanzhof (BFH) zustehe, wenn die Revision vom FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung vom BFH zugelassen sei. Das FG hat sich zur Zulassung der Revision nicht geäußert.

Die Klägerin hat am 30. Juni 1986 mit Schreiben vom 25. Juni 1986 Revision eingelegt und die Verletzung materiellen Rechts und der § 88 AO 1977 und § 204 der Reichsabgabenordnung (AO) und des § 173 Abs. 1 AO 1977 gerügt. Sie ist der Auffassung, das FG habe durch Übersendung der Akten an den BFH schlüssig die Revision zugelassen. Zur Begründung der Revision wird vorgetragen, das FA habe mit der Übernahme des erklärten Werbungskostenüberschusses ohne nähere Prüfung seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt, so daß es nicht berechtigt gewesen sei, den ursprünglichen Steuerbescheid gemäß § 173 Abs. 1 AO 1977 zu ändern. Der Änderung stehe auch § 173 Abs. 2 AO 1977 entgegen. Dies ergibt sich nach Auffassung der Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 28. November 1985 IV R 323/84 (BFHE 145, 311, BStBl II 1986, 437) daraus, daß vor Erlaß des Änderungsbescheids bei ihrem Ehemann, dessen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert festgestellt werden, für das Streitjahr eine Betriebsprüfung u. a. wegen Einkommensteuer stattgefunden habe.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, da die Revision weder vom FG noch auf Beschwerde hin vom BFH zugelassen worden sei und die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Revision (§ 116 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) nicht vorlägen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig. Nach Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG vom 8. Juli 1975 i.d.F. des Gesetzes vom 4. Juli 1985 (BGBl I, 1274, BStBl I, 496) findet die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulasssung der BFH sie zugelassen hat. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die Übersendung der Akten bedeutet keine stillschweigende Zulassung, wie die Klägerin meint. Diese beruht auf § 120 Abs. 3 FGO. Danach muß das FG die Revisionsschrift dem BFH mit den Akten vorlegen. Dies gilt auch, wenn das FG die Revision nicht zugelassen hat. Die Vorlage der Akten durch das FG ist erforderlich, weil mit der Einlegung der Revision das Rechtsmittelverfahren beim BFH anhängig geworden ist mit der Folge, daß von diesem Zeitpunkt ab für die Entgegennahme aller das Rechtsmittelverfahren betreffenden Prozeßerklärungen und Prozeßhandlungen und für alle zu treffenden Entscheidungen der BFH zuständig ist. Ihm müssen deshalb grundsätzlich alle Unterlagen und Akten vorliegen, die für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens benötigt werden. Dem trägt die Regelung in § 120 Abs. 3 FGO Rechnung (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 120 FGO Tz. 72). Die Aktenvorlage hat daher nicht die ihr von der Klägerin unterstellte Bedeutung.

Eine Zulassung der Revision durch den BFH kommt nicht in Betracht. Denn die Klägerin hat keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Aus ihrem Schriftsatz zur Revisionsbegründung ergibt sich nicht, daß sie zugleich die Nichtzulassung der Revision angreift. Eine Umdeutung der Revision ist eine Nichtzulassungsbeschwerde ist auch nach Abschaffung der Streitwertrevision zugunsten der zulassungsgebundenen Revision gemäß Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG in der Neufassung durch das Gesetz vom 4. Juli 1985 (BGBl I, 1274, BStBl I, 496) grundsätzlich ausgeschlossen (BFH-Beschluß vom 19. Dezember 1985 V R 131/85, BFH/NV 1986, 297). Gründe für eine zulassungsfreie Revision i. S. des § 116 Abs. 1 FGO hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob die Klägerin einen bestimmten Antrag gestellt hat (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO) und ob die Revision nicht auch wegen Fehlens eines solchen Antrags als unzulässig zu verwerfen wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414807

BFH/NV 1987, 116

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