BB-BUZ § 6 Abs. 1 S. 2

Leitsatz

Im Nachprüfungsverfahren können bei der Prüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt wer-den kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, ein höherer Freizeitanteil und Arbeitserleichterungen nicht berücksichtigt werden.

BGH, Urt. v. 7.12.2016 – IV ZR 434/15

Sachverhalt

Die Kl. macht gegen die Bekl. Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, die sie i.V.m. einer Lebensversicherung hält. Versicherte Person ist ihre Tochter.

Dem Vertrag liegen BB-BUZ zugrunde. Danach gilt:

"§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?"

(1) … Wir verzichten jedoch auf die Verweisung auf eine andere Tätigkeit, wenn die versicherte Person keine solche ausübt. …

§ 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit, ihren Grad bzw. den Umfang der Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit i.S.v. § 2 ausübt, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. Wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war …, können wir außerdem erneut prüfen, ob sie eine Tätigkeit im Sinn von § 2 ausüben kann.“

Die Versicherte ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie war seit September 2006 bis November 2008 als Krankenschwester bei einem ambulanten Pflegedienst mit der Betreuung von pflegebedürftigen Personen in der stationären und ambulanten Pflege beschäftigt. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden bei einem monatlichen Bruttolohn von zuletzt durchschnittlich 1.359,31 EUR. Nachdem die Versicherte mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten hatte, erkannte die Rechtsvorgängerin der Bekl. mit Schreiben v. 14.4.2009 ihre Leistungspflicht rückwirkend zum 1.12.2008 an und erbrachte die vereinbarten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

Seit November 2009 arbeitet die Versicherte als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen und unterstützenden Tätigkeiten ohne körperliche Belastungen bei einem Pflegedienst. Bei einer 30-Stunden-Woche erhält sie einen Bruttolohn von 1.050 EUR monatlich. Daraufhin stellte die Rechtsvorgängerin der Bekl. entsprechend einer Ankündigung v. 21.5.2010 die Leistungen zum 1.11.2010 ein.

2 Aus den Gründen:

[11] "… 1. Das BG hat zutreffend ausgeführt, dass die Bekl. auch nach dem Anerkenntnis der Leistungspflicht ohne ausdrücklichen Vorbehalt gem. § 6 Abs. 1 S. 2 BB-BUZ zur erneuten Prüfung berechtigt ist, ob die Versicherte i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 BB-BUZ eine andere Tätigkeit ausübt, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Es hat angenommen, dass das Schreiben der Bekl. v. 21.5.2010 den formellen Anforderungen des Nachprüfungsverfahrens genügt. Dagegen wendet sich die Revision – zu Recht – nicht."

[12] 2. Sie rügt aber mit Erfolg, dass die materiellen Voraussetzungen für die Leistungseinstellung nach den bisherigen Feststellungen nicht erfüllt sind.

[13] a) Im Rahmen der in § 6 Abs. 1 S. 1 BB-BUZ vorgesehenen Nachprüfung der Berufsunfähigkeit kann die Bekl. nach § 6 Abs. 1 S. 2 BB-BUZ auch erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit i.S.v. § 2 BB-BUZ ausübt. Selbst wenn – wie die Revisionserwiderung meint – § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 BB-BUZ eine abstrakte Verweisungsklausel mit Verweisungsverzicht bei Nichtausübung der Verweisungstätigkeit enthält, gilt dies nach dem für die Auslegung von AVB maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen VN nicht für die hier in Rede stehende Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

[14] Die Regelung des Nachprüfungsverfahrens in § 6 Abs. 1 BB-BUZ steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Definition der Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ (vgl. Senat VersR 2000, 171 unter I 3 a zu § 7 Abs. 1 BB-BUZ entsprechend § 7 BB-BUZ 1975). Mit § 6 Abs. 1 S. 1 BB-BUZ wird dem VR das Recht eröffnet, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Ein Fortbestehen der Berufsunfähigkeit setzt voraus, dass eben dieser Tatbestand bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat. Wann und unter welchen Voraussetzungen bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit – und damit der Versicherungsfall – eintritt, ergibt sich aber nicht aus § 6 BB-BUZ, sondern allein aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 BB-BUZ und den ihr zu entnehmenden Maßstäben. Schon aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass der Begriff Berufsunfähigkeit in §§ 2 und 6 BB-BUZ inhaltlich deckungsgleich ist; § 6 BB-BUZ betrifft allein die Nachprüfung eines Tatbestands, dessen Voraussetzungen mit der Definition von B...

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